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23.08.08 / Konjunkturprogramme sind meist verpuft / Unter Wirtschaftsexperten ist eine Diskussion über Sinn und Unsinn der staatlichen Maßnahmen entbrannt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-08 vom 23. August 2008

Konjunkturprogramme sind meist verpuft
Unter Wirtschaftsexperten ist eine Diskussion über Sinn und Unsinn der staatlichen Maßnahmen entbrannt
von Mariano Albrecht

Steht der deutschen Wirtschaft eine Rezession ins Haus? Allerorten wird seit Wochen in der Politik zunehmend heftiger darüber diskutiert, was der Wirtschaft gut tun könnte. Immer häufiger ist von Konjunkturprogrammen die Rede, der Ansatz scheint berechtigt.

Bereits in den 40er Jahren entwickelte der britische Ökonom John Maynard Keynes die Idee, daß der Staat eine entstehende Nachfragelücke bei Unternehmen und Konsumenten durch Investitionsprogramme schließt, um den Markt anzukurbeln. Das funktioniert entweder durch staatliche Aufträge, hohe Investitionen etwa in den Bau von Straßen und Gebäuden, oder durch einmalige Geldgeschenke, damit der Bürger mehr Geld in der Tasche hat und dieses auch ausgibt. Doch funktioniert die über 60 Jahre alte Idee im Zeitalter der globalen Märkte?

Ein in den 80er Jahren vom damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan aufgelegtes Steuersenkungsprogramm wirkte wahre Wunder. Reagan hatte, statt ein Konjunkturprogramm aufzulegen, die Steuern drastisch gesenkt, was dazu führte, daß die Amerikaner mehr Geld ausgaben, die Unternehmen wieder höhere Umsätze machten und sich sogar die staatlichen Steuereinnahmen verdoppelten.

In Japan hatte das Konzept der Konjunkturstütze seit Mitte der 80er Jahre grandios versagt. Mit gigantischen Baumaßnahmen hatte man versucht, die Wirtschaft anzukurbeln.

Anfang der 90er Jahre platzte die Blase. Immobilien, die als Sicherheit für Kredite angenommen worden waren, verloren massiv an Wert. Der Aktienmarkt implodierte. Die Banken blieben auf ihren Krediten sitzen, die Staatsverschuldung stieg durch verpuffende Konjunkturprogramme auf über 150 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Konjunkturprogramme sind mit hoher Staatsverschuldung verbunden, ihre Wirkung ist äußerst fraglich.

Im Februar hatte die US-Regierung Steuerrückzahlungen beschlossen, um die Konjunktur anzukurbeln, den Konsum zu erhöhen. Ehepaare erhielten so zum Beispiel einmalig bis zu 1200 Dollar (799 Euro) von der Steuer zurück und weitere 300 Dollar für jedes Kind. Die letzten Steuer-

schecks sind Mitte Juli verschickt worden. Doch Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner beurteilt diese Finanzspritze in Höhe von 150 Milliarden Dollar der US-Regierung in ihre Konjunktur kritisch: „Ein langfristiger Effekt ist fraglich. Die Regierung hat sich Zeit erkauft und hofft, daß dann die Zinssenkungen der US-Notenbank Fed helfen.“

In Deutschland haben sich in der Vergangenheit solche Programme allerdings nicht selten als Strohfeuer entpuppt. Das Konzept scheitert an deutschen wie auch europäischen Eigenheiten des Marktes.

Stichwort Globalisierung: Spanien will in den Jahren 2009 und 2010 rund 20 Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau und in die Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen pumpen. Die Regierung will damit ein Wachstum der Wirtschaft von über drei Prozent erreichen. Kann das gut gehen?

Die öffentliche Ausschreibung eines Wohnungsbauprogramms könnte zum Beispiel nach europäischem Recht die Auftragsvergabe an preisgünstigere ausländische Unternehmen nach sich ziehen. Die Wirkung für inländische Unternehmen würde verpuffen.

Der kanadische Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, Robert Mundell, vertrat bereits 2001 die Meinung, daß nur eine Änderung an den strukturellen Rahmenbedingungen eine günstige Auswirkung auf die Konjunktur haben könne. Während Konjunkturprogramme die Staatsverschuldung in die Höhe treiben, sorgt dies auch für höhere Belastungen durch Zins- und Tilgungszahlungen. Eine Absenkung der Steuern hingegen ließe sich durch höhere Steuereinnahmen wieder ausgleichen, wenn durch die Steuersenkungen der Konsum angekurbelt werde.

Einmalige Steuergeschenke an die Bürger oder staatliche Investitionsprogramme für Unternehmen haben nach Mundell nur eine vorübergehende Wirkung, da an der eigentlichen Struktur im Wirtschaftsumfeld nichts geändert wird.

Die politische Diskussion um die Zukunft der Konjunktur zum jetzigen Zeitpunkt kann zwar als generell sinnvoll angesehen werden, kann aber mit Blick auf Wahlkampfszenarien getrost relativiert werden.

Sollte sich im dritten Quartal der Rückgang der Wirtschaft tatsächlich fortsetzen, würde ein Konjunkturprogramm ohnehin zu spät kommen, denn bis dieses beschlossen und verwirklicht wäre, wären Monate vergangen. Der aktuelle Abschwung kann daher nur zum Anlaß genommen werden, sich auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen zu konzentrieren, anstatt über wenig nachhaltige Steuergeschenke und nur kurzzeitig wirksame partielle Finanzspritzen nachzudenken.

Eine Wiedereinführung der Pendlerpauschale und eine spürbare und dauerhafte Steuerentlastung zum Beispiel bei Verbrauchssteuern wären ein Mittel, dem Bürger kurzfristig mehr Netto vom Brutto in die Tasche zu geben.


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