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13.09.08 / Eine stumme Partei ist eine dumme Partei!

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-08 vom 13. September 2008

»Moment mal!«
Eine stumme Partei ist eine dumme Partei!
von Klaus Rainer Röhl

Als der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck im letzten „Spiegel“-Interview mit der Frage konfrontiert wurde, was er von dem neuesten Links-Ruck seiner Partei halte, da rutschte dem immer betulich wirkenden 65jährigen der Satz heraus: „Eine stumme Partei ist eine dumme Partei.“ Ein seltsamer Spruch, aufgestiegen direkt aus dem Unbewußten. Vermutlich wollte der Fraktionschef irgendwas in der Art sagen wie: „Wir in der SPD bewegen uns wenigstens, dis-kutieren und haben Kontroversen und sind nicht gleichmacherisch wie die anderen!“, aber rausgerutscht war ihm das mit der dummen Partei, und „Spiegel“-Redakteure sind ja bekanntlich grausam: Gesagt ist gesagt, Tonband ist Tonband, und wenn er den verräterischen Ausrutscher rausgestrichen hätte – das kann man bei „Spiegel“-Gesprächen durchaus –, dann hätten sie ihn erst recht beim Kanthaken gehabt. Deswegen blieb die Stelle mit der dummen Partei drin. Alles dumm gelaufen? Weil bei der SPD jetzt immer die Linke mitmischt?

Die Wähler, eröffnete der „Spiegel“-Reporter gleich zu Anfang das Interview, fühlen sich heute zu 34 Prozent links. Anfang der achtziger Jahre waren es erst 17 Prozent. Müßte die Genossen ja eigentlich freuen. Die Gesellschaft fühlt links, aber nur noch 30 Prozent der Bürger glauben, die SPD kümmere sich um die Belange der kleinen Leute. Daran ändert auch die am Wochenende vorschnell verkündete Kanzlerkandidatur von Steinmeier nichts. Sie laufen scharenweise zu Lafontaine über. Dessen Partei liegt in den Umfragen bei 15 Prozent. In der letzten Sonntagsfrage bei 13 Prozent. Und was ist mit der Linken, in der immer noch, niemals verarbeitet, die gute alte KPD steckt wie die Puppe in den Puppen, später zwangsvereint zur SED, umgetauft zur PDS, abermals umgetauft zu Gysi-Lafontaines Links-Partei? Wodurch unterscheidet sie sich von der einen Hälfte der SPD, den Linken? Wenig. Es ist ein Glaubensproblem. Wie eine Religion mit zwei Leitfiguren. Wie Schiiten und Sunniten, wie Katholiken und Orthodoxe. Mit einem Volk und den Hohepriestern, den Hauptamtlichen, den Funktionären. Die glauben, seit Marx und Engels schon, die Weisheit mit dem Löffel gegessen zu haben, und fühlen sich eigentlich wie eine andere Klasse, eine andere Liga, eine Oberschicht mit besonderen Pflichten, aber auch ganz anderen Rechten. Hier die Führer, die Intellektuellen, die Bescheid wissen, und da das Volk, das Hilfe braucht, aber nicht richtig weiß, wo es langgeht, und da die Führer, die wissen, wie es weitergehen soll. Die Kommunisten sagten es früher schon mal direkter – und poetischer: „Das Rad der Geschichte dreht sich, getrieben von dem Proletariat – unter Führung der Kommunisten!“ So Georgi Dimitrow, Sprecher der „Internationale“, 1935 vor dem Reichstagsbrand-Prozeß in Leipzig.

So einfach war das vor Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat. Wenn man nur daran glaubte. So war es vor vielen Jahren und es soll wieder so werden. Jedenfalls im Saarland, dem Stammsitz von Lafontaine. Dort schickt sich die Linke an, die dort traditionell starke SPD zu überholen! Die Wirtschaft stagniert, die Preise steigen. „Bild“ heizt noch kräftig an („Professor behauptet: 132 Euro Hartz IV sind genug!“), die Volksseele kocht, und die Kommunisten kochen ab. Zwei Drittel der hessischen Wähler mißtrauen dem Experiment einer Linksregierung und halten es für das größte Problem der SPD, „daß Andrea Ypsilanti in Hessen die Glaubwürdigkeit der ganzen SPD aufs Spiel setzt“ (sehr groß 39 Prozent, groß 32 Prozent, Umfrage infratest dimap), und dennoch wird die Zusammenarbeit mit der Linken angestrebt. Es gilt das gebrochene Wort. Und weder der neue Kanzlerkandidat Steinmeier noch der munter und frisch nach dem Tod seiner Frau aus dem Altenteil geholte Müntefering können an dem Spiel mit der Linken etwas ändern. Oder wollen sie es gar nicht?

