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20.09.08 / Kompositionen von Mozart bis Matthus / Mehr als 22000 Besucher sahen bei Kammeroper Schloß Rheinsberg – Opernwerkstatt gibt Ausblick auf 21. Jahrhundert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-08 vom 20. September 2008

Kompositionen von Mozart bis Matthus
Mehr als 22000 Besucher sahen bei Kammeroper Schloß Rheinsberg – Opernwerkstatt gibt Ausblick auf 21. Jahrhundert

Zu den beliebten Festivals in Brandenburg zählt die von dem Ostpreußen Siegfried Matthus 1991 ins Leben gerufene Kammeroper Schloß Rheinsberg. Junge Sänger aus aller Welt bemühen sich um eine Teilnahme, die einen Sprung auf die Karriereleiter bedeutet.

Mit einem Besucherrekord beendete die Kammeroper Schloß Rheinsberg ihren 18. Festivalsommer. 22 300 Besucher erlebten die 34 jungen Sänger aus 16 Ländern in Rheinsberg und bei Gastspielen unter anderem in Berlin und in Chorin. 26 Aufführungen und Konzerte fanden in Rheinsberg statt, darunter erstmals die Rheinsberger Sängernacht. Die vorhandenen Plätze waren zu 90 Prozent ausgebucht.

Festivalgründer und -Chef Siegfried Matthus hatte dabei einen Spielplan präsentiert, der auf große künstlerische Vielfalt setzte. Es begann mit Belcanto von Bellini in der konzertanten Aufführung der Oper „I Capuleti e i Montecchi“. Drei Operngalas folgten im Schloßhof, der nach langjähriger Restaurierung erstmals wieder als Spielstätte zur Verfügung stand. Eine Rarität bot das Festival im Schloßtheater mit Boieldieus „Weißer Dame“ und einer sich anschließenden nächtlichen Parkwanderung mit Spukgestalten aus verschiedenen Opern. Alle sechs Aufführungen dieser Oper waren restlos ausverkauft.

Erstmals stand eine „Rheinsberger Sängernacht“ auf dem Programm. Acht Stunden Musik warteten auf den Musikfreund. Die lange Sängernacht begann an einem warmen Sommerabend um

18 Uhr. An verschiedenen lauschigen Plätzen im Park erklangen Arien – gesungen von den jungen Solisten der Kammeroper. In historischen Kostümen wandelte die Theatergruppe Blankensee auf den Wegen des Schloßparks. Vielleicht war das vor gut 250 Jahren so ähnlich, wenn der Kronprinz Friedrich und später sein Bruder Heinrich ihre Theaterfeste im Park feierten.

Im Schloßtheater erlebten die heutigen Gäste dann mit „Visionen – Gesänge zu Dantes Göttlicher Komödie“ modernes Musiktheater. Kompositionen von Scarlatti bis Matthus waren zu hören. Danach mußte man sich entscheiden zwischen Kantaten des Barock im Spiegelsaal des Schlosses und Schumanns „Myrthen“ in der St. Laurentiuskirche.

Mittlerweile war es später Abend geworden. Die Dunkelheit senkte sich über den Grienerick-see. Auf drei Fahrgastschiffen lauschten die Besucher Abendliedern, die vom Ufer aus erklangen. Um zwei Uhr in der Nacht wurde es dann unheimlich, als schottische Schauerballaden, komponiert von Siegfried Matthus und gesungen von zwei Weltstars – den Countertenören Jochen Kowalski und Axel Köhler – zu hören waren. Natürlich waren auch deren junge Kollegen der Kammeroper mit von der Partie. Die Sängernacht soll Tradition werden, allerdings in kürzerer Version.

Noch einmal gab es Musik von Siegfried Matthus – beim musikalisch-literarischen Abend zum Thema „Peter Hacks und die Oper“. Der bedeutende Dramatiker, Essayist und auch Librettist Peter Hacks wäre in diesem Jahr 80 Jahre alt geworden. Er schrieb die Libretti zweier Matthus-Opern „Noch ein Löffel Gift, Liebling?“ und „Omphale“. Aus diesen Opern erklangen Ausschnitte, und Michael Grosse las aus dem Hacks-Essay „Geschichte meiner Oper“. Witz, Sarkasmus und unglaubliche Aktualität machen diesen Text aus den 70er Jahren aus.

Schließlich verwandelte sich das Heckentheater im Schloßpark in den Palast für Mozarts Singspiel „Die Entführung aus dem Serail“. Leider spielte hier das Wetter nicht immer mit, so daß mehrmals in die neue Siegfried-Matthus-Arena im Hafendorf ausgewichen werden mußte. Mozart und den zauberhaften jungen Stimmen tat das keinen Abbruch.

Mehr als 550 jungen Sängern aus aller Welt hat die Kammeroper in den 18 Jahren ihres Bestehens schon die Chance gegeben, sich in Rheinsberg zu präsentieren, von hier ihre Karriere zu starten. An allen großen Opernhäusern sind „Rheinsberger Sänger“ mittlerweile im Engagement. Viele  bleiben dem Festival verbunden. In diesem Sommer war es der Tenor Marco Jentzsch, der ein Benefizkonzert zugunsten seiner jungen Kollegen gab. Dabei ist er selbst noch jung in diesem Beruf. Vor gerade einmal fünf Jahren hatte er in Rheinsberg sein Bühnendebüt. Im kommenden Jahr wird er als Wagner-Sänger an der Oper Köln debütieren.

Wie klingen Opern des 21. Jahrhunderts? Antworten auf diese Frage gibt die Kammeroper mit ihrer Rheinsberger Opernwerkstatt, die nun zum dritten Mal stattfand. Fünf Szenen junger Opernkomponisten aus Deutschland und Südkorea wurden aufgeführt. Unterschiedliche Themen, ganz verschiedene musikalische Handschriften – das waren zwei interessante Opernabende im Schloßtheater. Dabei hat sich Thomas Bartel mit einer Szene aus seiner entstehenden Oper „Michael Kohlhaas“ schon einmal nachdrücklich für das Kleist-Jahr 2011 empfohlen.

Für die kommende Saison hat Festivalchef Siegfried Matthus erneut große Pläne. Erstmals wird eine Wagner-Oper in Rheinsberg zu hören sein – „Das Liebesverbot“ in einer konzertanten Aufführung. Brittens „The Rape of Lucretia“ ist für das Schloßtheater geplant. In einer Koproduktion mit der St. Petersburg Oper soll Tschaikowskys „Eugen Onegin“ im Heckentheater aufgeführt werden.        Ute Schindler

Foto: Entführung aus dem Serail in Rheinsberg: Die Zofe Blonde (Mia Heikkinen) hat Osmin (Florian Spiess) etwas Wichtiges mitzuteilen.


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