25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
16.08.08 / Von Heiligen und Hasen / Sonderausstellung in Nürnberg zeigt Höhepunkte der Buchkunst Albrecht Dürers und seiner Epoche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-08 vom 16. August 2008

Von Heiligen und Hasen
Sonderausstellung in Nürnberg zeigt Höhepunkte der Buchkunst Albrecht Dürers und seiner Epoche

Kostbar illuminierte Bücher, berühmte Künstler und hochrangige Mäzene stehen im Mittelpunkt der neuen Sonderausstellung im Germanischen Nationalmuseum, die der Leidenschaft für das schöne Buch in der Dürerzeit gewidmet ist. Die einmalige Präsentation ermöglicht den Blick auf die gestalterische Vielfalt von Buchkunst und Buchgebrauch. Zugleich spürt sie Albrecht Dürers eigenen Aktivitäten als Büchermacher nach und beleuchtet seinen Einfluß auf die Buchillustration der Zeitgenossen. Die Bandbreite des buchkünstlerischen Schaffens der Dürerzeit wird mit prachtvollen Leihgaben aus den berühmtesten europäischen Bibliotheken erstmals beleuchtet.

In den Jahrzehnten um 1500 blühte die Buchkultur in Nürnberg: Albrecht Dürer schuf mit seinen Holzschnittfolgen Pionierwerke, die als große gebundene Bücher erschienen. Buchmaler wie Albrecht und Nikolaus Glockendon oder Jakob Elsner statteten fürstliche Prachthandschriften mit wertvollen Miniaturen aus.

Humanistisch orientierte Bürger und Patrizier trugen gewaltige Privatbibliotheken zusammen. Zu diesen gehörte der Nürnberger Stadtarzt Hartmann Schedel, der Autor der „Schedelschen Weltchronik“, die in einer prunkvoll kolorierten Ausgabe in der Ausstellung zu sehen ist.

Hintergrund für diese Blütezeit ist der Medienwandel vom handgeschriebenen Codex zum gedruckten Buch, hervorgerufen durch Johannes Gutenbergs bahnbrechende Erfindung des Buchdrucks um 1450. Bei den Auftraggebern und Sammlern erweckte das Buch als gedrucktes Massenmedium eine neue Liebe zum schön verzierten Unikat.

Weder in früherer noch in späterer Zeit boten sich dem Büchermacher und Bücherfreund im Umgang mit dem Buch derart reiche Möglichkeiten wie in der Epoche Albrecht Dürers.

Neben verschwenderisch illustrierten Luxuscodices entstehen handliche gedruckte Taschenbücher für den alltäglichen Lektürebedarf.

Die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts gehört zu den experimentierfreudigsten Perioden in der Geschichte der Buchkunst. Die Erfindung und Verbreitung des Buchdrucks und verschiedener druckgraphischer Techniken stellte auch die Nürnberger Buchgestalter, Miniaturisten und Illustratoren vor neue Herausforderungen.

Höhepunkt sind fünf Inkunabeln aus dem Besitz Willibald Pirckheimers (1470–1531). Der Patrizier, Ratsherr, Humanist und Dürer-Freund besaß eine umfangreiche Bibliothek. Seine wertvollsten Bücher ließ Pirckheimer mit jeweils einer großen handgemalten Wappenminiatur verzieren. Sie wurden von seinen Erben als Werke Albrecht Dürers verkauft. In der Dürer-Forschung umstritten, sind die zierlichen Miniaturen jedoch eher einem beziehungsweise mehreren Nürnberger Miniaturisten zuzuschreiben. Wer auch immer der Schöpfer war: Sie gehören zu den frühesten Renaissanceminiaturen in der deutschen Buchmalerei

Die aus Schätzen Nürnberger Sammlungen und berühmter europäischer Bibliotheken – darunter die Stiftsbibliothek St. Gallen, die Bayerische Staatsbibliothek, die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel und die Königliche Bibliothek Kopenhagen – zusammengestellte Präsentation läßt den Bücher-Boom der Epoche mit herausragenden Beispielen neu entstehen.

Erlesene Buchmalereien und seltene Dürer-Bände, darunter auch sein Handexemplar der „Unterweisung der Messung“ und eine illuminierte Ausgabe des „Marienlebens“, lassen materielle Pracht, wechselseitige Einflüsse, aber auch den steten Modernisierungsprozeß des Mediums lebendig werden. Viele Handschriften und Drucke werden erstmalig gezeigt und waren in dieser Zusammenstellung überhaupt noch nie zu sehen.

Zusammengeführt werden die bedeutenden Werke nicht zuletzt zur Klärung offener Forschungsfragen: Die erstmalige Zusammenschau der Exponate bietet die einmalige Gelegenheit zum vergleichenden Betrachten. Sie verspricht neue Erkenntnisse über die Werkstattzusammenhänge, die Entwicklung der Nürnberger Buchmalerei in der Dürerzeit und nicht zuletzt über die Rolle, die Albrecht Dürer in diesen Umwandlungsprozessen spielte.    pm

Die Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum, Kartäu-sergasse 1, 90402 Nürnberg, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, mittwochs bis 21 Uhr geöffnet, Eintritt 6 / 4 Euro, bis 12. Oktober.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren