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23.08.08 / Die Spanier kommen / Warum Berlin für die Bewohner der iberischen Halbinsel interessanter wird

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-08 vom 23. August 2008

Die Spanier kommen
Warum Berlin für die Bewohner der iberischen Halbinsel interessanter wird
von Patrick O’Brian

Mireia Guzman (29) kam vor einigen Jahren als Studentin nach Berlin. Die Spanierin aus Barcelona wollte für ein, zwei Jahre bleiben, dann weiterziehen. Am liebsten nach Istanbul, weil es da wärmer ist als in Deutschland. Dann hat sie einen Job angenommen, dann noch einen. „Dann bleibe ich eben noch ein Jahr“, dachte sie sich. Und noch eins und noch eins. Und auch, wenn es manchmal schwierig ist, hier eine vernünftige Anstellung zu finden, so hat sie sich ihr Gastaufenthalt längst in eine Dauereinrichtung verwandelt.

Wieder eine Spanierin, die in Berlin bleibt.

In Deutschland leben mehr als 100000 Spanier. Und in keiner deutschen Stadt leben mehr als in Berlin (zirka 6600). Die Hauptstadt ist interessant für Spanier, seien sie Touristen oder Einwanderer. Nach den Skandinaviern (PAZ 32/07) kommt jetzt eine kleine Invasion von Spaniern nach Berlin.

Anders als Mireia sehnen sich die meisten nach dem milderen Klima. Auch ein heißer Sommer läßt sich hierzulande nämlich gut vertragen. Und auch im übergeordneten Sinne bietet Berlin für Spanier ein gutes Klima – für Investitionen um genau zu sein.

Vor allem die Baubranche bekommt das zu spüren. Ähnlich wie die Skandinavier kaufen sich die Spanier auf dem Immobilienmarkt ein. So wie in Dänemark oder Schweden sind die Immobilienpreise in Spanien recht hoch. In letzter Zeit sogar zu hoch, denn der Markt ist nach einer Spekulationsblase ziemlich eingebrochen. Das ist nicht das Umfeld für lohnende Geschäfte. Ein Investment in Deutschland ist lukrativer.

Hier versprechen sie sich bessere Wachstumsmöglichkeiten als in der Heimat. In Berlin gibt es noch Innenstadtgrundstücke, die für 6000 Euro pro Quadratmeter – und damit halb nur halb so teuer wie in Madrid – verkauft werden.

Als einer der größten spanischen Immobilienhaie gilt Carlos Curtillas Cordón. Er soll laut „Berliner Morgenpost“ mit seinem deutschen Partner zusammen bereits mehr als 500 Millionen Euro investiert haben. So zum Beispiel in die Restaurierung der Kaiserhöfe (Unter den Linden) und der Reinhardtshöfe (Sitz der FDP-Zentrale) und in die Wiedererrichtung des Ensembles am Kupfergraben – alles erstklassige Adressen. Andere spanische Investoren haben gerade ein knappes Dutzend Baugrundstücke im Tiergartenviertel erworben.

Besonders aktiv sind die Spanier auch im Hotelgewerbe. Momentan sind sieben spanische Prestige-Projekte im Bau oder in Planung, hat die „Berliner Morgenpost“ gezählt.

Schon vor zwei Jahren wechselte das große Hotel Steigenberger den Besitzer. Neuer Eigentümer ist eine Hotelkette mit Sitz in Madrid.

Dieser spanische Hotel-Boom hat mit dem Anstieg der Touristenzahlen zu tun. Nach Briten, Italienern und Holländern sind die Spanier die viertgrößte Gruppe von Besuchern.

1996 kamen nur 21464 spanische Touristen nach Berlin. 2007 lag diese Zahl bei ansehnlichen 183162.

Spanier bleiben wie alle Touristen am liebsten in Hotels, die ihnen von Zuhause vertraut sind. Also kommen die großen Hotelketten nach Berlin, wo es noch Wachstumspotential gibt, während im Stammland Spanien auch das kleinste Dorf längst über ein Hotel verfügt. So bringt der Anstieg spanischer Touristen auch spanische Investoren an die Spree.

Die Zuwanderer, ob nun schwerreiche Immobilienbesitzer oder kleine Studentinnen, haben es leicht sich einzufügen. Anders als die bekannten Problemgruppen unter Neu-Berlinern haben die Spanier nur wenige Probleme mit der Integration.

Schon in der zweiten Generation sind die Kinder von Spaniern nicht mehr von einheimischen zu unterscheiden. Und das, obwohl sie ihre nationalen Eigenarten nicht gänzlich ablegen. Es gibt ein weitgestrecktes Netz an Kulturvereinen und sogar spanischsprachige Zeitschriften. Eine Parallelgesellschaft hat es aber nie gegeben.

Vicente Riesgo kann das bestätigen. Der Vorsitzende der spanischen Weiterbildungsakademie berichtete auf einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin im Frühjahr von seinen Erfahrungen – und Erfolgen.

Zwei Drittel aller spanischstämmigen Kinder macht heute mindestens einen Fachhochschulabschluß. Verglichen damit sehen die meisten anderen Nationalitäten ziemlich schwach aus.

So hat auch Mireia Guzman inzwischen eine neue Arbeit gefunden. Die 29jährige ist jetzt in einer Galerie beschäftigt, die sich auf spanische zeitgenössische Kunst spezialisiert hat.


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