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16.08.08 / Kein Ausstieg aus dem Ausstieg / Streit um das Ende des deutschen Atomzeitalters wird vom politischen Lagerkampf bestimmt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-08 vom 16. August 2008

Kein Ausstieg aus dem Ausstieg
Streit um das Ende des deutschen Atomzeitalters wird vom politischen Lagerkampf bestimmt
von Mariano Albrecht

Wackelt der im Jahr 2000 von der rot-grünen Schröder-Regierung beschlossene und im Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2005 bekräftigte Ausstieg aus der Atomenergie? Ein Plan aus dem Bundeswirtschaftsministerium sieht eine Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken (AKW) auf 40 Jahre vor. CSU-Chef Erwin Huber fordert gar eine Verdoppelung der Laufzeiten von Atomkraftwerken. Der Strom aus den bereits abgeschriebenen AKW sei „der billigste Strom, den wir bekommen können“, sagte er. Die Energiewirtschaft forderte er auf, die „gewaltigen Erlöse“, die durch längere Laufzeiten erzielt würden, in die Preisstabilisierung für den Endkunden fließen zu lassen. Erneutes Wahlkampfgetöse aus Bayern oder ernsthafte Auseinandersetzung mit der deutschen Energiepolitik?

SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel warf der Union „Volksverdummung“ vor. Gabriel will mit allen Mitteln am Atomausstieg festhalten und den Klimaschutz vorantreiben, doch mit dem Festhalten am Atomausstieg macht sich der Minister in Sachen Klimaschutz unglaubwürdig.

Weltweit gilt die Kernenergie mit einer Energiebilanz von 16 bis 23 Gramm Kohlendioxyd pro Kilowattstunde über den gesamten Lebenszyklus eines AKW als eine der klimafreundlichsten Methoden zur Stromerzeugung. In anderen Ländern hat man das begriffen und setzt wieder auf die Kernenergie.

In der Diskussion geht es weniger um Sachfragen als um parteipolitisches Kalkül. Auch Gabriel macht Wahlkampf. Steht für Glos die Frage der Strompreise im Vordergrund, so macht Gabriel die Frage der Entsorgung ausgebrannter Brennelemente der AKW zum Thema. Doch das Thema Endlagerung hatte Gabriels Partei schon im Jahr 2000 beerdigt.

Mit dem Atomausstieg hatte die rot-grüne Regierung von Gerhard Schröder (SPD) auch einen Erkundungsstop für den Salzstock in Gorleben erlassen. Die SPD will daraus offenbar ein Wahlkampfthema machen und dreht den Spieß um. Gabriel will die Union zwingen, Farbe zu bekennen: „Zum Beispiel bei der Frage, warum die Ministerpräsidenten der CDU zu feige sind, auch in ihren Ländern die Suche nach bestgeeigneten Endlagern zuzulassen“, so Gabriel. Doch warum sollte man an anderer Stelle nach Endlagern suchen, solange Gorleben nicht ausreichend erforscht ist?

Für Umweltminister Gabriel ist Atomkraft eine „Hochrisiko-Technologie“, nur Energieeffizienz und erneuerbare Energien könnten Preissteigerungen dämpfen sowie die Versorgung und die Klimaschutzziele sichern, so Gabriel. Geht es wirklich um den Klimaschutz und stabile Strompreise?

Während Glos und Gabriel sich über die Priorität von Strompreisen, Endlagerung und Klimaschutz in Detailfragen ergehen, wird schnell klar, daß es der SPD darum geht, ein weiteres Stück der rot-grünen Schröder-Politik vor der Demontage zu bewahren. Denn: Ausgeblendet hat der Umweltminister offenbar, daß die gestiegenen Weltmarktpreise für Öl und Erdgas einen nicht unerheblichen Anteil an den gestiegenen Preisen für Strom haben. Im Jahr 2000 kostete ein Barrel Rohöl rund 50 US-Dollar, im Augenblick hat sich der Preis an der 115-Dol-larmarke eingependelt, nachdem ein Barrel Öl zwischenzeitlich beinahe die 150-Dollarmarke pro Barrel überschritten hatte. Erdgas ist ein Hauptenergieträger in der Stromerzeugung, der Weltmarktpreis orientiert sich am Ölpreis. Der Energieträger Kohle gilt als Klimakiller, in der Gesamtenergiebilanz stoßen Kohlekraftwerke das rund 50fache an CO2 von Kernkraftwerken aus. In der Bevölkerung wächst die Akzeptanz für Kernenergie. Rund 50 Bürgerinitiativen bereiten in Deutschland derzeit eine Protestwelle gegen den Bau von Kohlekraftwerken vor, berichtet die „Neue Zürcher Zeitung“. Die Realität holt die Klimaschützer ein: In Hamburg ist der Bau eines Kohlekraftwerkes nach dem Amtsantritt der schwarz-grünen Koalition gekippt. Der grüne Koalitionspartner prüft nun den Bau eines Gaskraftwerkes. Das könnte verheerende Folgen für Stromkunden haben, denn das Erdgas müßte teuer importiert werden. Mit Blick auf die Entwicklung der Gaspreise scheinen die Erkenntnisse des Wirtschaftministeriums realistisch.

Bleibe es bei dem Ausstiegsentschluß von 2000, müßte bis 2020 doppelt soviel Strom aus Erdgas erzeugt werden, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Im Jahr 2005 betrug der Anteil von Atomenergie an der Stromerzeugung in Deutschland rund 26 Prozent. Der derzeitige Anteil der sogenannten Erneuerbaren Energien liegt bei rund 14 Prozent, der restliche Bedarf wird durch die Verbrennung von Braun- und Steinkohle, rund elf Prozent Erdgas und zwei Prozent Heizöl gedeckt. Die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien ist kostspielig und auf Grund von Schwankungen nicht für die Abdeckung der Grundlast geeignet, das müßte auch Sigmar Gabriel wissen. Mit Blick auf den Streit der Minister bleibt dem Bürger nur der Schluß, daß es der SPD mit dem Festhalten am Atomausstieg um jeden Preis lediglich um das Festhalten an überholten Beschlüssen der rot-grünen Koalition geht.

Foto: Hauptsache Atomausstieg: Sigmar Gabriel bleibt hart.


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