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23.08.08 / Eine Route für Königin Luise / Unterwegsvon Neustrelitz über Hohenzieritz nach Prillwitz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-08 vom 23. August 2008

Eine Route für Königin Luise
Unterwegs von Neustrelitz über Hohenzieritz nach Prillwitz
von Helga Schnehagen

Rund 200 Stufen führen zur besten Sicht auf Neustrelitz: zur Turmplattform der Stadtkirche direkt am Marktplatz. Der Aufstieg ist die Mühe wert. Denn aus der Vogelperspektive offenbart sich am eindrucksvollsten die planmäßige Anlage der spätbarocken Residenzstadt der Herzöge von Mecklenburg-Strelitz.

Die Gründung der Stadt war zunächst nicht vorgesehen. Aber nachdem 1712 die Residenz in (Alt-)Strelitz abgebrannt war und Geldmangel den Wiederaufbau verhinderte, war Herzog Adolf Friedrich III. (1708–1752) nichts anderes übriggeblieben. Hatten ihm die Strelitzer die verlangten Hand- und Spanndienste doch schlichtweg verweigert.

In das Jagdschlößchen am Zierker See im heutigen Neustrelitz umgezogen, bekam die herzogliche Familie bei dessen späterem Ausbau zur neuen Residenz (1726–1731) zu den Geld- noch Personalprobleme. Denn die meisten Hofbediensteten weigerten sich, nach Neustrelitz umzuziehen. Der Herzog brauchte Neusiedler und beschloß die Planung einer komplett neuen Stadt. Die wichtigsten Lockangebote des Gründungsaufrufes vom 20. Mai 1733 waren Zunft- und Religionsfreiheit, zehnjährige Abgabenfreiheit, kostenloser Grund und Boden, kostenloses Bauholz, preiswertes Baumaterial. Ein Paket, das seine Wirkung nicht verfehlte.

Mittelpunkt von Neustrelitz wurde nicht das Schloß, sondern der Marktplatz. Das 120 mal 120 Meter große Quadrat, von dem sternförmig acht Straßen in alle Winkel des Minireiches weisen, ist bis heute das Herz des rund 22000 Einwohner zählenden Städtchens. Mit Springbrunnen, Bäumen und Bänken in seiner Mitte schlägt es jedoch auffallend geschichtslos in der geschichtsträchtigen Umgebung. Hat das Denkmal von Großherzog Georg (1779–1866), das 1946 vor die Schloßkirche verbannt worden war, doch den Weg nicht wieder zurück geschafft.

Schade! Wird man beim Bummel durch die beschauliche Altstadt doch auf Schritt und Tritt an ihn erinnert. Durch Friedrich Wilhelm Buttel, der in seinem Auftrag fast 50 Jahre lang wie kein anderer das Baugeschehen in Neustrelitz prägte. War Buttels Markenzeichen die Synthese von Gotik und Klassizismus, hat er beim Turm der Stadtkirche Formen der Toskana sprechen lassen.

Neben der traumhaften Lage inmitten der Seenplatte ist es die fürstliche Vergangenheit, welche die Besucher ins tiefste Mecklenburg zieht. In den Schloßgarten, dessen Anlage man im Sommer durch die Festspiele leider nur erahnen kann, vor allem aber in die Orangerie, wo sich wie an keiner anderen Stelle der ehemalige Glanz des Hofes widerspiegelt. Erinnert an das im Krieg zerstörte Schloß doch nur noch ein Modell in dem heute als Café-Restaurant genutzten Prachtbau.

Genau dieses Schloß war 1810 das Ziel von Königin Luise, wo sie ihren Vater, Herzog Karl von Mecklenburg-Strelitz, besuchen wollte. Am 25. Juni 1810 konnte sie die lang ersehnte Reise von Charlottenburg aus antreten. Es sollte ihre letzte werden.

Am 11. Mai 2006 wurde die Königin-Luise-Route eröffnet, die den Spuren von Preußens populärer Monarchin in Mecklenburg, Berlin und Brandenburg folgt. Bis 2010, dem 200. Todesjahr der Königin, sollen alle Erinnerungsstätten den letzten Schliff erhalten. Eine durchgängige Ausschilderung mit dem bekrönten L verbindet bereits heute Hohenzieritz, Neustrelitz, Mirow, Fürstenberg, Dannenwald, Gransee, Oranienburg, Paretz, Berlin-Charlottenburg und die Pfaueninsel. Eine Route, die besonders bei Radfahrern beliebt ist, und der zu folgen jetzt schon lohnt.

Von Neustrelitz weist das Schild nach Hohenzieritz, dem elf Kilometer entfernten nördlichen Ausgangspunkt der gesamten Route, über die Glambecker- und Hohenzieritzer Straße, vorbei an der Stadtkirche. Nach kurzer Strecke entlang der Bundesstraße führt der Weg dann nur noch schnurgerade durch herrlichen Wald. Wahrscheinlich hatte schon Luise diesen Weg genommen, als sie am 28. Juni 1810 nach kurzem Zwischenstop in Neustrelitz nach Hohenzieritz weiterreiste. Zumindest war hier wohl ihr Sarg zurückgeführt worden. Denn kaum auf dem väterlichen Sommersitz angekommen, ereilte die Monarchin ein qualvolles Brustfieber, dem sie drei Wochen später, am 19. Juli erlag. Luise wurde nur 34 Jahre alt.

