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30.08.08 / Viele deutsche Wörter verdanken wir den Hugenotten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-08 vom 30. August 2008

Viele deutsche Wörter verdanken wir den Hugenotten

Die teutsche Sprach‘ kommt ab, ein’ andre schleicht sich ein, wer nicht französisch red’t, der muß ein Simpel sein!“ klagte 1689 ein brandenburgischer Autor und meinte damit nicht nur die Tatsache, daß die Hauptsprache an den europäischen Höfen Französisch war und auch im militärischen Bereich viele französische Vokabeln verwendet wurden. Vielmehr kamen sämtliche Stände mit der ungewohnten Sprache in Berührung, als die französischen Calvinisten nach Brandenburg-Preußen einwanderten. Zunächst blieben die Hugenotten auch ihrer Sprache verhaftet, dann aber assimilierten sie sich rasch und prägten zahlreiche Vokabeln, die bis heute im deutschen Sprachgebrauch verblieben sind. Das bekannteste Beispiel ist die „Bulette“ (französisch: boulette = Fleischkügelchen; möglicherweise auch von boulanger [Bäcker], der dann über den Fleischer gesiegt hat). Aber nur „… mit ’n bißken Mostrich kricht se den richtijen Efé“ (Effet = Wirkung). Man konnte die Bulette gut mit Kartoffelpüree (purée = Brei) essen. Als Nachtisch gab es dann die neu eingeführte „Schattenmorelle“ (verballhornt von château = Schloß und morelle = tiefschwarz oder „Château de Moreilles“).

Als Friedrich der Große den Kaffeegenuß durch scharfe Kontrollen einschränkte, boten Hugenotten durch den Anbau von Zichorie die Möglichkeit, „Muckefuck“ (mocca faux = falscher Mocca) zu trinken. Man kaufte beim Kleinkaufmann in dessen „Budike“ (boutique = Laden) und achtete auf den „echten Hauju“ (haut goût = feiner Geschmack), der dann verballhornt zu „Hugo“ („das walte Hugo“) wurde. Den entsprechenden Behälter nahm der Kaufmann von einer „Stellage“ (étalage = Auslage).

Wer zuviel gegessen oder getrunken hatte, dem wurde „blümerant“ (bleu mourant = sterbendes Blau). Nicht ganz so deutlich, aber doch in ihrer Wurzel französisch sind „etepetete“ (être peut-être = vielleicht sein, übertrieben fein sein) oder „Schislaweng“ (ainsi cela vingt = so ist dies gekommen [mit Schwung]) und „Kinkerlitzchen“ (quincaillerie = Eisenware [Kleinigkeit]).

Die letzten Bespiele stammen schon aus dem zweiten Bereich, der mit seinen Vokabeln Eingang in die deutsche Umgangssprache gefunden hat, dem der „Kledasche“ (Mode). Hier ist bemerkenswert, daß die zugewanderten reformierten Damen zunächst durch ihre schlichten Gewänder auffielen, die ihnen ihr Glaube vorschrieb. Der prunkliebende König Friedrich I. erlaubte in einem Dekret, daß Hugenottinnen bei Hofe auch einfach gekleidet sein durften. Wichtig war, daß sie „adrett“ (adroit = geschickt) angezogen waren und „proper“ (propre = sauber) einhergingen, während sich die lutherischen Damen am Hofe mit „Tressen“ (tresse = Schnur) und „Blonden“ (blonde = Seidenspitze) schmückten, welche die reformierten Posamentenhersteller produzierten.

Die Integration der Hugenotten in allen Schichten der Gesellschaft vollzog sich auch dadurch, daß sie deutsche Begriffe in ihre Sprache einbauten. So erhielten beispielsweise Bedürftige zur Unterstützung „un hauffe bois entier“ (einen ganzen Haufen Holz) oder doch wenigstens „trois hauffes knippelbois“ (drei Haufen Knüppelholz).

Bei Kindern in der Uckermark hörte sich ein Abzählreim auf Französisch so an: „Un, deux, trois / quatre, l’amusez / l’amusez, l’amusez / dis-je, par les animaux / les petits de colibris / Un, deux, trois! / Est roi, Arrêt“. Daraus wurde im Deutschen: „On, don, dreh / Katterlamüseh / Lammerseh, lammerso / die Kapelle Sanktimo / Colibri de Tepperi / on, don, dreh / arreh“. J. Z.

Fotos: Le Château de l'Abbaye, Moreilles: Aus den Gärten des auch kurz als „Château de Moreilles“ bezeichneten französischen Schlosses, das heute als Hotel genutzt wird, soll die Schattenmorelle stammen; „Wallfahrt nach Französisch Buchholz“: Radierung von Daniel Chodowiecki


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