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13.09.08 / Linke spielt mit Justiz-Blockade / Stasi-Kritiker von der SPD soll keine Schöffen bestellen dürfen – Berliner Gerichten droht ab Januar Stillstand

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-08 vom 13. September 2008

Linke spielt mit Justiz-Blockade
Stasi-Kritiker von der SPD soll keine Schöffen bestellen dürfen – Berliner Gerichten droht ab Januar Stillstand

In Treptow-Köpenick können sich die Koalitionsparteien SPD und Linke nicht über die Besetzung eines der kommunalen Ausschüsse einigen, die die Gerichtsschöffen bestellen. Eine Provinzposse? Mitnichten. Dieser Streit könnte Berlins Justiz gro­ßenteils lahmlegen.

Ausgelöst wurde der Zwist durch Tom Schreiber, einen SPD-Abgeordneten aus Berlin-Treptow. Der 30jährige sollte in den Ausschuß gewählt werden, der die Schöffen auswählt, die aus seinem Bezirk kommen.

Schöffen – das sind Laienrichter, die „als Vertreter des Volkes“ neben einem studierten Juristen  über Urteil und Strafmaß mitentscheiden. Theoretisch kann jeder Berliner dazu herangezogen werden, wenn er verschiedene Voraussetzungen erfüllt. Er muß gesund sein, zwischen 25 und 70 Jahre, von keiner Stasi-Vergangenheit belastet sowie nicht vorbestraft sein und ähnliches.

Die 6000 Schöffen üben ihr Amt jeweils fünf Jahre lang aus. Die nächste Amtsperiode beginnt am 1. Januar 2009 und dauert bis Ende 2013. Sie werden aus allen Bezirken entsandt, vermischt und dann den Gerichten in ganz Berlin zugeteilt.

Eigentlich ein Routinevorgang. In Treptow-Köpenick jedoch liegen SPD und Linke im Clinch über die Besetzung des siebenköpfigen Auswahlgremiums. Sechs Personen sind gewählt, aber den siebten Kandidaten Tom Schreiber ließ die Linkspartei im Juni kalt durchfallen.

Schreiber ist den Post-Kommunisten ein Dorn im Auge, weil er sich gegen die „Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrechten und Menschenwürde“ (GBM) stark gemacht hat. Hinter diesem harmlosen Namen verbirgt sich der wohl bekannteste Stasi-Verein der Berliner Republik. In der GBM kämpfen 3000 frühere MfS-Offiziere für ihre „Rehabilitierung“ und die Anerkennung ihrer „Verdienste für den Frieden“. In der Mitgliederzeitschrift der GBM heißt es beispielsweise über Egon Krenz, er sei ein „Mann, der in schwerer Zeit große Verantwortung in der DDR trug und dafür von der kapitalistischen Klassenjustiz verfolgt wurde, aber seinen Überzeugungen treu geblieben ist.“

Schreiber zur GBM: „Die bagatellisieren und verharmlosen die DDR-Vergangenheit.“. Es sei das mindeste, ihnen nicht noch öffentliche Räume dafür zur Verfügung zu stellen. Genau das tun aber mehrere Bezirke, darunter auch Treptow-Köpenick.

Da nützte es dem SPD-Nachwuchspolitiker auch nicht, daß er den „Kampf gegen rechts“ zu seinem Spezialgebiet gemacht hat. Nur ist er eben auch gegen Linksextremisten wie die Stasi-Lobbyisten von der GBM, was ihm die Linke übelnimmt. Da sich die SPD die Macht im Bezirk mit der Linken teilt, ist eine Einigung zwischen beiden Parteien unumgänglich, um das Gremium für die Auswahl der Schöffen zu besetzen.

Doch daraus wird vorerst nichts. Die Linkspartei bleibt bei ihrer ablehnenden Haltung. Und die SPD will Schreiber wieder aufstellen, wenn die Bezirksver­ordnetenversammlung am 25. September zusammentritt. Sollte der Kandidat dann noch einmal durchfallen, könnte das unabsehbare Folgen haben.

Die Schöffen aller Berliner Gerichte könnten unrechtmäßig gewählt worden sein, wenn das Auswahlgremium in Treptow-Köpenick nicht ordnungsgemäß zusammengesetzt war. Folge: „Jeder Strafverteidiger kann dann mit todsicherem Erfolg eine Verurteilung seines Mandanten anfechten, wenn die Zusammensetzung der Schöffen bei Gericht nicht gesetzmäßig war“, fürchtet Justizstaatssekretär Hasso Lieber (SPD).

Laut Gesetz darf die Untersuchungshaft eines Angeklagten nicht ohne triftigen Grund länger als sechs Monate dauern. Hat er bis dahin kein Urteil bekommen, ist er freizulassen. Wegen Schöffenmangels also könnten ab nächstem Jahr Schwerverbrecher ohne Urteil in Freiheit gelangen.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) geht derweil in Deckung, will den Streit nicht weiter anheizen. Auch seine Parteifreunde sind bemüht, diese Posse möglichst still beizulegen. Beobachter fürchten daher, daß die SPD ihren Kandidaten als Verbeugung vor den Dunkelroten zurückpfeifen könnte – womit sich die Linkspartei durchgesetzt hätte.             Markus Schleusener


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