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27.09.08 / Gespannte Erwartungen / Kommunalwahlen in Brandenburg: Stimmungstest für die Landtagswahl im September 2009

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-08 vom 27. September 2008

Gespannte Erwartungen
Kommunalwahlen in Brandenburg: Stimmungstest für die Landtagswahl im September 2009

Die Sozialdemokraten leiden unter ihrer schwachen Mitgliederbasis, Brandenburgs Christdemokraten fehlt mit dem vorhersehbaren Abgang von Jörg Schönbohm bald ihr populärster Kopf. Die Linke hofft, ihre Stellung als stärkste Partei in der Mark noch weiter auszubauen. 

An diesem Sonntag werden Brandenburgs 14 Kreistage, die Parlamente von vier kreisfreien Städten und 416 Gemeindevertretungen neu gewählt. Außerdem stehen 270 Bürgermeister, 1264 Ortsbeiräte und 353 Ortsvorsteher zur Wahl. Insgesamt 21 977 Kandidaten bewerben sich um ein Amt.

Der Urnengang wird im Hinblick auf die kommendes Jahr anstehenden Landtagswahlen mit Spannung erwarten. Er wird Aufschluß geben über die politische Stimmung im Zwei-Millionen-Flächenstaat.

Der Fokus richtet sich vor allem auf Potsdam: In der Landeshauptstadt ist die Linkspartei die führende politische Kraft. Mit 33 Prozent lag sie schon 2003 weit vor SPD (22) und CDU (19). Linkspartei-Wortführer Hans-Jürgen Scharfenberg verfehlte in einer Stichwahl nur knapp das Amt des Bürgermeisters. Entsprechend nervös ist heute die Stimmung bei SPD und CDU an der Havel.

Die SPD leidet noch immer unter ihrer schwachen Mitgliederbasis. Anders als die Union wurde sie 1989/90 neu gegründet und konnte nicht auf das Personalreservoire einer Blockpartei zurückgreifen. Auch fast 20 Jahre nach dem Mauerfall haben die märkischen Sozialdemokraten diese strukturelle Schwäche nicht ausgleichen können. So hofft die brandenburgische SPD nun auf ihren neuen, aus Niedersachsen importierten Spitzenmann Frank-Walter Steinmeier. Der Bundesaußenminister hat seinen Bundestagswahlkreis in Brandenburg an der Havel.

Mit (regionaler) Prominenz will die SPD auch jetzt punkten: In Teltow-Fläming, Havelland, Barnim und Potsdam treten die jeweiligen Landräte als Spitzenkandidaten für den Kreistag an. Sie kandidieren für eine Körperschaft, der sie durch ihr Amt bereits angehören. Es wird daher damit gerechnet, daß sie ihre zusätzlichen Mandate gar nicht annehmen, damit andere Parteifreunde nachrücken können und sie selbst weiter ihrem alten Führungsamt nachgehen können. „Wahlbetrug“, nennt die Linke das.

Zur Zeit liegen SPD und Linke in Umfragen gleichauf bei 30 Prozent. Das kann sich aber im letzten Moment noch ändern. Erstens, weil SPD-Ministerpräsident Matthias Platzeck seine Popularität in die Waagschale wirft. Zweitens, weil die Brandenburger taktisch wählen. Bei der letzten Landtagswahl 2004 beispielsweise lag die PDS bei den Erststimmen eindeutig vorn (auch ein Indiz für ihre gute Verankerung an der Basis), doch bei den Zweitstimmen siegte am Ende die SPD – wenn auch nur knapp.

Auch wenn die Linke am Sonntag viele Mandate abräumt: Die Potsdamer Landesregierung gilt als sattelfest. SPD und CDU wollen die Legislaturperiode geräuschlos hinter sich bringen. Platzeck hat sein Rückzug vom Amt des SPD-Bundesvorsitzenden vor zwei Jahren daheim nicht geschadet.

Gegenspieler hat er zwar viele. Aber bislang hat sich noch keiner als jemand entpuppt, mit dem Platzeck es nicht aufnehmen könnte. Jörg Schönbohm gilt zwar als der große alte Mann der Brandenburger CDU und war viele Jahre stellvertretender Ministerpräsident.

Der Fackelträger der Konservativen in der Union ist indes gerade 71 geworden. Viele CDU-Wähler würden es wohl befürworten, wenn er noch eine Weile im Amt bliebe. Dennoch wird Schönbohm 2009 die Amtsgeschäfte voraussichtlich einem Nachfolger übergeben.

Der jetzige CDU-Landesvorsitzende, Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns, wird es schwer haben, gegen jemanden wie Platzeck zu bestehen. Er hat gerade damit zu kämpfen, den Rück­halt in der eigenen Partei nicht zu verlieren. Keine gute Ausgangsposition für einen Gipfelsturm. Jungshanns’ Widersacher Sven Petke, der ihn dem Vernehmen nach sobald wie möglich stürzen möchte, hat zwar das jugendliche Feuer. In Brandenburger CDU-Kreisen wird jedoch die Sorgen formuliert, ob er bereits die politische Reife besitze, um eine Kraftprobe mit Platzeck zu gewinnen.

Platzecks gefährlichere Gegner sitzen links. Das SPD-Wahlvolk ist immer kurz davor, in Scharen nach links zu driften. 2004 hat Platzeck sie gerade noch davon abhalten können. Fast wäre die PDS damals mit ihrem Anti-Hartz-IV-Protest stärkste Partei geworden.

2004 hieß die Spitzenkandidatin der SED-Nachfolger Dagmar Enkelmann. 2009 soll die Fackel an Kerstin Kaiser weitergegeben werden. Die amtierende Fraktionsvorsitzende und damit Oppositionsführerin im Landtag hat früher als Stasi-IM ihre Kommilitonen an der Leningrader Universität bespitzelt. Im Rest des Landes wäre sie damit als Kandidatin wohl diskreditiert. In Brandenburg jedoch gehen die Uhren anders.                Markus Schleusener

Foto: Linke sucht Kraftprobe mit  Platzeck: In Brandeburg sind die SED-Erben stärkste Partei.


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