Im Grunde halten beide Parteien den Wähler für dumm. Jedenfalls verachten sie ihn oder unterschätzen ihn als eine „zu vernachlässigende Größe“. Stimmen ja, mitbestimmen nie. Da fällt mir ein Brief aus meiner heroisch-sozialistischen Jugend von 1955 ein. Er kam von Kurt Hiller. Die meisten werden seinen Namen nicht mehr kennen, müssen Sie auch nicht, aber Kurt Hiller war auch Sozialist, sogar ein sehr angesehener, er war in der Weimarer Republik einer der wichtigsten Links-Intellektuellen, Mitarbeiter der „Weltbühne“ von Ossietzky und Tucholsky. Der arbeitete damals mit uns zusammen. Und es stand die Bundestagswahl von 1957 bevor. Da schrieb mir unser streitbarer und unnachsichtig scharf und brillant formulierender Autor, der mit den Großen der Sozialdemokratie auf gleicher Augenhöhe verkehrt hatte und nun eine Führungsfigur des „Neusozialistischen Bundes“ war, der Gedanke sei ihm unerträglich, daß er bei der Wahl nur die gleiche Anzahl Stimmen hätte wie seine Hamburger Putzfrau! Das war seine Auffassung von Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit. Es war kein Witz, es war nur ehrlich.

Sie verachten das Volk, das sie gewählt hat. Und die Leser, die ihre linksliberalen Blätter durch ihren Beitrag finanzieren. Wie die „Süddeutsche Zeitung“, die offen mit den Linken in der SPD und klammheimlich gern auch mit Ypsilanti und Lafontaine sympathisiert: Schaffen sie es, schaffen sie es nicht? Links, wo das Herz sitzt! Auch bei der Beurteilung des Terrorismus kann man ganz demokratisch links sein. Da hatte der Bundespräsident Horst Köhler doch wahrhaftig das „Gnadengesuch“ des zu fünfmal lebenslänglicher Haft verurteilten RAF-Mörders Christian Klar abgelehnt! Das rief den Kommentator der „Süddeutschen“, Hans Werner Kilz, auf den Plan. Alle, die dem Präsidenten helfen wollten, schwiegen jetzt aus Verblüffung – oder aus Zorn. Der Präsident hätte sozusagen alles verpatzt, und nun seien „die Besiegten zu besichtigen“, und der „Terrorist Christian Klar, der seit 24 Jahren sitzt und offenbar nicht bereut, muß nun die Monate, die ihm der Präsident gnädig hätte schenken können, absitzen“. Moment mal! Das hörte sich ja an, als wenn Klar wegen Köhler einsitzt und nicht wegen neunfachen Mordes und elffachen Mordversuchs.

„Journalismus ist Agitation mit Tatsachen!“ Wer hat das gesagt? Das ist schon mindestens eine 5000 Euro-Frage. So jedenfalls macht man das.

Es sei falsch, daß Köhler die Begnadigung abgelehnt habe, weil eine Mehrheit des Volkes dagegen gewesen sei, schreibt Kilz. Und zählt Beispiele auf, und da läßt er die Katze aus dem Sack, wo das Volk nicht immer entscheiden dürfe: In der Ausländerfrage, bei den illegalen Zuwanderern und dem durch die Hintertür eingeführten „Bleiberecht“. Und fährt fort: „Die gewählten Volksvertreter erlauben sich eine liberalere Haltung als das Volk. In diesem Sinne ist die CSU also eine echte Volkspartei, denn sie spricht mit der ‚vox populi‘“. Das aber heiße, hier zitiert Kilz den Dauergegner der „Süddeutschen“, Franz Josef Strauß, vox Rindvieh. Der Bundespräsident sei dem Druck der „Rechten“ (in der CDU, versteht sich) erlegen, schrieb Kilz und nannte Köhler einen „Volkspräsidenten“, offenbar die schlimmste Beschimpfung, die unsere linksliberale Leitkultur erfinden konnte: „Sie Volkspräsident, Sie!“

Halten wir fest, daß hier Volkspartei und Volkspräsident in ziemlich herabsetzender Absicht so bezeichnet werden.

Die volksverhetzende und menschenfeindliche Verachtung der kleinen Leute. Ist sie am Ende gar nicht so volksverhetzend oder böswillig – sondern nur ein bißchen dumm? Ist vielleicht links = dumm?

Das obige Zitat über Journalismus und Agitation ist übrigens von Lenin.

Röhl Homepage www.Klausrainerröhl.de


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