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20.09.08 / Mit James Cook die Südsee entdeckt / Der Westpreuße Georg Forster gilt als Begründer der wissenschaftlich-künstlerischen Reisebeschreibung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-08 vom 20. September 2008

Mit James Cook die Südsee entdeckt
Der Westpreuße Georg Forster gilt als Begründer der wissenschaftlich-künstlerischen Reisebeschreibung

Längst hat der Tourismus den Pazifik erreicht. Noch vor gut 200 Jahren sah das ganz anders aus. Große Teile des Pazifiks und seiner Inseln waren weiße Flecke auf der Landkarte.

Als James Cook (1728–1779) bei seinen Reisen um die Welt bisher unbekannte Gefilde entdeckte, ahnte er noch nicht, daß Jahrhunderte später unzählige Touristen auf seinen Spuren wandeln würden, selbst auf abgeschieden gelegenen Inseln. Leider erst im kommenden Jahr werden in der Bonner Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland die von dem englischen Seefahrer und Entdecker James Cook mitgebrachten ethnographischen und naturhistorischen Objekte aus den verschiedensten pazifischen Kulturen zum erstenmal wieder zusammengeführt. Zuvor waren sie Ende des 18. Jahrhunderts in frühen völker- und naturkundlichen Sammlungen in ganz Europa verstreut. Umso erfreulicher ist es, daß schon jetzt die Aufzeichnungen von Georg Forster zu lesen sind, der Cook gemeinsam mit seinem Vater Johann Reinhold auf seiner zweiten Reise (1772–1775) in die Südsee begleitete.

Alexander von Humboldt nannte Georg Forster seinen Lehrer und Freund; Bruder Wilhelm schrieb 1789 über ihn: „Denn nur sehr wenige haben gesehen, was er gesehen hat, und diese wenigen, wie zum Beispiel sein Vater, haben nicht das glückliche Genie, den philosophischen Geist.“ Die Brüder Humboldt und Georg Forster einte das gemeinsame Interesse – einmal an der Naturwissenschaft, zum anderen an der Geisteswissenschaft – mit dem Unterschied, daß Forster beides in einer Person vereinigte.

In der breiten Öffentlichkeit ist dieser vielseitige Mann heute vergessen, doch in Fachkreisen genießt er nach wie vor hohes Ansehen. So gibt es in Kassel eine Georg-Forster-Gesellschaft, und 1991 wurde an der Mainzer Universität eine „Georg-Forster-Forschungsstelle für Geschichte der Ethnologie und der Europäisch-Übersee-ischen-Beziehungen“ ins Leben gerufen. Im Gotischen Haus des Wörlitzer Parks, Kreis Gräfenheinichen, findet sich eine Sammlung von Gegenständen, die Forster aus der Südsee mitgebracht hat, und eine Reihe seiner Werkausgaben.

Johann Georg Forster wurde am 27. November 1754 in Hochzeit bei Danzig geboren. Im Pfarrhaus Nassenhuben bei Danzig wuchs er auf, dort unterrichtete ihn sein Vater Reinhold, der am 22. Oktober 1729 in Dirschau das Licht der Welt erblickt hatte. Reinhold, der am liebsten Arzt geworden wäre, beschäftigte sich auch als Pfarrer mit naturwissenschaftlichen Studien und unterrichtete seinen Sohn Georg ebenfalls eingehend in diesen Fächern. Gemeinsam durchstreiften sie die Umgebung der Weichselniederung, als seien sie auf einer wissenschaftlichen Expedition in fernsten Ländern.

1765 machten sich Reinhold und Georg Forster auf nach Rußland. Der Vater hatte das Angebot der Regierung angenommen, die Lage der deutschen Kolonisten an der unteren Wolga zu untersuchen. Das Gehalt eines Pfarrers war knapp, und die Familie wuchs. An der Wolga sprach Forster mit den Deutschen über ihre nicht gerade rosige Situation, aber auch die Wissenschaft kam nicht zu kurz: „Überall wurden der Boden, die Gewächse und Thiere der Gegenden, nebst dem Clima und dessen Einfluß auf Menschen, Thiere, Pflanzen und Producte untersucht“, erinnerte sich der Sohn.

Reinholds Aktivitäten wurden jedoch nicht ausreichend anerkannt, darüber hinaus verlor er seine Pfarrstelle in Nassenhuben, und so machte er sich weiter auf nach England. Auch dort war der als starr- und eigensinnig beschriebene Mann wirtschaftlich nicht sehr erfolgreich, um so freudiger stimmte er dem Angebot zu, James Cook auf seiner zweiten Weltreise als Naturwissenschaftler zu begleiten.

Sohn Georg kam mit, als die „Resolution“ am 13. Juli 1772 die Segel setzte und es in Richtung Südsee ging. Drei Jahre und 18 Tage war man unterwegs, um unter heute kaum vorstellbaren Bedingungen, die weißen Flecke auf der Landkarte mit Farbe zu füllen, sprich, neue Länder und ihre Menschen zu erkunden. Resultat der 300000 Kilometer langen Reise: 270 neu entdeckte Pflanzen und 241 Tiere: 13 Säuger, 139 Vögel, acht Amphibien, 72 Fische und neun Weichtiere (Mollusken).

Wieder einmal machte der Starrsinn Forster dann einen Strich durch die Rechnung. Er hatte gehofft, ein Buch über seine Reiseerlebnisse herausgeben zu können, überwarf sich aber mit der Admiralität, die ihm verbot, seine Erkenntnisse zu veröffentlichen.

1777 holte dies Sohn Georg nach, der eigentlich nur mitgefahren war, um bisher unbekannte Flora und Fauna in der Südsee bildlich zu dokumentieren. Er legte in englischer Sprache seine Erlebnisse dieser Fahrt unter dem Titel „Reise um die Welt“ vor; zwei Jahre später erschien die deutsche Übersetzung. Seitdem gilt Georg Forster als Begründer der wissenschaftlich-künstlerischen Reisebeschreibung.

Über Kassel und Wilna gelangte Forster schließlich nach Mainz, wo er als kurfürstlicher Bibliothekar wirkte, bis er begann, sich politisch zu engagieren. Als begeisterter Anhänger der Französischen Revolution war Forster Vizepräsident im rheinisch-deutschen Nationalkonvent und ging als dessen Deputierter nach Paris, um die Vereinigung des Rheinlandes mit Frankreich anzubieten. Daraufhin wurde er in die Reichsacht erklärt.

Georg Forster starb einsam und verlassen am 10. Januar 1794 im Alter von 39 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls in Paris. Vater Reinhold wurde schließlich als Professor für Naturgeschichte an die Universität von Halle berufen; dort starb er am 9. Dezember 1798.    Silke Osman

 

Prächtige Neuausgabe von Forsters »Reise um die Welt«

Der Schriftsteller Christoph Martin Wieland (1733–1813) bezeichnete Forsters „Reise um die Welt“ als „eines der merkwürdigsten Bücher seiner Zeit“. So weit Georg Forster auch gereist ist, überall erforschte er das soziale Verhalten der Menschen und beschrieb es später meisterhaft. Noch heute begeistern seine glanzvollen Schilderungen fremder Kulturen die Leser. Zeichnen durfte er die Menschen und die Landschaft nicht, dafür war eigens ein Landschaftsmaler, der Engländer William Hodges, engagiert worden.

Ursprünglich war Georg nicht mit auf die Reise gegangen, um später in Buchform zu berichten, sondern um Zeichnungen der neu entdeckten Tier- und Pflanzenarten zu fertigen. Die 301 botanischen und 271 zoologischen Zeichnungen seines Sohnes verkaufte Reinhold dann aber für 400 Pfund an Sir Joseph Banks. Der hätte an der zweiten Reise  teilnehmen sollen, hatte sich jedoch mit Cook überworfen. Und so erschien Forsters Buch zunächst ohne Abbildungen. Außerdem hatte er etwa 30 Deckfarbengemälde geschaffen, die für den englischen König Georg III. bestimmt waren, von diesem aber zurückgewiesen wurden. Über Johann Wolfgang von Goethe gelangten sie 1780 zu Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha und Altenburg. Sie haben sich vollständig in der Forschungsbibliothek Gotha erhalten.

Die Zeichnungen wiederum gelangten nach Banks Tod 1827 ins British Museum in London, dann 1851 ins neu errichtete Natural History Museum. Aus diesem Fundus hat nun der Frankfurter Eichborn Verlag für das Buch „Georg Forster, Reise um die Welt“ (648 Seiten, Leinen, 99 Euro) in seiner Reihe „Die andere Bibliothek“ eine Auswahl treffen können. Entstanden ist eine bibliophile Kostbarkeit.

Wer lieber zu einem kleineren und preisgünstigeren Format greift, der findet Forsters „Reise um die Welt“ auch als Insel-Taschenbuch 757 (1040 Seiten, brosch., 17 Euro). Und wer die dramatische Lebensgeschichte Georg Forsters noch einmal genau nachlesen möchte, der kann sich von Alois Prinz „an die Hand nehmen“ lassen, um den Spuren des Westpreußen unter dem Motto „Das Paradies ist nirgendwo“ zu folgen (Insel Taschenbuch 3353, 249 Seiten, brosch., 9 Euro).          os

Foto: Vater und Sohn Forster in Neuseeland: Kolorierter Holzstich nach einem Gemälde von John Francis Rigaud, das zunächst mit Tahiti in Verbindung gebracht wurde. Neue Forschungen ergaben jedoch, daß die dargestellten Vögel und Pflanzen aus Neuseeland stammen. Rechts ein Weißkopfliest von den Kapverden


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