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23.08.08 / Kein Konjunkturprogramm / Sarkozy unter Druck – Schlechte Wirtschaftsdaten für Frankreich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-08 vom 23. August 2008

Kein Konjunkturprogramm
Sarkozy unter Druck – Schlechte Wirtschaftsdaten für Frankreich
von Jean-Paul Picaper

Nach einer Krisensitzung mit der Ministerin für Finanzen und Wirtschaft, Christine Lagarde, und dem Budgetminister, Eric Woerth, war am Montagabend der französische Premierminister François Fillon der Meinung, daß Frankreich nicht in eine Rezession schliddert und daß infolgedessen kein Belebungsplan der Wirtschaft nötig ist. Einige Maßnahmen wie eine Erhöhung der Heizzulage für die untersten Einkommensschichten sowie eine Erweiterung der Pendlerpauschale zum Arbeitsort, die bisher auf die Pariser Region beschränkt war, werden zwar ins Auge gefaßt, aber Fillon meinte, daß die beste Abhilfe gegen die Krise die Fortsetzung des Reformprogramms der Regierung sei. „Unsere Wirtschaft muß Muskeln ansetzen“, sagte er.

Nicolas Sarkozy muß erleben, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Ministerin Lagarde gestand neulich, daß die französische Wachstumsrate des Bruttoinlandproduktes (BIP) 2008 eher bei der unteren Regierungsprognose von 1,7 Prozent als bei der oberen von zwei Prozent liegen wird. Das Statistische Amt INSEE in Paris kündigte seinerseits eine Wachstumsrate von nur einem Prozent an.

In dem Moment, in dem die ersten Reformen aus dem ersten Amtsjahr von Sarkozy Erfolge zeigen sollten, ist das eine schlechte Nachricht. Die trüben Aussichten können Sarkozys nach einem längeren Tief gerade erst wieder gestiegenen Umfragewerte nach unten ziehen, zumal der Mittelstand von der Konjunkturschwäche und von der Preissteigerung am stärksten betroffen ist. Gerade in dieser Schicht befindet sich die Mehrheit der Sarkozy-Anhänger. Die Versuchung für ihn als turnusmäßiger Vorsitzender des EU-Ministerrates, mehr Außen- und Europapolitik zu betreiben, wird nun größer sein. Außenpolitik macht sich für Politiker meist bezahlt. Mit dem gelungenen Start der in Paris im Juli gegründeten Mittelmeerunion und dem mit Moskau und Tiflis von ihm ausgehandelten noch zerbrechlichen Waffenstillstand in Georgien hat Sarkozy sich seine Sporen verdient. Aber es warten im Herbst schwierige Termine auf ihn, und es hat sich herausgestellt, daß diese Initiativen im eigenen Land bisher wenig Auswirkung auf seine Wertschätzung hatten.

Frau Lagarde brüstete sich damit, daß das Bruttosozialprodukt im zweiten Quartal in Frankreich „nur“ ein Minus von 0,3 Prozent erleiden mußte, während Deutschland  ein Minus von 0,5 Prozent zu verkraften hatte. Lagarde und Fillon setzen darauf, daß die Prognose der Banque de France, die für das dritte Quartal ein Wirtschaftswachstum von 0,1 Prozent vorsieht, eintrifft. Damit würde sich die Rezessionsdiagnose als fehlerhaft herausstellen.

Vor allem der Zustand der französischen Außenhandelsbilanz ist besorgniserregend. Sie erreichte im Juni ein Rekordminus von 5,64 Milliarden Euro. In den ersten sechs Monaten 2008 war sie mit 24,387 Milliarden im Minus (Vorjahr Januar / Juni: minus 15,801 Milliarden). Von Juli 2007 bis Ende Juni 2008 lag der französische Außenhandel mit 48 Milliarden Euro in den roten Zahlen, während der deutsche Außenhandel weiter Überschüsse sammelte.

In Paris werden wieder Stimmen laut, die dem EZB-Präsidenten Trichet empfehlen, die Zinsen zu senken und so den Höhenflug des Euros zu beenden, damit die europäischen Exporte billiger werden. Trichet steht in dieser Sache im Dauerstreit mit Sarkozy. Doch es gibt auch Hoffnung: Der Euro sank von 1,60 auf 1,50 Dollar.


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