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16.08.08 / CSU setzt auf »anständige« Bayern / Angst vor Linken: Union gewinnt Terrain von Freien Wählern zurück

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-08 vom 16. August 2008

CSU setzt auf »anständige« Bayern
Angst vor Linken: Union gewinnt Terrain von Freien Wählern zurück
von H.-J. Mahlitz

Ein anständiger Bayer, was ist das? Günther Beckstein weiß es: Ein anständiger Bayer, belehrte er das von ihm regierte Volk, sei einer, der „CSU wählt“. Und den es schon beim bloßen Gedanken an etwas anderes als eine absolute Mehrheit derselben „schüttelt“. Diese Einschätzung dürfte irgendwie auch damit zusammenhängen, daß Beckstein nicht nur bayerischer Ministerpräsident ist, sondern dies auch nach dem 28. September bleiben will.

An diesem Tag ist Landtagswahl, und die aktuellen Umfragen deuten darauf hin, daß sich im Freistaat, auf dessen Almen es angeblich „koa Sünd’“ gibt, die Unanständigen breitgemacht haben. Die seit Jahrzehnten unangefochtene absolute Mehrheit ist in Gefahr.

Erst in den letzten Tagen begannen Becksteins „anständige Bayern“ wieder zu erstarken. Die CSU hangelte sich auf 50 Prozent hoch (für Stoiber und Strauß geradezu eine Horrorzahl), die SPD sackte auf 20 ab, Grüne, Freie Wähler und FDP dürfen sich mit neun, sieben und sechs Prozent auf Landtagsmandate freuen, die Linke hat mit stabilen vier Prozent weiterhin keine Chance. Weitere vier Prozent gehen an Kleinparteien und fallen unter den Tisch. Ein solches Ergebnis würde der CSU eine solide Mehrheit der Mandate bescheren. Dem „anständigen Bayern“ bliebe somit für weitere fünf Jahre eine Koalitionsregierung erspart.

Der aus christsozialer Sicht hoffnungsvolle Stimmungswandel nach dem Umfragetief von 46 Prozent dürfte im wesentlichen drei Wurzeln haben. Zum einen hat CSU-Chef Erwin Huber mit der Forderung nach Wiedereinführung der uneingeschränkten Pendlerpauschale angesichts der hohen Spritpreise genau das richtige Thema getroffen. Zumal er es, nach anfänglichen Kommunikationsschwächen, nunmehr geschickt versteht, dieses Thema mit gezielten Hinweisen auf die unbestreitbare Spitzenstellung Bayern, in Sachen Arbeitsmarkt oder Staatsfinanzen zu verbinden. Zum zweiten haben die Freien Wähler, die sich nach ihren spektakulären Erfolgen bei den Kommunalwahlen im Frühjahr schon am Kabinettstisch wähnten, offensichtlich ihren Zenit überschritten; das Techtelmechtel mit der vormaligen CSU-Rebellin scheint eher zu schaden. Viele sehen sie als „Königsmörderin“, und auch in Deutschlands Süden liebt man vielleicht den Verrat, nicht aber den Verräter.

Schließlich dürfte auch Gesine Schwans Griff nach dem höchsten Amt im Staate eher der CSU als der SPD nützen. Protestwähler, die vor Wochen entschlossen waren, die Partei für ihre gelegentlich arrogante Machtversessenheit abzustrafen, haben inzwischen nachgerechnet und festgestellt, daß sie damit den auch in Bayern populären Horst Köhler um sein Amt bringen würden. Die bürgerliche Mehrheit in der Bundesversammlung, die am 23. Mai 2009 den Bundespräsidenten zu wählen hat, ist nämlich in den letzten Monaten geschrumpft. Zunächst verstarb im Februar der Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Johann-Henrich Krummacher, der ein sogenanntes Überhangmandat innehatte. Dadurch verlor die Union in der Bundesversammlung gleich zwei Sitze. Ein weiteres Mandat fiel durch die Hamburg-Wahl vom 24. Februar von der CDU an die SPD.

Derzeit hätten Union (517) und FDP (96) genau die eine Stimme Mehrheit, die sie brauchen, um Köhler bereits im ersten Wahlgang als Bundespräsident zu bestätigen. Nun hängt alles vom Ausgang der Bayernwahl ab. CSU-Verluste kann das bürgerliche Lager sich leisten, soweit diese durch Zugewinne der FDP und der Freien Wähler ausgeglichen werden (letztere dürften mehrheitlich für Köhler votieren). Nach dem derzeitigen Stand würde das linke Lager in Bayern kaum über seine bisherigen 28 (von 90) Sitze in der Bundesversammlung hinauskommen, eher noch dahinter zurückfallen. Ganz anders sähe es aus, sollte der Linkspartei doch noch ein weißblaues Wunder gelingen, nämlich der Einzug ins Münchner Maximilianeum. Dann wäre die bürgerliche Mehrheit im Präsidenten-Wahlgremium dahin, Köhler müßte in einen dritten Wahlgang, bei dem die einfache Mehrheit reicht, und Gegenkandidatin Gesine Schwan würde mit den Stimmen der Linken gewählt. Den Preis dafür, daß sie in diesem dritten Wahlgang den eigenen Kandidaten zurückziehen, werden Lafontaine und Gysi wenig später nach der Bundestagswahl im Herbst einfordern.


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