28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
23.08.08 / Herz und Schmerz, Liebe und Leid / Telenovelas und Seifenopern holen auch in Deutschland das Publikum vor den Bildschirm

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-08 vom 23. August 2008

Herz und Schmerz, Liebe und Leid
Telenovelas und Seifenopern holen auch in Deutschland das Publikum vor den Bildschirm
von Hans Lody

Wenn das Abendessen nicht rechtzeitig auf den Tisch kommt, wenn Verabredungen mit fadenscheinigen Entschuldigungen abgesagt werden oder wenn die beste Freundin das Telefongespräch einfach nicht annimmt, obwohl sie ganz bestimmt zu Hause ist, dann kann das nur einen Grund haben: Im Fernsehen läuft eine der beliebten täglichen Seifenopern oder eine Telenovela, ein Groschenroman für den Bildschirm. Anders als die in den USA erfundenen Seifenopern wie zum Beispiel „Dallas“ oder „Denver“ stammt das Konzept der Telenovela aus Südamerika. Im Unterschied zur Seifenoper, deren Länge ausschließlich von den Einschaltquoten bestimmt ist, soll die Telenovela nur 80 bis 250 Folgen dauern, die in vier bis zwölf Monaten ausgestrahlt werden. Je nach Einschaltquote wird sie verlängert, aber eben nicht endlos. Letztlich beendet das Happyend in Form einer Hochzeit der weiblichen Hauptdarstellerin die Serie. Selbst im Heimatland der Seifenopern laufen jetzt Telenovelas über den Bildschirm – die hispanoamerikanische Zuschauerschaft verlangt danach. Die bislang erfolgreichste Telenovela in Deutschland war „Verliebt in Berlin“, deren erste Folge am 28. Februar 2005 bei SAT 1 ausgestrahlt wurde. Vorbild war eine ähnliche Serie aus Kolumbien. Von dem riesigen Erfolg waren die Macher von „Verliebt in Berlin“ offenbar selbst überrascht, die Einschaltquoten erreichten bald den Marktführer „Gute Zeiten  Schlechte Zeiten“ von RTL.

Dabei waren die Schauspieler zuvor relativ unbekannte Größen. Hauptdarstellerin Alexandra Neldel, die Darstellerin der Lisa Plenske, ist jetzt jedoch fast für jeden ein Begriff.

Bald wurde bei SAT 1 beschlossen, die Serie zu „strecken“ und 364 Folgen zu produzieren. Klugerweise ließ man sich auch nicht auf einen Konkurrenzkampf mit „König Fußball“ ein und legte während der Fußballweltmeisterschaft 2006 eine Sendepause ein. Über 20 Prozent Zuschauer auf dem schwer umkämpften Sendeplatz des Vorabendprogramms zu erreichen, ohne großen Aufwand, ohne teure Stars und mit relativ geringen Kosten – das ist es, wovon jeder Fernsehproduzent träumt.

Maßgeblich sind aber nicht nur die Einschaltquoten, sondern das Zuschauerverhalten der 14- bis 49jährigen. Geld verdienen kann der Sender nur, wenn neben der Quote auch die „richtigen“ Zuschauer vor der Mattscheibe sitzen, um die Werbespots zu schauen. Gerade hier aber konnte „Verliebt in Berlin“ punkten. Aufgrund des fulminanten Erfolges entschloß sich SAT 1 im Juni 2006 über die bereits geplanten Folgen hinaus zusätzlich weitere 281 Episoden zu produzieren. Allerdings kam am 1. September 2006 die große Wende. Alexandra Neldel als Lisa Plenske heiratete (nur im Fernsehen) ihren David und verschwand vom Bildschirm. Dafür erschienen Tim Sander und Laura Osswald als neue Hauptdarsteller. Nur die ersten Folgen lock-ten das Stammpublikum noch an, dann fiel die Quote. Am 12. Oktober 2007 ertönte letztmalig die Filmmusik mit Nenas „Liebe ist“ – dann war Schluß.

Inzwischen haben fast alle größeren Sender ihre Telenovela, ohne allerdings an den Erfolg von SAT 1 heranzukommen. Am 25. August 2008 wird der Sender nun mit „Anna und die Liebe“ eine neue Telenovela auf den Bildschirm bringen. Mit dem schauspielernden, abgehalfterten Popsternchen Jeanette Biedermann und dem Schauspieler Mathieu Carriere hat der Sender zwei namenhafte Darsteller verpflichtet. Ob Jeanette Biedermann als schüchterne Kellnerin Anna in die Fußstapfen von Lisa Plenske mit ihrer Zahnspange und den anderen Attributen des häßlichen, „spießigen“, aber sympathischen Entleins treten kann, steht dahin. Genau daran aber will der Sender sein neues Produkt gemessen wissen. Wenn die Quote nicht stimmt, wird es „Anna und die Liebe“ genauso ergehen wie „Schmetterlinge im Bauch“, die als Ablösung von „Verliebt in Berlin“ gedacht war und vorzeitig abgebrochen wurde.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren