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30.08.08 / Meckern im Behandlungszimmer / Für ein gutes Arzt-Patienten-Verhältnis müssen beide Seiten etwas tun

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-08 vom 30. August 2008

Meckern im Behandlungszimmer
Für ein gutes Arzt-Patienten-Verhältnis müssen beide Seiten etwas tun
von Haiko Prengel

Ihren sauberen Kittel haben sich Deutschlands Ärzte zuletzt ein wenig schmutzig gemacht. Berichte über Behandlungsfehler und Bevorzugung von Privat- gegenüber Kassenpatienten trüben das Bild von den „Göttern in Weiß“ und zeigen einmal mehr, daß die medizinische Versorgung von erheblichen Qualitätsunterschieden geprägt ist. Es gibt eine Menge engagierter, sich emsig weiterbildender Ärzte, die sich jedem einzelnen kranken Menschen mit vollem Einsatz und Herzblut widmen. Aber offenbar auch solche, die man nicht unbedingt weiterempfehlen muß.

„Ein Arzt ist Dienstleister, und da gibt es wie in allen Branchen gute und schlechte“, unterstreicht André Vogel, Berater bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Gleichwohl ist es ein Unterschied, ob man sein kaputtes Auto in eine Kfz-Werkstatt bringt oder sich und seinen angeschlagenen Körper einem Arzt anvertraut. Das sei sicherlich ein überdurchschnittlich „großer Vertrauensvorschuß“, den man da entgegenbringe, sagt Vogel. Um so wichtiger sei es daher, daß man als „mündiger“ Patient auftrete, der seine Rechte kenne.

Mündig – das sind laut Vogel heutzutage immer mehr Patienten. Während die meisten früher gegenüber einem Arzt regelrecht in Ehrfurcht erstarrten und die Behandlung stillschweigend über sich ergehen ließen, wird heute in den Praxen zunehmend munterer nachgefragt und auch mal gemeckert. Viele machen sich vorher im Internet schlau und gehen gut informiert ins Behandlungszimmer.

Andere fragen bei einer der Patientenvertretungen nach. Allein bei der UPD gingen laut Vogel im vergangenen Jahr bundesweit mehr als 40000 Anrufe ein. Verweigerte Kassenleistungen, fragliche Therapiemethoden oder Behandlungsfehler – die Anliegen seien vielfältig.

Wer sich schlecht umsorgt oder falsch behandelt fühlt, sollte den Arzt direkt darauf ansprechen. Der hat übrigens eine Aufklärungspflicht, weshalb es keineswegs ungezogen ist, ihm während seiner Untersuchungen Löcher in den Bauch zu fragen. Auch daß er sich Zeit nimmt für Anamnese und Diagnose und dem Patienten gut zuhört, ist nach Angaben von Vogel eine Selbstverständlichkeit. Kommt partout kein Vertrauensverhältnis zustande, sucht man sich besser einen anderen Arzt.

Es sind allerdings bei weitem nicht immer die Mediziner, die an Mißverständnissen oder Komplikationen im Behandlungsalltag schuld sind. „Auch Ärzte haben öfter einmal Grund zu meckern“, sagt Heinz Jarmatz, Vorstandsmitglied des Deutschen Hausärzteverbands in Köln. Zum Beispiel dann, wenn sich der Patient telefonisch mit einer Erkältung anmeldet und erst im Behandlungszimmer ankündigt, auch noch über seinen Bandscheibenvorfall sowie seine familiäre Situation sprechen zu wollen. „Das sprengt jeden mühevoll erstellten Termin- und Behandlungsplan“, betont Jarmatz. Besser sei es, rechtzeitig mitzuteilen, was man alles mit dem Arzt besprechen wolle. „Dann hat dieser auch Gelegenheit, sich ausreichend Zeit zu nehmen“, sagt Jarmatz.

Darüber hinaus sollte sich der Patient intensiv auf das Gespräch vorbereiten, am besten in Ruhe zu Hause. Um nichts zu vergessen, schreibt man sich die wichtigsten Fragen vorher auf einen kleinen Spickzettel. Einfache Hilfsmittel, an die Jarmatz zufolge aber leider zu selten gedacht wird. „Einen Einkaufszettel macht sich fast jeder, aber zum Arzt gehen viele weniger gut vorbereitet“, bemängelt er.

Darüber hinaus überwänden sich Patienten nur schwer zur gesetzlich geforderten Eigenverantwortung. Medikamente würden zwar in der Regel so eingenommen, wie vom Arzt empfohlen. „Es sind die Ratschläge, die konsequenter umgesetzt werden müßten“, sagt Jarmatz. Gesunde Ernährung, kein Nikotin, mäßiger Alkoholkonsum und regelmäßige Bewegung – all die klassischen Gebote, die zwar jeder kennt, aber an die sich dennoch viele nicht halten.

„Das Gros der Leute ist nicht trainiert“, wie Jarmatz jeden Tag aufs neue feststellt.

Daß seine Praxis am laufenden Band Überweisungen zum Orthopäden oder zu anderen Fachärzten ausstellt, ist deshalb nichts Besonderes. Dort muß der Patient wieder ins Wartezimmer, wieder Untersuchungen über sich ergehen lassen. Unangenehme Freizeitbeschäftigungen, die mit mehr Gesundheitsbewußtsein womöglich vermeidbar gewesen wären.

 

Woran erkennt man eine gute Arztpraxis?

Wer Fragen wie diese mit Ja beantworten kann, hat vermutlich einen guten Arzt:

* Nimmt der Arzt mich und mein spezielles gesundheitliches Problem ernst?

* Erhalte ich vom Arzt eine ausführliche und verständliche Information und Beratung?

* Erhalte ich von meinem Arzt Hinweise auf weiterführende Informationsquellen und Beratungsangebote?

* Bezieht mich mein Arzt in alle Entscheidungen bezüglich meiner gesundheitlichen Situation ein?

* Werde ich von Arzt und Praxispersonal freundlich behandelt?

* Erhalte ich ohne Probleme Zugang zu meinen Patientenunterlagen?

(Quelle: www.patienten-information.de)

Foto: Rezeption einer Arztpraxis: Hier wird oft der Unmut der Patienten abgeladen.


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