28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
30.08.08 / Wider den Flecktyphus / Vor 125 Jahren kam der Impfstoffentdecker Rudolf Weigl zur Welt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-08 vom 30. August 2008

Wider den Flecktyphus
Vor 125 Jahren kam der Impfstoffentdecker Rudolf Weigl zur Welt
von Corinna Weinert

Der erste Impfstoff gegen Flecktyphus wurde von ihm entwickelt, und im Zweiten Weltkrieg rettete er durch Entschlossenheit und Mut unzähligen Menschen das Leben. Die Rede ist von Rudolf Weigl.

Rudolf Weigl, der am 2. September 1883 in Prerov geboren wurde, stammte aus einer deutschmährischen Familie, die sich, nachdem der Vater gestorben war, dem Stiefvater Folge leistend der polnischen Kultur galizischer Prägung zuwandte. Weigl besuchte die Gymnasien in Jasło und Stryj und studierte anschließend Naturwissenschaften an der Jan-Kazimierz-Universität Lemberg. Nach dem Studienabschluß 1907 promovierte er und habilitierte er sich 1913 in Zoologie, Vergleichender Anatomie und Histologie. Als Privatdozent forschte er danach vor allem zu Aspekten der Zelle und im Bereich der Transplantation. Seine ausgezeichnete Beherrschung der histologischen Technik und das Interesse an der Cytologie beeinflußten die gesamte wissenschaftliche Karriere von Weigl.

Im Ersten Weltkrieg wurde er als Wissenschaftler in das Sanitätswesen einberufen und begann mit Forschungen zu epidemischen Erkrankungen, wobei er einen Impfstoff gegen Flecktyphus fand. Er züchtete den Typhuserreger im Magen-Darm-Trakt von Läusen und entwickelte auf diese Weise eine aktive Schutzimpfung gegen die bis dahin tödliche Krankheit.

Von 1918 bis 1920 arbeitete Weigl im neuen polnischen Staat in einem Militärlabor in Przemysl, bevor er als Professor für Biologie an die Universität von Lemberg berufen wurde. In der Zwischenkriegszeit errang er mit seinen Arbeiten Weltgeltung; zwischen 1930 und 1939 wurde er mehrfach für den Nobelpreis nominiert, erhielt ihn dann jedoch nicht.

Nach dem Kriegsausbruch 1939 kehrte Weigl von einem Forschungsaufenthalt in Abessinien nach Polen zurück, um im nun sowjetisch besetzten Lemberg weiter zu arbeiten. Die Produktion von Typhusimpfstoffen wurde massiv gesteigert. Am 30. Juni 1941 erfolgte der deutsche Einmarsch in die Stadt; die neuen Besatzer ließen insgesamt 25 Professoren der Universität erschießen. Weigl erklärte sich angesichts der zunehmenden Gefahr für sein eigenes Leben bereit, unter den gegebenen Umständen weiter zu arbeiten, weigerte sich jedoch, die Deutsche Volksliste zu unterzeichnen. In den folgenden vier Jahren rettete er einer Vielzahl von Menschen – geschätzt wird die Zahl auf mehrere Tausend – das Leben, indem er ihre Arbeit als „kriegswichtig“ bezeichnete. Zu den betreffenden gehörten auch Juden, wie beispielsweise der Naturwissenschaftler und Soziologe Ludwik Fleck, mit dem Weigl zusammengearbeitet hatte. Nach Kriegsende setzte Weigl die begonnenen Forschungen an den Universitäten von Krakau und Posen fort, bis er 1951 emeritiert wurde.

Weigl starb am 11. August 1957 mit 74 Jahren in Zakopane (Polen).

Von den kommunistischen Machthabern ignoriert und sogar der Kollaboration mit dem Feind beschuldigt, fanden seine Leistungen erst nach 1989 offiziell Würdigung. 2003 erhielt er postum in Yad Vashem die Medaille Gerechter unter den Völkern.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren