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16.08.08 / Der Weg zu Alexander Dubcek / Die Tschechoslowakei zwischen Zweitem Weltkrieg und dem Aufbruch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-08 vom 16. August 2008

Der Weg zu Alexander Dubcek
Die Tschechoslowakei zwischen Zweitem Weltkrieg und dem Aufbruch von 1968
von Manuel Ruoff

Nach dem Zweiten Weltkrieg wird zumindest formal an die Tradition der Tschechoslowakischen Republik (CSR) der Zwischenkriegszeit angeknüpft. Entsprechend dieser Kontinuität wird der letzte Präsident der Vorkriegs-CSR, Edvard Benesch, wieder Staatsoberhaupt. Schon seit seiner Exilzeit in London ist Benesch der Überzeugung, daß der Weg des Staates unter Beibehaltung der demokratisch-parlamentarischen Tradition in eine „sozialisierenden“ Richtung gehe. Wie Benesch leisten auch seine Landsleute den Kommunisten zumindest anfänglich relativ wenig Widerstand. Während in der Slowakei die antikommunistische Demokratische Partei die Wahlen zur Verfassunggebenden Nationalversammlung von 1946 gewinnt, gehen in der Tschechei die Kommunisten mit 40 Prozent als stärkste Kraft aus diesen ersten gesamtstaatlichen Nachkriegswahlen hervor.

Angesichts der Dominanz der Tschechen in der CSR ist der Sieg der Kommunisten in der Tschechei entscheidend. Noch im selben Jahr ernennt Benesch den KP-Chef Klement Gottwald zum Ministerpräsidenten. Gottwald bildet eine Allparteienregierung.

In den darauffolgenden Jahren wird der Wahlsieger in der Slowakei, die Demokratische Partei, aus dem Weg geräumt und mit der Verstaatlichung der Wirtschaft begonnen. Wie in anderen mittelosteuro-päischen Staaten auch sichern sich die Kommunisten das Innenministerium. Als ihr Innenminister Vaclav Nosek systematisch bürgerliche höhere Polizeioffiziere durch Parteifreunde ersetzen will, treten seine nichtkommunistischen Kabinettskollegen aus Protest zurück.

Unter dem Druck der Straße ernennt Benesch daraufhin 1948 ein fast ausschließlich aus Kommunisten bestehendes zweites Kabinett Gottwald. Noch im selben Jahr verabschiedet die Verfassunggebende Versammlung eine Verfassung, welche den Charakter der CSR als „Volksdemokratie“ festlegt. Benesch weigert sich, diese Verfassung zu unterschreiben und tritt zurück. Sein Nachfolger als Staatschef wird der Kommunist Gottwald, der als Staats- und Parteichef nun der starke Mann der CSR ist.

Als 1951 im mährischen Dorf Babice drei örtliche kommunistische Funktionäre ermordet werden, nimmt die Staats- und Parteiführung dieses zum Anlaß für eine bis 1953 währende stalinistische „Säuberungswelle“, der sowohl Nichtkommunisten als auch Mitglieder der KP zum Opfer fallen. In Schauprozessen werden mehrere Todesurteile und langjährige Haftstrafen verhängt.  

Wie in der Sowjetunion mit Stalin stirbt zwar 1953 auch in der Tschechoslowakei mit Gottwald der starke Mann, aber anders als in der UdSSR bleibt in der CSR die Entstalinisierung vorerst aus. Vielmehr wird 1960 mit einer neuen Verfassung die Tschechoslowakische Sozialistische Republik (CSSR) proklamiert, der Zentralismus vorangetrieben und die führende Rolle der KP verankert.

Einer aus der ausbleibenden Entstalinisierung und einer immer stärker spürbaren Wirtschaftskrise resultierenden wachsenden Unzufriedenheit versuchen die Herrschenden schließlich durch Zugeständnisse Herr zu werden. Ende 1967 besucht der sowjetische KP-Chef Leonid Breschnew heimlich Prag. Er läßt seinen tschechoslowakischen Parteikollegen fallen und macht damit den Weg frei für Alex-ander Dubcek. Der „Prager Frühling“ kann beginnen.


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