1813 hatte Herzog Karl das Sterbezimmer seiner Tochter und die beiden Vorzimmer als Gedenkstätte einrichten lassen. Bis zur Vernichtung des gesamten Schloßinventars 1945 ein Wallfahrtsort aller Luisen-Verehrer. In den folgenden Jahren schwebte das Schloß mehrmals zwischen Sanierung und Verfall. Gesiegt haben schließlich die Rettungsmaßnahmen. Das Schloß ist seit 2000 Sitz des Müritz-Nationalparkamtes.

Dank des Engagements des Schloßvereins Hohenzieritz konnte gleichzeitig auch die Gedenkstätte wieder in großer Originaltreue eingerichtet worden. Ein kleines Wunder war die anonyme Rückgabe der Marmor-Büste der Königin von Christian Daniel Rauch. Zusammen mit der Gedenktafel zu ihrem 100. Geburtstag und einer Replik der Totenmaske sind damit die wertvollsten Stücke des Sterbezimmers wieder zu sehen. Rund 10000 Besucher pro Jahr machen davon Gebrauch! In Verbindung mit der ständigen Ausstellung zum Lebensweg der großen Königin ist Hohenzieritz der ideale Auftakt für die Reise auf Luises Spuren.

 „Eine sogenannte Preußennostalgie gab es schon zu DDR-Zeiten“, weiß Dr. Gerhard Krenz zu berichten. „Sie begann bereits in den 70er Jahren.“ Er muß es wissen. Denn als Hohenzieritz von 1962 bis 1990 Sitz eines Wissenschaftlichen Zentrums für Landwirtschaft war, stand der Schreibtisch des promovierten Landwirts dort, wo heute die Gedenkstätte ist. „Zunehmend fragten die Besucher nicht nur nach Landwirtschaft“, fährt er fort, „sondern nach Luise.“  Seit 1996 ist Krenz Mitglied im Vorstand des Schloßvereins mit ganz besonderem Anliegen: „Meine persönliche Meinung ist, wir sind kein Museum, sondern eine Gedenkstätte. Und diese Gedenkstätte ist der Königin Luise geweiht. Darin muß ich die Persönlichkeit, die hier geehrt werden soll, den Menschen auch so nahebringen, wie sie in Wirklichkeit war. Also keine Verehrung à la Lady Di.“

Die Fahrt durch den Schloßpark ist ein „Aha“-Erlebnis. Durch seine Verbindung zum englischen Hof – Herzog Karls Schwester Sophie Charlotte hatte den König von England geheiratet – erhielt Hohenzieritz 1771 nicht nur einen der ersten Englischen Landschaftsparks in Deutschland, sondern auch den einzigen, den ein Engländer gestaltete. Gartenfreunde sollten sich die Dokumentation zum Park im rechten Schloßflügel, gleich neben dem Café, nicht entgehen lassen.

Ein Katzensprung von vier Kilometern, dazu bergab, ist es bis Prillwitz (abseits der Königin-Luise-Route), mit Hohenzieritz und dem nahen Zippelow einst Kabinettsgut in herzoglichem Besitz. Der freundliche Anblick des Dorfes ist, genau wie in Hohenzieritz, schon keine Überraschung mehr. Die Aktionen „Unser Dorf soll schöner werden“ und „Unser Dorf hat Zukunft“ sind im Bewußtsein der Menschen angekommen.

Höhepunkt ist das Jagdschloß Prillwitz. Perfekt renoviert, wurde das Hotel-Restaurant nach dem letzten Besitzerwechsel am 25. April 2008 wiedereröffnet. Vor gut 100 Jahren 1888/90 hatte Großherzog Friedrich Wilhelm von Mecklenburg-Strelitz den Jugendstilbau für seinen Erben Adolf Friedrich V. erbauen lassen. Als Kulturhaus des Energiekombinats Neubrandenburg hat er die DDR-Zeit überdauert.

Von der Terrasse gleitet der Blick über den Park auf den Liepser See.  Für die Rückfahrt von Prillwitz nach Neustrelitz bietet sich die Eiszeitroute an. Ihr Name erinnert daran, daß sich die letzte Eiszeit mit der Mecklenburgischen Seenplatte samt ihrer kleinen Hügel ein ganz besonders schönes Denkmal gesetzt hat.

Informationen zur Strecke: www.koenigin-luise-route.de; www.neustrelitz.de; www.jagdschloss-prillwitz.de; Luisen-Gedenkstätte Schloß Hohenzieritz dienstags bis freitags von 10 bis 11 und von 14 bis 15 Uhr, am Wochenende und feiertags von 14 bis 17 Uhr, Führungen nach telefonischer Anmeldung (03 98 24) 2 00 20.

Foto: Gedenken: Büste der Königin Luise inmitten blühender Rosen


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