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27.09.08 / Eine Geißel des Balkans / Analphabetenrate ist in den meisten Folgestaaten Jugoslawiens erschreckend hoch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-08 vom 27. September 2008

Eine Geißel des Balkans
Analphabetenrate ist in den meisten Folgestaaten Jugoslawiens erschreckend hoch

In ganz Ex-Jugoslawien hat sich im Bildungswesen in den 1990er Jahren kaum etwas verändert. „Wir in Bosnien hatten und haben einen hohen Prozentsatz Analphabeten, im Sinne politischer Kultur primitive Leute, die nichts verstehen“, sagte 1998 in Sarajewo der bosnische Soziologe Nerumin Butkovic. Jahre später hatte sich die Lage verschlechtert, wie die Wochenzeitung „Dani“ schrieb: „In Bosnien-Herzegowina entscheiden sich nur knapp 15 Prozent einer Generation überhaupt für einen Schulbesuch.“

Weltweit können rund eine Milliarde Menschen nicht richtig lesen und schreiben, darunter etwa vier Millionen Deutsche. Als „alphabetisiert“ gilt jeder, der mindestens drei Grundschuljahre absolvierte. Das ist so gut wie nichts, und die Bildungsforscher sprechen vom „sekundären“ oder „funktionalen“ Analphabetismus, also die Lese- und Schreibunfähigkeit von Leuten, die vor Jahren eine Schule besucht, später aber alles Gelernte wieder vergessen haben.

Für Jugoslawien und seine Nachfolgestaaten war und ist ein hoher Analphabetismus charakteristisch. Noch 1939 wies das „Königreich Jugoslawien“ eine Analphabetenrate von 44,6 Prozent auf – mit extremen regionalen Diskrepanzen: Slowenien sechs Prozent, Dalmatien 55, Serbien 30 bis 60, Mazedonien 71 und Bosnien 73 Prozent. Der Partisanenkampf im Zweiten Weltkrieg war auch eine Alphabetisierungsaktion, in der Zehntausende lesen und schreiben lernten.

Die Anstrengungen zur „Liquidierung des Analphabetismus“ wurde nach Kriegsende noch verstärkt, so daß die Gesamtrate 1961 auf 20 Prozent gefallen war. Regional blieb sie noch 1971 überdurchschnittlich hoch: Bosnien 23 und Kosovo 33 Prozent.

Der Bürgerkrieg in den frühen 1990er Jahren verursachte einen erneuten Rückfall: Für Bildung war kein Geld da. Die ganze schulische Infrastruktur lag vielerorts in Trümmern, ein extremer Nationalismus verbündete sich häufig mit fundamentalistischer Religiosität, besonders bei den bosnischen Muslimen, was sich alles umgehend in rapide ansteigenden Analphabetismusraten widerspiegelte.

Offiziell spricht man darüber nicht gern, die veröffentlichten Zahlen sind durchweg sehr „geschönt“. Beispielsweise nennt Kroatien offiziell eine Analphabetenrate von 1,5 Prozent – aber im Jahr 2000 hatten 24 Prozent aller Kroaten nicht die Grundschule beendet und 20 Prozent aller schulpflichtigen Kinder brachen den Schulbesuch vorfristig ab, berichtete die Zeitung „Vjesnik“ 2000.

Von den zwei Millionen Einwohnern Mazedoniens haben rund 230000 nie oder höchstens  drei Jahre lang eine Schule besucht. In Bosnien rechnet man mit einer Analphabetenrate von zirka 35 Prozent, wobei diese bei Frauen deutlich höher ist.

In allen Ländern des West-Balkans existiert die gesetzliche Schulpflicht, die aber nirgendwo zu 100 Prozent (oder etwas darunter) erfüllt wird.

Besonders im Kosovo ist die Lage beklagenswert: Schlechte Schulgebäude, miserabel bezahlte Lehrer, teure Schulbücher, fehlende oder überteuerte Schulbusse, Mangel an Kleidung und Schuhwerk und anderes mehr, was der Bevölkerung, von der 1,3 Millionen laut Internationalem Währungsfonds mit 97 Cent am Tag auskommen müssen, einen Schulbesuch zumeist unmöglich macht.

Hinzu kommen die generelle Unsicherheit der Region, die brutale Unterdrückung von Mädchen in der Familie und das Wiederaufkommen der barbarischen Sitte der „Blutrache“, was Tausende Kinder und Jugendliche zu Hause „einsperrt“.             W. Oschlies


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