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20.09.08 / Junge wird zum Held / Sohn eines Kesselflickers rettet nach Böhmen Entführte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-08 vom 20. September 2008

Junge wird zum Held
Sohn eines Kesselflickers rettet nach Böhmen Entführte

Auch Erwachsene nehmen gern einmal ein Märchenbuch zur Hand, und dies keinesfalls nur, wenn sie Kindern etwas vorlesen sollen. Denn die einfach strukturierten, parabelhaften Geschichten von guten und bösen Menschen, Feen und Zwergen, von Schätzen in einem Zauberberg und was die Menschen bereit sind, dafür zu riskieren, haben bei jedem in der Kinderzeit einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen. Trost, Weisheit und Lebenserfahrung stecken darin.

Wie ein Märchen mutet die Erzählung „Der Sohn des Kesselflickers“ des Lehrers und Heimatforschers Heinz-Lothar Worm an. Doch der Handlung, die in den ersten beiden Dekaden des 19. Jahrhunderts während der sogenannten Franzosenzeit in der Gegend von Ems spielt, liegt offenbar tatsächlich eine ungewöhnliche Lebensgeschichte zugrunde. Der nassauische Volksschriftsteller Ottokar Schupp, ein Spezialist für biographische Literatur, hat den Stoff bereits 1876 in einer Erzählung verarbeitet. Worms Erzählton ist angelehnt an die Sprache des 19. Jahrhunderts, unbenommen all der Redewendungen, die auf das 21. Jahrhundert verweisen. Manchmal wirkt dieser Stil allerdings etwas betulich. Daneben tritt das Bemühen des Autors, dem Leser über seinen Protagonisten Max religiöse Lehren zu vermitteln, gegen Schluß immer deutlicher hervor.   

Max ist ein Junge, den man für den Sohn eines umherziehenden  Kesselflickers hält. Allerorten wird der Metallhandwerker mit dem Spitznamen Löffelkaspar schon von den armen Dorfbewohnern erwartet, da er schadhaftes Zinngeschirr abdichten und zerbrochene Löffel einschmelzen kann, um sie in eine neue Form zu gießen. Zwar gibt sich der Löffelkaspar vor den Leuten einen biederen Anstrich, in Wirklichkeit ist er aber ein brutaler Mensch, der seine Lebensgefährtin und die Kinder in betrunkenem Zustand schlägt. Bereits früher einmal hatte er sich mit einer Falsch-münzerbande zusammengetan, war erwischt und dann nach Absitzen einer kurzen Strafe wieder freigelassen worden. Als sich die skrupellosen Verbrecher erneut an den Metallgießer wenden, setzt er seine kriminelle Laufbahn fort. Max wird von den Banditen gezwungen, bei ihren Machenschaften als Laufbursche mitzuwirken.

Dabei muß der rechtschaffene Junge viele Dinge mit ansehen und anhören, mit denen er am liebsten nichts zu tun gehabt hätte. Nur seine Freundschaft mit Louisa, dem Ziehkind braver Köhlersleute, bringt Licht in sein Leben. Als

Louisas alte Eltern sterben, nimmt der Baron Langenberg das Mädchen zu sich auf sein nahe gelegenes Schloß. Höchst dramatisch und bizarr nehmen die Ereignisse ihren Lauf. Max gerät in tief den Sog des Verbrechens, und Louisa wird auf der böhmischen Besitzung des Barons entführt. Dabei hegt der Leser natürlich nicht den leisesten Zweifel an der schlußendlichen Rettung der beiden jungen Menschen – es geht eben alles zu wie in einem richtigen Märchen. Ob sich die Ereignisse vor mehr als 200 Jahren genauso zugetragen haben, darf natürlich bezweifelt werden, aber diese Frage ist ja nebensächlich. Denn auch die Märchenerzähler früherer Zeiten haben es einst nicht so genau mit der Überlieferung genommen oder gar zwischen Dichtung und Wahrheit unterschieden.           D. Jestrzemski

Heinz-Lothar Worm: „Der Sohn des Kesselflickers“, Brunnen Verlag, Gießen 2008, gebunden, 166 Seiten, 12,95 Euro


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