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13.09.08 / Wohin mit dem Müll? / Problematisch sind vor allem die hochradioaktiven Abfälle

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-08 vom 13. September 2008

Wohin mit dem Müll?
Problematisch sind vor allem die hochradioaktiven Abfälle

Der Fahrstuhlführer hat Humor: Erstes Untergeschoß – Uran, Plutonium, Cäsium. Trotzdem steigen wir aus. 510 Meter unter der Erde empfängt uns diffuses Licht, das es schwer macht, die Dimensionen der in den Salzstock geschnittenen Halle zu beziffern.

Und da stehen sie, die 200-Liter-Fässer mit dem Warndreieck: Radioaktiv! Sie enthalten mittelaktive Abfälle, die hier von 1972 bis 1978 eingelagert wurden. Laut Definition der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) müssen sie einzeln abgeschirmt werden. Zum Teil enthalten sie auch spaltbares Uran 235 und Plutonium, jedoch nur in geringen Mengen und untrennbar vermischt mit anderem Material. Die schwachaktiven Abfälle lagern in bis zu 750 Meter Tiefe in Fässern zwischen 100 und 400 Liter. Ihre Strahlendosis ist so gering, daß sie nicht zusätzlich abgeschirmt werden müssen. Allerdings ist ihre Halbwertzeit (also die Zeit, bis die Strahlung auf die Hälfte abgeklungen ist) deutlich länger als die der mittelaktiven Abfälle (zirka 300 Jahre). Beiden Kate­gorien gemeinsam ist, daß sie im Gegensatz zu hochaktivem Material keine nennenswerte Strahlungswärme entwickeln.

Dem mulmigen Gefühl, das einen beim Anblick dieser Atommüllfässer im fahlen Licht des Salzstockgewölbes überkommt, kann sich niemand entziehen. Am Ausgang erfolgt sicherheitshalber eine Messung, mit dem beruhigenden Ergebnis: keine Strahlenbelastung. Dies und die detaillierten Informationen durch den Betreiber des Versuchslagers Asse II bestätigen: Hier gibt es keinen Anlaß zu Angst und Panikmache. Wohl aber zu größtmöglicher Sorgfalt, Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewußtsein. Dies um so mehr, wenn es um die Lagerung hochaktiver Abfälle aus Kernkraftwerken geht. Um die Relationen zu verdeutlichen: Die gesamte in Asse II in über 125000 Behältern eingelagerte Radioaktivität (nahezu 5 x 1015 Becquerel) entspricht dem Strahlungspotential von nur einem Kubikmeter abgebrannter nuklearer Brennelemente.

In einem mittelgroßen Kernkraftwerk fallen pro Jahr an die 50 Kubikmeter hochaktive Abfälle an. Durch Wiederaufarbeitung, etwa im französischen La Hague (Normandie), läßt sich diese Menge auf sieben Kubikmeter reduzieren. Doch bleibt nach fast 50 Jahren Atomenergienutzung in derzeit 17 deutschen Kraftwerken ein gigantisches Problem: Wohin mit dem Müll? Wie und wo wäre er für eine Million Jahre sicher?

In Asse II wurde und wird mit schwach- und mittelaktiven Stoffen geforscht; ein Teil der Ergebnisse läßt sich auf den hochaktiven Bereich übertragen. Seit 1979 konzentrierte sich die Suche auf einen Salzstock beim niedersächsischen Gorleben. Ebenfalls im Gespräch ist die frühere Eisenerzgrube Schacht Konrad bei Salzgitter.

Die rot-grüne Bundesregierung brachte diese Aktivitäten aus politisch-ideologischen Gründen aber weitestgehend zum Erliegen. Denn ohne Lösung der Endlagerungsfrage ist ein Ausstieg aus dem Atomausstieg nicht durchzusetzen, da sind sich Sigmar Gabriel auf der Regierungsbank und der oppositionelle Jürgen Trittin völlig einig.                      H.J.M.


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