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06.09.08 / Zur Elite muß man werden / Hochschulpolitik: Exzellenz-Initiative weist zahlreiche Schwächen auf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-08 vom 06. September 2008

Zur Elite muß man werden
Hochschulpolitik: Exzellenz-Initiative weist zahlreiche Schwächen auf

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Wissenschaftsrat haben sich dahin geeinigt, daß die Exzellenzinitiative über 2011 fortgeführt werden soll, und zwar mit den drei Säulen Graduiertenschulen, Forschungscluster und Zukunftskonzepte. Nach dem Ergebnis der ersten, in zwei Etappen durchgeführten Runde werden neun Universitäten als sogenannte Eliteuniversitäten gehandelt. Dabei ist der Begriff „Eliteuniversität“ von den die Entscheidung tragenden Institutionen, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Wissenschaftsrat, nie offiziell verwendet worden. Er wurde Anfang 2004 von der damaligen Bundesministerin Bulmahn im Zusammenhang mit der Absicht ins Spiel gebracht, eine sogenannte Elite- oder Spitzenuniversität neu zu gründen. Dieser unrealistische Vorschlag hatte sich schnell erledigt, nicht aber der Begriff. Bund und Länder einigten sich schließlich, „bis zu zehn“ Universitäten besonders zu fördern. Seitdem verwenden die Medien den Begriff „Eliteuniversität“, zumal es einen ernsthaften Versuch, das praktizierte Förderverfahren mit einem eigenen, treffenderen Terminus zu belegen, seitens der Entscheidungsgremien nicht gegeben hat.

In den ersten beiden Förderstufen sind insgesamt 39 Graduiertenschulen und 37 Forschungscluster bewilligt worden. Mindestens je einmal mußte eine Universität in diesen Wettbewerben erfolgreich sein, um dann in der dritten Stufe mit einem Zukunftskonzept antreten zu können. Dabei wurde dann nicht über erbrachte Leistungen, sondern darüber befunden, welche Institutionen die schlüssigsten Anträge vorgelegt haben.

Während man gegen die Fortsetzung der Förderung der ersten beiden Vorhaben keine prinzipiellen Bedenken haben muß, begegnet die Fortführung der dritten Förderstufe nicht nur Zweifeln. Sie ist kontraproduktiv und damit falsch.

Denn niemand wird ernsthaft behaupten, daß eine der bisher ausgezeichneten Universitäten in allen vertretenen Disziplinen erstklassig ist. Und schließlich: Niemand sollte ernsthaft davon ausgehen, daß die neun mit der Marke der „Exzellenz“ dekorierten sich bis 2011 so weit von den anderen rund 85 Universitäten abgesetzt haben, daß die Kluft unüberbrückbar wird.

Wie also soll es weitergehen? Eine Möglichkeit ist, daß man sich darauf einigt, eine feste Zahl („bis zu zehn“ lautete die Einigung von Bund und Ländern) zu fixieren. Dann müßten, damit auch die Zukunftskonzepte anderer Universitäten honoriert werden können, einige von den neun „absteigen“. Eine solche Methode aber würde genau das konterkarieren, was man erreichen möchte, nämlich mittelfristig eine Positionierung einiger Universitäten unter den in der Welt führenden Einrichtungen. Damit verträgt sich nicht das Prinzip der Fußball-Bundesliga mit Auf- und Abstieg.

Sollen denn womöglich die neun Sieger oder eine kleinere Zahl besonders gepäppelt werden, um jenes Ziel zu erreichen? Will man die Fixierung festschreiben? Es dürfte wohl auch kaum durchsetzbar sein, fühlen sich doch die Universitäten im Norden und in den neuen Ländern unter Wert geschlagen. Und schließlich wachen dort Ministerpräsidenten darüber, daß ihren Schutzbefohlenen kein Leid geschieht.

Wird es also zu einer Erweiterung des Kreises der sogenannte Eliteuniversitäten kommen? Das müßte zwar nicht so weit gehen, daß jedes Land mindestens eine mit diesem Etikett hat. Aber auch eine nur moderate Ausweitung auf vielleicht insgesamt 12 bis 15 zeigt die Absurdität des Verfahrens auf. Gemessen an dem, was vor allem in der anglo-amerikanischen Welt als Elite bezeichnet wird, könnten hierzulande wohl drei bis fünf Einrichtungen mithalten, allerdings nicht beim status quo. Dann bedürfte es einer Konzentration der besten Fachvertreter an nur wenigen Plätzen. Aber der Erfolg wird nicht im Handumdrehen eintreten, und eine solche Entwicklung wäre auch zu deutlich das, was sonst vehement abgelehnt wird, nämlich eine verkappte Form der Planwirtschaft: Da werden einige Institutionen ausgewählt, finanziell bevorzugt und so in die Lage versetzt, einen natürlichen Wettbewerb außer Kraft zu setzen.

Das deutsche Universitätssystem hat seinen weltweit guten Ruf dadurch erworben, daß an unterschiedlichen Orten Exzellentes geleistet wurde. Daß sich dennoch an einigen Plätzen mehr hervorragende Wissenschaftler ansammeln als an anderen, ist kein Widerspruch. Aber dies sollte sich entwickeln und nicht durch eine Entscheidung über Zukunftskonzepte geschehen, die nichts anderes als noch nicht durchgeführte Vorhaben sind. Mittelfristig wird sich auch herausstellen, zu welchen Ergebnissen die beiden ersten Förderstufen führen. Werden die Graduiertenschulen und die Forschungsverbünde einen Zuwachs an Qualität mit sich bringen? Wo das geschieht, wird der Anschluß an die international führenden Universitäten gelingen.

Allerdings nicht durch formale Entscheidungen auf nationaler Ebene, wer „Spitze“ sein soll, sondern durch die informelle Anerkennung der Wissenschafts-Gemeinschaft.   George Turner


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