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13.09.08 / Zerrissen zwischen West und Ost / Streit um die Haltung im Kaukasuskonflikt spaltet das ukrainische Regierungsbündnis

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-08 vom 13. September 2008

Zerrissen zwischen West und Ost
Streit um die Haltung im Kaukasuskonflikt spaltet das ukrainische Regierungsbündnis

Wenige Tage vor dem EU-Ukraine-Gipfel im französischen Evian, auf dem über eine langfristige Aufnahme des Landes in die Europäische Union beraten wurde, löste der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko die Koalition des Regierungsbündnisses zwischen seiner Partei „Unsere Ukraine“ und dem Block „Julia Timoschenko“ auf.

Den Grund für das erneute Zerwürfnis zwischen der Regierungschefin Timoschenko und Präsident Juschtschenko lieferte ein parlamentarischer Beschluß vom 2. September, mit dem eine Reihe von Gesetzen durchgesetzt wurde, die die Vollmachten des Präsidenten einschränken. Diese Änderungen hatte Timoschenko mit Unterstützung der Kommunisten und der „Partei der Regionen“ durchgedrückt. Hintergrund ist ein Streit über die Haltung Timoschenkos im Kaukasuskonflikt. Weil sie über Georgien schwieg und gegenüber Rußland zur Mäßigung in der Schwarzmeerflotten-Stationierung auf der Krim riet, warf Juschtschenko der Regierungschefin Hochverrat vor.

De facto ist die Regierungskoalition schon seit Juni dieses Jahres handlungsunfähig. Zu diesem Zeitpunkt verließen zwei Abgeordnete der Koalition das Parlament und brachten damit ihre Regierung um die Mehrheit. Seit der letzten Wahl 2006 verfügte das Regierungsbündnis Timoschenko/Juschtschenko über eine dünne Mehrheit von lediglich einer Stimme. Die politische Pattsituation spiegelt die Zerrissenheit des Landes insgesamt wider: Die Ukraine droht in einen pro-westlichen Teil im Westen des Landes mit mehrheitlich ukrainisch- oder polnischstämmiger Bevölkerung und einen pro-russischen Teil im Osten und Süden des Landes mit überwiegend russischstämmiger Bevölkerung auseinanderzubrechen. Neben dem Nationalitätenproblem stören ständige Streitigkeiten mit Rußland um den Status der Krim und die Stationierung der Schwarzmeerflotte im Hafen von Sewastopol den politischen Frieden. Die Krim, auf der ein Völkergemisch lebt, blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Stalin ließ die auf der Halbinsel beheimateten Krimataren 1944 nach Zentralasien deportieren. Sie durften erst 1968 auf die Krim zurückkehren. Einst Autonome Sozialistische Sowjetrepublik, wurde die Halbinsel 1954 in der Regierungszeit Chruschtschows an die Ukraine übertragen. Konflikte gab es vor allem zwischen Russen und Krimtataren. Aktuell werden russischstämmige Bewohner von der Regierung in Kiew nicht selten wie Bürger zweiter Klasse behandelt, sie werden gezwungen, ukrainische Pässe anzunehmen und ukrainisch zu sprechen. Weil Rußland nun begonnen hat, russische Pässe auf der Krim zu verteilen, beschuldigt der ukrainische Außenminister Wladimir Ogrysko Rußland, die Hände nach der Krim auszustrecken. Die Parallele zum Kaukasus sei offensichtlich.

Ein Großteil der Bevölkerung, vorwiegend im Osten der Ukraine, ist gegen einen Beitritt ihres Landes in EU und Nato und für eine Annäherung an Rußland. Gerüchten zufolge könnte es im Dezember Neuwahlen in der Ukraine geben. Angesichts der instabilen Situation in der Ukraine bleibt die EU bei ihren Vorbehalten gegen einen baldigen Beitritt des Lan-des.             Manuela Rosenthal-Kappi


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