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06.09.08 / Elternlos in Litauen / Ein Wolfskind berichtet über seinen Überlebenskampf von 1945 bis 1951

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-08 vom 06. September 2008

Elternlos in Litauen
Ein Wolfskind berichtet über seinen Überlebenskampf von 1945 bis 1951

„Jungche, nu sei nich bang. Hier mußd de Arschbacken zusammenkneifen un durchmaschiern.“ Diesen Satz mußte sich der 1936 geborene Joachim Pose immer wieder sagen. Eine erwachsene Bezugsperson, die ihn hätte unterstützen können, hatte er viele Jahre lang nicht. In „Ich war ein Wolfskind! Von Pommern über Ostpreußen nach Mecklenburg …“ schildert der gebürtige Tilsiter seine Zeit als Heimatloser.

Eigentlich war die Familie des Autors im Frühjahr 1945 erfolgreich aus ihrer Heimatstadt Tilsit vor der Roten Armee Richtung Westen geflohen. Auf Rügen fanden sie Aufnahme. Doch nach dem Kriegsende entschlossen sie sich, zurück nach Tilsit zu fahren – diese Entscheidung erwies sich als fatal. Schon auf der Bahnfahrt raubten Polen die rechtlosen Deutschen aus, in Tilsit stand kaum ein Stein auf dem anderen. Joachim und sein älterer Bruder suchten in Ruinen nach Nahrungsmittel, während die Eltern versuchten, bei den Russen Arbeit zu finden. „Doch dann, eines frühen Nachmittages im Februar 1947, mein Vater und ich waren allein zu Hause, fuhr ein Lastwagen vor. Bewaffnete Sowjetsoldaten sprangen herunter, drangen im Laufschritt in die Wohnung ein, durchwühlten alle Räume und nahmen meinen Vater mit … Eine knappe Woche später holten Sowjetrussen auch meine Mutter ab. Klaus und ich blieben zurück. Wir waren elternlos.“

In Litauen fanden die beiden Brüder bei deutschfreundlichen Bauern ihr Auskommen als Hütejungen. Allerdings fanden sie nur auf zwei weit von einander entfernten Höfen Aufnahme, so daß sie sich nur noch sehr selten sahen und irgendwann für immer aus den Augen verloren.

Joachim Pose schildert, wie auch das Leben der Litauer von den neuen sowjetischen Herrschern beeinflußt wurde. Private Bauernhöfe wurden Kolchosen angeschlossen, die Landwirte Arbeiter auf ihrem einstigen Familienbesitz. Arbeit für den deutschen Jungen gab es immer weniger, so daß es ihn zurück nach Tilsit zog. Mit anderen Waisenjungen stromerte er durch das Land und erlebte manche Abenteuer, die für den 14jährigen die einzige Schule waren. Erst 1951 kaum Joachim Pose mit einem Transport in die DDR.

Bis heute sitzen die Erlebnisse von damals tief. Der Autor ist frustriert darüber, daß er vom Regen in die Traufe kam, denn die DDR bot dem Halbwüchsigen nicht die Freiheit, die er endlich wollte. Zwar fand er einige Familienmitglieder wieder, seine Mutter wurde 1953 aus sowjetischer Zwangsarbeit entlassen, doch bis heute kann der Ostpreuße nicht abschließen mit seiner Zeit als sogenanntes Wolfskind, das genötigt war, in Litauen streunend von Hof zu Hof zu laufen und kein Zuhause hatte.   Bel

Joachim Pose: „Ich war ein Wolfskind! Von Pommern über Ostpreußen nach Mecklenburg …“, KSZ Verlag, Rostock, broschiert, 9,90 Euro


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