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20.09.08 / Lummer gesucht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-08 vom 20. September 2008

Lummer gesucht
von Harald Fourier

Heinrich Lummer konnte sich nie allein mit einem Freund in eine Kneipe setzen. Auch nach seinem Ausscheiden aus der Politik kamen immer noch Gäste an den Tisch des legendären Berliner Innensenators und schüttelten ihm die Hand. „Herr Lummer, danke für alles, was Sie für Berlin getan haben“, sagten sie oder baten um ein Autogramm. Darauf angesprochen murmelte er nur zufrieden: „Man hat seinen Fanclub.“

Lummer meinte das nicht von oben herab. Er hat die Unterstützung durch die Berliner genossen. Das Schulterklopfen war für ihn die Bestätigung, daß er es richtig gemacht hatte. Viele Berliner CDU-Anhänger meinen heute: So einen wie Lummer, den bräuchten wir heute.

Der mittlerweile 76jährige hatte sich die Bodenständigkeit seiner Heimat, dem Ruhrpott, mit an die Spree genommen, wo er besonders den „kleinen Mann“ begeisterte. So war Lummer entscheidend daran beteiligt, das einst stramm rote Berlin für die Union zu gewinnen. Bis in die Brandt-Ära regierte die SPD West-Berlin mit Mehrheiten oberhalb der 50-Prozent-Marke, die CDU dümpelte bei 30. In Berlin war die CDU anfangs sogar schwächer als die Liberalen.

Das änderte sich im Laufe der 70er Jahre, als sich die SPD von ihrem klassischen Kleine-Leute-Milieu immer weiter entfernte und zur Beamten- und Lehrerpartei mutierte. Die CDU erkannte die Chance und mobilisierte die einstige SPD-Klientel für sich. Schon 1981 war es die Union, die die absolute Mehrheit anpeilte.

Diese CDU war keine „liberale Großstadtpartei“. Sie gewann die Massen für sich, weil die SPD so verfilzt war, daß die Wähler nach einer Alternative suchten. Und die CDU hatte mit Heinrich Lummer einen begnadeten Volkstribun, der witzig und schlagfertig die Sympathie der Berliner eroberte. „Mit dem wäre ich gerne mal ein Bier trinken     gegangen“, diesen Satz würden wohl die  meisten Berliner unterschreiben, die sich noch an den aktiven Politiker Lummer erinnern. (Er hat sich aus gesundheitlichen Gründen weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.)

Solch persönliche Sympathie kann in der Politik viel bewegen, und vor allem an der Wahlurne sogar den Widerstand der Medien überwinden, die Lummer ganz überwiegend gegen sich hatte. George Bush ist auf diese Weise zweimal US-Präsident geworden – auch gegen ablehnende Medien und gegen die liberalen Ostküsten-Intellektuellen.

Wenn die neue CDU-Führung um Fraktionschef Frank Henkel zurück an die Macht will, dann muß sie sich ebenso auf ihre Basis besinnen und an die Bürger herantreten wie damals in den 70er Jahren. Das dürfte sie beträchtlich weiter bringen als die Phantomdiskussion um die „moderne, liberale Großstadtpartei“.


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