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27.09.08 / Ein Schlesier in Berlin / Vor 200 Jahren starb der Baumeister Carl Gotthard Langhans – Wegbereiter des Klassizismus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-08 vom 27. September 2008

Ein Schlesier in Berlin
Vor 200 Jahren starb der Baumeister Carl Gotthard Langhans – Wegbereiter des Klassizismus

Er war nicht nur der erfolgreichste Baumeister Schlesiens, sondern er schuf mit dem Brandenburger Tor in Berlin auch das Symbol der Deutschen Einheit. Vor 200 Jahren starb der Architekt Carl Gotthard von Langhans.

Das Brandenburger Tor brachte ihm seinerzeit keinen großen Ruhm. Heute jedoch gilt es als das bekannteste Werk, das Carl Gott-hard Langhans schuf. König Fried-rich Wilhelm II. hingegen lehnte damals ein Gesuch des Architekten ab, der Eröffnung des Tores beizuwohnen und kritisierte die lange Bauzeit von drei Jahren (1788–1791). Der Bildhauer Johann Gottfried Schadow, der die Quadriga für das Tor schuf, sah in dem Rückgriff auf die Propyläen als Vorbild für das Brandenburger Tor eine fehlende Originalität des Architekten. Heute ist das Brandenburger Tor Sinnbild für die bewegte Geschichte Deutschlands.

Carl Gotthard Langhans erblickte am 15. Dezember 1732 im schlesischen Landeshut als Sohn eines Lehrers das Licht der Welt. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in Schweidnitz; dort war sein Vater Rektor am Evangelischen Gymnasium.

Von 1753 bis 1757 studierte der junge Langhans Jura in Halle. Schon früh hatte er sich auch für das Baugeschehen in Schweidnitz interessiert, und so ließ er sich während seines Studiums ebenfalls in Mathematik ausbilden und nahm Zeichenkurse. Nebenher beschäftigte er sich mit den antiken Schriften des römischen Architekturtheoretikers Vitruv.

1763 erhielt Langhans seinen ersten großen Auftrag – die Erweiterung des barocken Südflügels des Trachenberger Schlosses für Fürst Franz Philipp Adrian von Hatzfeld, der sein erster großer Gönner wurde und der ihn in das Amt des Bauinspektors berief. In Breslau baute er das Stadtpalais der Familie Hatzfeld wieder auf, das Einflüsse des frühen Klassizismus zeigte und durch seine streng symmetrische Front bestach. Es wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Viele Kirchenbauten, Schlösser und Privathäuser in Schlesien entstanden nach Entwürfen von Langhans, der auf Reisen nach Holland, England, Frankreich und Italien Eindrücke sammelte. So war es für Langhans ein Leichtes, den Auftrag des schlesischen Provinzialministers Graf Hoym zu erfüllen, der sich eine Park- und Schloßanlage im englischen Landschaftsstil wünschte. In Dyherrnfurth an der Oder entstand eine Anlage mit einem Teehaus, einem Weinberghaus, einer Mühle, Pavillons und Grotten. Eine Bauweise, die später viele Nachahmer fand.

1775 zum Kriegs- und Oberbaurat der Breslauer Kriegs- und Domänenkammer ernannt, war Langhans für alle staatlich finanzierten Bauvorhaben zuständig. Neben einem Arbeits- und Armenhaus in Kreuzburg sowie mehreren Kasernen baute er 1782 für Breslau ein Theater, das beispielgebend für viele Nachfolgebauten werden sollte.

Auch in Brandenburg und in Berlin hinterließ sein Wirken Spuren. So forderte Prinz Heinrich von Preußen den damals noch wenig bekannten jungen Architekten 1766 auf, in Schloß Rheinsberg eine Reihe von Räumen für seine Gemahlin, Prinzessin Wilhelmine, umzubauen. Der prachtvolle Muschelsaal zeigt noch heute beispielhaft den Übergang vom Rokoko zum Klassizismus.

König Friedrich Wilhelm II. berief Langhans 1788 als ersten Direktor des neu geschaffenen Oberhofbauamtes. Allen Unbilden zum Trotz haben einige Bauwerke, die Carl Gotthard Langhans in Berlin und Charlottenburg entworfen hat, die Zeitläufte überstanden, so die Kolonnaden in der Mohrenstraße (heute Eingang zum Bundesministerium der Justiz), die Turmspitze der Marienkirche, die Anatomie der

Tierarzneischule, das Schloßtheater (heute befindet sich dort das Museum für Vor- und Frühgeschichte) und das Belvedere im Charlottenburger Schloßpark sowie natürlich das Brandenburger Tor. Im Schloß Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten, zählt der wiederaufgebaute ovale Tanzsaal mit den acht korinthischen Säulen zu den Schmuck-stücken Langhans‘scher Baukunst.

Weniger Anerkennung fand Langhans, der als Direktor des Berliner Oberhofbauamtes schließlich zu einem der führenden Architekten seiner Zeit avanciert war, mit dem Bau des Nationaltheaters am Gendarmenmarkt. Das 2000 Zuschauerplätze fassende Theater gehörte zu den größten Bühnen in Preußen. 1802 konnte es mit der Aufführung von Kotzebues „Kreuzfahrern“ eingeweiht werden.

Spötter sprachen wegen der ungewöhnlichen Form und des unförmigen, fast 80 Meter langen gewölbten Daches vom „Koffer“, und Kritiker monierten die schlechte Akustik. Langhans, der sich in einer seiner wenigen theoretischen Schriften mit akustischen und optischen Grundsätzen beschäftigte, gab dagegen den Schauspielern die Schuld, wenn man sie nicht höre. Dem Theater war keine lange „Spielzeit“ vergönnt. Im Juli 1817 ging es in Flammen auf, mitsamt den Kulissen und Kostümen zu E. T. A. Hoffmanns Oper „Undine“. Karl Friedrich Schinkel baute das Theater wieder auf – unter Verwendung der unbeschädigten ionischen Säulen des Portikus. Bis heute erinnern sie an Carl Gotthard Langhans, den großen preußischen Baumeister, der am 1. Oktober 1808 in seinem Haus in Grüneiche bei Breslau starb.       Silke Osman

Foto: Sinnbild einer bewegten Geschichte: Das Brandenburger Tor von Langhans


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