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06.09.08 / Al Kaida terrorisiert Algerien / Der bewaffnete islamistische Kampf wird auf den ganzen Maghreb ausgeweitet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-08 vom 06. September 2008

Al Kaida terrorisiert Algerien
Der bewaffnete islamistische Kampf wird auf den ganzen Maghreb ausgeweitet

Immer öfter erschüttern Bombenattentate Algerien. Zahlreiche Zivilisten sind dabei bereits  ums Leben gekommen, doch die algerische Regierung unter Präsident  Abdelaziz Bouteflika bekommt die Lage nicht in den Griff. Algerien, der mit fast 2,4 Millionen Quadratkilometern flächenmäßig größte, aber auch labilste Staat Nordafrikas mit seinen über 30 Millionen Einwohnern, darunter viele arbeitslose Jugendliche, ist einer der „Hauptlieferanten“ von Kämpfern für den Islam.

Yahia Djouadi, 38, genannt Abu Amar Etiarti, trägt einen kurzen Bart unter einem grünen Turban. Er führt die Terrorgruppe Tarik Ibn Ziad an, die zur Al Kaida gehört, und gilt in Algerien als Staatsfeind Nr. 1. In den 90er Jahren war der umtriebige Moslem in der Gruppe Tafkir Wa Al-Hijra in Algerien aktiv und danach bis zum Jahr 2000 in der Groupe Islamique Armé (GIA). 2001 soll er die Salafistische Kampftruppe (GSC) als Konkurrenzprojekt zur Salafistischen Gruppe für Predigt und Kampf (GSCP) aufgebaut haben. Die algerische Armee bezeichnete ihn im Jahr 2002 jedenfalls als Chef der GSC mit damals etwa 80 Mitgliedern. Nach 2002 kam es zu einem Machtkampf in dem Terrornetzwerk. Djouadi wurde zum Nachfolger von Mokhtar Belmokhtar als Emir der sogenannten neunten Zone, die den Süden und Osten der Sahara umfaßt, ernannt. Mokhtar hatte an dem Zusammenschluß mit der Al Kaida Kritik geübt. Djouadi fungiert als Geld- und Waffenbeschaffer für Al Kaida im Mahgreb. Aber auch Entführungen und Morde gehen auf sein Konto. Vermutlich hat er auch den bewaffneten Angriff auf die israelische Botschaft in der mauretanischen Hauptstadt Nouakchott im Februar 2008 geleitet. Bei der Schlacht zwischen der Polizei und den Kombattanten von Al Kaida unweit der tunesischen Hauptstadt im Frühsommer 2007 kann er einen Teil der Logistik geliefert haben.

Der Diebstahl von insgesamt 150 Toyota-Jeeps in Tunesien im Jahre 2007 beunruhigte die Behörden. Die Islamisten befahren damit die Wüstengebiete im Süden der Region. Sie fahren bis Mauretanien und Marokko, zwischen Algerien, Tunesien und Libyen. In den von den Tuareg-Rebellen in Mali kontrollierten Gebieten stoßen sie jedoch auf Widerstand. Deren Anführer, Hassan Fagaga, warnte noch am 6. März, er werde Mitglieder der Al Kaida im Maghreb eliminieren, falls sie seine „Blumenbeete betreten“ würden.

Eigentlich sind Anschläge von Extremisten der Al Kaida kein neues Phänomen in Nordafrika, allerdings wurden sie früher vereinzelt und anonym verübt. In den vergangenen Wochen kam es jedoch fast täglich zu Anschlägen. Die jüngsten davon deuten auf einen Kurswechsel der Extremisten hin, die sich bislang vor allem gegen das Militär in entlegenen Regionen konzentriert hatten. In diesem Sommer haben die Bom-benattacken gegen Militär- und Polizeiziele in den Städten und gegen Zivilisten in Algerien zugenommen. Dieser Tage kamen bei einem Bombenanschlag ein Offizier der algerischen Armee und ein Zivilist ums Leben. Der Sprengsatz explodierte neben ihrem Fahrzeug bei Tebessa nahe der tunesischen Grenze. Und auch in Bouira, etwa 100 Kilometer südöstlich von Algier, gab es ein Blutbad, bei dem 41 Menschen verletzt wurden.

Die Regierung in Algier erklärte, sie werde „den Terrorismus bis zu seiner Eliminierung mit fester Entschlossenheit bekämpfen und gleichzeitig nicht vom Pfad der nationalen Aussöhnung abweichen“. Staatspräsident Abdelaziz Bouteflika warf den Islamisten vor, seine Politik der nationalen Versöhnung zu torpedieren.

Doch Bouteflika kämpft gegen einen ausdauernden Gegner. Bereits 1991 hatte das Militär die Wahlen abgebrochen, den Ausnahmezustand verhängt und die islamistische Partei verboten, da eine Machtübernahme der Islamischen Heilsfront FIS bei den ersten freien Wahlen in Algerien bevorstand.

Dies führte zu einem mehrjährigen Bürgerkrieg mit schätzungsweise 200000 Toten.

Das Militär reagiert jetzt mit groß angelegten Razzien. Dieser Tage wurde der algerischen Presse zufolge auch der mutmaßliche Drahtzieher des Selbstmordanschlags vom 20. August festgenommen. Mindestens 60 Verdächtige wurden erschossen.

Bei seinen drastischen, aber bisher wirkungslosen Maßnahmen kann Algeriens Präsident auf Unterstützung aus Paris setzen. Frankreich unterstützt die laizistische Regierung in Algier. Von einer Million Franzosen, die in den 50er Jahren neben 9,5 Millionen Moslems Algerien bewohnten, sind faktisch nur noch 3000 geblieben. Aber fünf Millionen Algerier leben in Frankreich.           Jean-Paul Picaper


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