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06.09.08 / Stasi-Skandal erschüttert Medien / Seit Januar sind bei der »Berliner Zeitung« vier Spitzel aufgeflogen – Kein reines Ostproblem

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-08 vom 06. September 2008

Stasi-Skandal erschüttert Medien
Seit Januar sind bei der »Berliner Zeitung« vier Spitzel aufgeflogen – Kein reines Ostproblem

Ein neuer Stasi-Skandal bei der „Berliner Zeitung“ wirft ein Schlaglicht auf die Geheimdienstverstrickung deutscher Medien – beileibe nicht nur in der früheren DDR. Ausgerechnet in jenem Berufszweig, dessen vornehmste Arbeit die Aufklärung sein müßte, blieb die Aufklärung in eigener Sache  vielerorts auf der Strecke.

Der 21. August 2008 war ein bedeutender Tag in der Geschichte der „Berliner Zeitung“. Fast unbemerkt von der deutschen Öffentlichkeit entschuldigte sich die Tageszeitung für ihre eigene Berichterstattung. Aber nicht für einen Fehler, der ihr gestern oder vorgestern unterlaufen war. Sondern 1968.

„Die Globalstrategie des Imperialismus hat eine Niederlage erlitten. Geschrei und Hetze der Geschlagenen ist entsprechend“, so kommentierte das Blatt die Niederschlagung des Prager Frühlings. Diese Berichte „gehören zu den Tiefpunkten der Pressearbeit in der DDR und dieser Zeitung, den Begriff Journalismus verdienen sie nicht“, räumt die selbsternannte „Hauptstadtzeitung“ im Jahr 2008 ein. Den Artikel 1968 habe ein „damals führender Kommentator“ verfaßt.

So viel Selbstkritik ist von Journalisten selten zu hören. Von denen der „Berliner“ schon gleich gar nicht, wähnt sich das Blatt doch seit 1990 als „die“ Berliner Zeitung. Erich Böhme, vom „Spiegel“ gekommener neuer Herausgeber Anfang der 90er Jahre, träumte nach der Wiedervereinigung gar von einer „deutschen Washington Post“.

Ausgeträumt. Die Zeitung ist versunken in einen Stasi-Skandal. Vielleicht hat auch deswegen niemand so richtig Notiz genommen von der rückwärtsgewandten Selbstbezichtigung der „Berliner Zeitung“ vor zwei Wochen. Sie wirkte wie ein Ablenkungsmanöver von den gegenwärtigen Problemen.

In diesem Jahr flogen gleich mehrere frühere Informelle Mitarbeiter (IM) der Stasi in den Re­daktionsstuben der „Berliner“ auf. Den Anfang machten zwei Stasi-IM, die im Frühjahr enttarnt wurden. Vor zwei Wochen dann weitere Fälle: Tomas Morgenstern (Lokales) und Roland Heine (Außenpolitik) waren bereits als Studenten für Mielkes Truppe tätig.

Besonders pikant: Vor seiner Anwerbung wurde Heine (alias IM Heinrich) von Morgenstern bespitzelt, der auf drei Schreibmaschinenseiten unter anderem recht Persönliches zu Protokoll gab: „Der Alkoholgenuß könnte sich eines Tages negativ auf seine weitere Entwicklung auswirken, wenn sich persönliche und berufliche Probleme einmal häufen sollten.“ So bespitzelte im SED-Staat ein IM den anderen.

Auch bei der Konkurrenz sitzen noch immer IM. So wurde in der vergangenen Woche vom ARD-Magazin „Panorama“ – auch bei der ARD selbst gab es übrigens Stasi-Fälle – ein hauptamtlicher Stasi-Offizier namens Manfred Mohr enttarnt, der heute als Sportreporter tätig ist. Und nicht nur er: Als das Magazin nachhakte, stellte es fest, daß Mohrs Chef Bolko Bouché ebenfalls IM war. Beide arbeiten für eine Nachrichtenagentur, die für die „Märkische Allgemeine“ Berichte erstellt.

Aber der Stasi-Komplex ist bei weitem nicht nur ein Problem der ehemaligen DDR. Auch im Westen saßen (und sitzen vermutlich noch unenttarnt) viele Stasi-IM. Nach der 89er Revolution flog zum Beispiel Lutz Kuche auf, der jahrelang im bürgerlichen Lager „gekundschaftet“ hatte.

Kuche war Mitarbeiter des „Rheinischen Merkur“. Er erhielt angeblich mehrere hunderttausend D-Mark Agentenlohn. Der Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen in Berlin, Hubertus Knabe, schreibt in seinem Buch „Der diskrete Charme des Sozialismus“, das erstaunliche Wohlwollen der meisten Westmedien der DDR gegenüber rühre daher, daß sie von der Stasi unterwandert gewesen seien. Bis heute sind längst nicht alle früheren Informanten aufgeflogen.

Die unterlassene Vergangenheitsbewältigung ist das eine. Das andere ist das Weiterwirken der kommunistischen Ideologie vor allem in vielen Ost-Blättern. Die Leser erleben es immer wieder, daß alte Beißreflexe bei den Autoren der Zeitungen durchkommen.

Zur Erinnerung: Es war stets die Strategie der DDR, bürgerliche Politiker im Westen der Nähe zu Nazis zu bezichtigen. Dies funktioniert auch heute noch. Selbst Zeitungen wie die eigentlich bürgerliche „Märkische Allgemeine“, die in Brandenburg tonangebend ist, sind nicht davor gefeit, in die allgemeine Verurteilung einzustimmen, wenn von Linksaußen die Faschismuskeule gegen Personen aus dem bürgerlichen Lager geschwungen wird. So auch während der jüngsten Diffamierungskampagnen gegen die Fernsehmoderatorin Eva Herman oder den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU).

Wenn es darum geht, jemanden als „Nazi“ zu brandmarken, nimmt innerhalb Berlins die „Berliner Zeitung“ eine führende Rolle ein. Über andere Fragen berichtet sie relativ ausgewogen, doch sobald es „gegen rechts“ geht, dann gehen die Pferde mit der Redaktion durch. Regelmäßig. Inwieweit diese Art der Berichterstattung gesteuert ist, darüber läßt sich nur spekulieren. Nur soviel steht jetzt schon fest: Die Aufklärung ihrer eigenen Stasi-Vergangenheit wird die deutsche Medienlandschaft noch jahrelang beschäftigen.            Markus Schleusener

Foto: „Westmedien waren erstaunlich wohlwollend der DDR gegenüber“: Der Leiter der Stasi-Gedenkstätte        Hohenschönhausen, Hubertus Knabe,    kritisiert seit langem die Verdrängung der roten Schatten auf der jüngsten deutschen Geschichte .


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