24.04.2024

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16.08.08 / Ost-Deutsch (79): Farbe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-08 vom 16. August 2008

Ost-Deutsch (79):
Farbe
von Wolf Oschlies

Ostern ist das schönste Fest der Slawen, ob nach altem Julianischen oder neuerem Gregorianischen Kalender gefeiert. Und „farbanje jaja jedan je od najlepsih obicaja vezanih za Varskrs“, sagen Serben: Eierfärben ist einer der schönsten Osterbräuche. Ähnlich klingt es bei Bosniern, Slowaken, Ukrainern etc., sprachlich immer deutsch gefärbt.

Im Althochdeutschen gab es „farawa“ (Farbe), „farawer“ (farbig) und „farawen“ (färben), woraus im Mittelhochdeutschen „varwe“, „varwer“ und „verwen“ wurden. Ursprünglich bezeichnete „Farbe“ nur den bunten Zustand, später auch den Grundstoff zum Färben. Inzwischen ist uns die ganze Bedeutungsvielfalt vertraut: „farbige Darstellung“, „Farben“ (Flaggen), „Farbiger“ (Nicht-Weißer) etc.

Das meiste davon treffen wir bei Slawen wieder. „Moja zena obl’ubuje hnedú farbu“, heißt es slowakisch: Meine Frau liebt die graue Farbe. Ebenfalls slowakisch ist: „Z farieb vedú otiene ruzovej a fialovej“ – Bei Farben führen getöntes Rosa und Violett. „Zdarli resztki starej farby“, sagen Polen: Es hielten sich Reste der alten Farbe. Oder: „Ani chlopcy, ani dziewczeta nie moga farbowac wlosów“ – weder Jungen noch Mädchen können sich die Haare färben. Das kennen auch Serben: „Kostunica se ne farba“ – Kostunica färbt sich nicht (die Haare nämlich). Anderes färben Bosnier: „Koje ce skole biti farbane tonama farbe“ – Welche Schulen werden in welchen Farbtönen gefärbt?

„Pazi, sve je farbano“ (Achtung, frisch gestrichen) warnen Schilder bei Serben, und genau so kommentierten montenegrinische Blätter jüngst eine Regierungsumbildung. In der Ukraine kennt man manche „prefarbowana“ (umgefärbte) Persönlichkeit, die in immer neuen Parteien auftaucht. „Biografija mu bleda, zato ju je farbao“, sagen Serben: „Seine Biographie ist blaß, darum färbt er sie.“ In Sarajevo unterhielt ein deutscher Autokonzern ein großes Werk, heute nur noch eine kleine Autolackiererei – was in der bosnischen Presse ironische Kommentare über „farbanje“ (Färben) auslöste. Anderswo äußern sich Bosnier melancholisch: „Nemozes nikada farbati sirokom cetkom, u skoro svemu imas dobro i zlo“ – Du kannst nie mit breitem Pinsel färben, weil es fast immer Gutes und Böses gibt. Wie wir von „schwarzfärben“ oder „schönfärben“ reden. 


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