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16.08.08 / »Vom Gegeneinander zum Miteinander« / Rede Wilhelm v. Gottbergs beim 8. Sommerfest der LO für die Deutschen Vereine im südlichen Ostpreußen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-08 vom 16. August 2008

»Vom Gegeneinander zum Miteinander«
Rede Wilhelm v. Gottbergs beim 8. Sommerfest der LO für die Deutschen Vereine im südlichen Ostpreußen

Frau Vizemarschallin, Herr Landrat, Herr Bürgermeister, lieber Heinrich Hoch, liebe Landsleute und liebe Freunde!

Zum achten Mal veranstaltet heute die in Hamburg ansässige Landsmannschaft Ostpreußen ein zentrales Sommerfest für die deutsche Minderheit im Ermland und in Masuren.

Wir sind heute Gäste in der schönen Metropole Ostroda, die wir aufgrund der langen deutschen Geschichte dieser Stadt Osterode nennen. Herr Bürgermeister, ich sage Ihnen im Namen aller hier Anwesenden ein herzliches Danke dafür, daß wir heute Gäste in Ihrer Stadt sein dürfen, aber auch für die Unterstützung, die Sie und Ihre Stadtverwaltung dem heutigen Begegnungstag gewährt haben.

Liebe Landsleute, liebe Freunde, vor 16 Jahren, im August 1992 hatte die LO aus Hamburg hier an diesem Ort das erste Sommerfest für die deutsche Minderheit in der Woiwodschaft Allenstein durchgeführt. Damals habe ich auch schon die Festansprache gehalten.

Wir begannen damals alle miteinander, ein neues Kapitel in den polnisch-deutschen Beziehungen zu schreiben. Das war ein schwerer Anfang. Ich habe 1992 wohl registriert, daß etliche Bürger aus den Kommunalverwaltungen den Deutschen von der Landsmannschaft Ostpreußen sehr zurück­haltend begegnet sind. Auch wir aus Hamburg waren ein wenig reserviert, ja – ängstlich. Dazu bestand aber kein Grund.

Heute ist das glücklicherweise ganz anders. Unsere Begegnungen geschehen in einem Klima des Vertrauens und der Partnerschaft. Das Verhältnis zwischen den Deutschen und den Polen ist normal geworden.

Meinungsverschiedenheiten auf der Regierungsebene zwischen unseren Ländern wird es immer mal wieder geben. Das liegt daran, daß die Regierungen aller Länder versuchen, die Interessen ihres Landes durchzusetzen.

Das ist normal, aber das wird unsere Gesellschaften zukünftig nicht trennen. Wir sind Partner in der Europäischen Union. Wir haben vom Gegeneinander zum Miteinander gefunden.

Es ist für mich ein Wunder, daß es so gekommen ist. Wir haben ja nicht vergessen, was unter deutscher Verantwortung Polen und den Polen zwischen 1939 und 1945 angetan wurde.

Wir vergessen aber auch nicht die Leiden der deutschen Menschen aus Ostpreußen, Pommern und Schlesien, die Opfer des ungerechten und unmoralischen Prinzips, der kollektiven Bestrafung wurden.

Trotz allem haben unsere Gesellschaften zueinander gefunden. Richtungsweisend war, daß beim Beginn des Polnisch-Deutschen Dialogs im Spätherbst 1989 das gemeinsame Gebet der Regierungschefs Mazowiecki und Kohl stand.

Und von großer Bedeutung ist auch die Geisteshaltung der Deutschen aus den früheren Ostprovinzen Deutschlands. Wir haben schon 1950 in der weltbekannten Charta der Heimatvertriebenen bekannt, daß wir die Schaffung eines Europas, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können, mit allen Kräften unterstützen.

Wir Ostpreußen in Deutschland stehen uneingeschränkt weiter zu dieser Verpflichtung.

Die humanistische Geisteshaltung der Charta und das christliche Sittengesetz, das für große Teile der polnischen und der deutschen Gesellschaft Leitbild ist, werden gewährleisten, daß der Prozeß der freundschaftlichen guten Nachbarschaft sich weiter verfestigen wird. Halten wir an dieser Geisteshaltung fest und bleiben wir im Gespräch.

