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27.09.08 / Bieterstreit um Austrian Airlines / Die Fluggesellschaft könnte demnächst zur Lufthansa-Tochter werden – Angebots-Stichtag 21. Oktober

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-08 vom 27. September 2008

Bieterstreit um Austrian Airlines
Die Fluggesellschaft könnte demnächst zur Lufthansa-Tochter werden – Angebots-Stichtag 21. Oktober

Die Nachrichten über Fusionen, Übernahmen und Konkurse in der Luftfahrt reißen nicht ab, und neben privaten sind auch „nationale“ Gesellschaften betroffen: Die Alitalia steht seit längerer Zeit „unmittelbar“ vor dem Bankrott. Die Olympic Airlines, einst der Stolz der griechischen Onassis, muß auf Weisung aus Brüssel 850 Millionen Euro an staatlicher Förderung zurückzahlen und wird 2009 eingestellt. Und die einst große jugoslawische, jetzt kleine serbische JAT muß ihre Flotte auf ein Minimum reduzieren.

Anders als die Alitalia ist die Austrian Airlines (AUA) weder zahlungsunfähig noch überschuldet. Bis vor einigen Monaten galt die Doktrin, daß die AUA auch alleine auf dem umkämpften Markt überleben könne. Um dies sicherzustellen, sollte ein saudischer Hotel-Magnat, der auch die österreichische Staatsbürgerschaft und einige Wiener Luxus-Hotels besitzt, als Großinvestor einsteigen. Doch nach Bekanntgabe der AUA-Verluste im ersten Quartal 2008 sprang der Austro-Scheich wieder ab – man habe ihn getäuscht, sagt er. Ein Rechtsstreit bahnt sich an.

Da die AUA weiter Verluste schreibt, entschloß sich die Regierung noch knapp vor ihrem Scheitern, den von der staatlichen „Österreichische Industrie Holding AG“ (ÖIAG) gehaltenen AUA-Anteil (rund 42 Prozent) ganz oder teilweise zum Verkauf auszuschreiben. Mit Auflagen, denn die Suche nach einem „strategischen Partner“ für Unternehmen in öffentlichem Besitz hat bei den Österreichern einen üblen Beigeschmack: Die Sache lief bisher oft auf das Verschleudern von Volksvermögen ins Ausland hinaus – Extremfälle waren die Bank Austria und die Gewerkschaftsbank Bawag. Bei einer Fluglinie spielen aber auch noch „Nationalstolz“ und durchaus handfeste Standortfragen mit.

Wie alle kleineren Linien leidet die AUA darunter, daß die großen Konkurrenten bessere Konditionen bei Flugzeugkauf, Wartung und Treibstoff herausholen können. Kompensiert wurde das bisher durch Spezialisierung beim Streckennetz auf Osteuropa und den Nahen Osten, kombiniert mit Direktflügen nach Übersee und in alle europäischen Metropolen.

Bei der von Merrill Lynch durchgeführten Ausschreibung kamen nun die Lufthansa, die AirFrance/KLM und die russische Binnenfluglinie und einstige Aeroflot-Tochter S7, der ehemaligen Sibiria Airlines, in die engere Wahl. Bis 21. Oktober, also drei Wochen nach den Parlamentswahlen, ist ein verbindliches Angebot vorzulegen.

Eine Übernahme der AUA durch die deutsche Lufthansa läge nahe, weil beide durch die „Star Alliance“ verbunden sind. Vom Streckennetz her wäre AirFrance/KLM ideal, doch müßte die AUA dazu die Allianz wechseln. Die S7 wiederum, die kleiner, aber finanzkräftiger als die AUA ist und eine Anbindung ans westliche Ausland sucht, hat angeblich das lukrativste Angebot gemacht.

Abhängig vom Grad der Fremdbeteiligung müßten die Land-rechte der AUA neu verhandelt werden, und mit der S7 könnte die AUA ihren Status als „EU-

Fluglinie“ verlieren. Zugleich aber erlauben es EU-Bestimmungen den Russen, Schadenersatz einzuklagen, falls sie als Höchstbieter nicht zum Zug kommen.

Für die S7 treten neben Gerhard Schröder vor allem die Länder Wien und Niederösterreich ein, die Großbeteiligungen am Flughafen Wien halten und im Fall Lufthansa eine Abwertung des Luftknotens Wien zugunsten von München befürchten.

Bei Einstellung von direkten Überseeflügen könnten dann Osteuropa- und Nahost-Konzernzentralen von Wien abwandern, und auch der Tourismus – vor allem der Konferenz-Tourismus – würde leiden.            Richard G. Kerschhofer


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