Es ist unseren Regierungen gelungen, eine sehr strittige Meinungsverschiedenheit zu beseitigen. Ich meine die in Deutschland geplante Dokumentationsstätte „Zentrum gegen Vertreibungen“. Welchen Namen diese Gedenkstätte später bekommen wird, ist noch nicht entschieden.

Die polnische Regierung wurde umfassend vom zuständigen deutschen Minister über das Vorhaben informiert. Darauf hat die polnische Regierung das deutsche Vorhaben zwar nicht akzeptiert, aber gewissermaßen toleriert.

Das Thema wurde außer Streit gestellt. – Auch polnische Wissenschaftler werden eingeladen, an der Konzeption der Gedächtnisstätte mitzuwirken.

Und auch das Schicksal polnischer Menschen wird in der geplanten Dokumentationsstätte thematisiert. Das ist eine wichtige Information auch für die polnischen Bürger hier im Lande.

Sie, liebe Landsleute der deutschen Minderheit, die Sie hier im schönen Ostpreußen in der heutigen Woiwodschaft Ermland und Masuren wohnen, Sie sind gute Brückenbauer zwischen dem deutschen und dem polnischen Volk gewesen. Dafür danke ich Ihnen.

Über die Deutsche Minderheit hier im Land sind wir mit vielen polnischen Menschen in das Gespräch gekommen. Dadurch wurden hunderte Freundschaften zwischen Deutschen und Polen geschlossen. Wir, Polen und Deutsche, haben den deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag mit Leben erfüllt. Gewissermaßen exemplarisch will ich ein Beispiel nennen: In Guttstadt lebt Jaroslaw Kowalski. Er ist Gymnasiallehrer. Er war mit seiner Klasse im Mai in Berlin und hat dort an dem großen Ostpreußentreffen teilgenommen. Seine Schüler haben einen Beitrag zum Kulturprogramm geleistet.

Ich habe Ihnen herzliche Grüße vom bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Beckstein zu überbringen. Vor wenigen Wochen habe ich ihm von diesem Sommerfest berichtet.

Er hat meiner Bitte sofort entsprochen und die Schirmherrschaft über das Kongreßwochenende übernommen, das wir vom 10. bis 12. Oktober in Allenstein gemeinsam mit polnischen Persönlichkeiten aus der Kommunalverwaltung durchführen wollen.

Gerne erinnert er sich noch an seinen Besuch in Allenstein aus Anlaß des 4. Kommunalpolitischen Kongresses der Landsmannschaft Ostpreußen im Oktober 2004.

Verehrte Zuhörer, am 3. Oktober dieses Jahres begeht die Landsmannschaft Ostpreußen ihren 60. Geburtstag. Aus diesem Anlaß gibt der bayerische Ministerpräsident am 4. September einen Empfang für eine größere Anzahl Ostpreußen in der Residenz in München.

Es ist mein Wunsch, daß an diesem Empfang auch eine Abordnung hier aus der Woiwodschaft Ermland und Masuren teilnimmt.

Der Bundesvorstand der Landsmannschaft Ostpreußen wird mit einer eigenen Veranstaltung am 9. November in Bad Pyrmont an den Gründungstag der Landsmannschaft erinnern.

Ich danke den Vorständen aus den deutschen Gesellschaften und insbesondere dem Vorstand des Dachverbandes (VdG e.O.) Verband der deutschen Gesellschaften im ehemaligen Ostpreußen für ihre Mithilfe bei der Organisation dieses Sommerfestes. Unser Dank gilt auch den beiden Pfarrern für ihren Dienst beim ökumenischen Gottesdienst. Ich möchte in den Dank einschließen die Dolmetscher und alle Mitwirkenden beim anschließenden Kulturprogramm.

Der Woiwodschaft Ermland und Masuren und ihren Menschen ein herzliches Glückauf!


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