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04.10.08 / Bayern bleibt ein Sonderfall / Auch nach dem Einbruch der CSU: Nirgendwo sind die linken Parteien so schwach wie im Freistaat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-08 vom 04. Oktober 2008

Bayern bleibt ein Sonderfall
Auch nach dem Einbruch der CSU: Nirgendwo sind die linken Parteien so schwach wie im Freistaat

Klar benennbare Fehler haben zum schwächsten Abschneiden der CSU bei einer Landtagwahl seit 1954 geführt. Die Auswirkungen auf die Politik Bayerns und auf die Bundespolitik bleiben aber schon wegen der Schwäche der SPD im Freistaat begrenzt.

Viele Superlative waren am Wahlabend gefallen über das Debakel der CSU. Während die politische Konkurrenz triumphierte, sprach der Ehrenvorsitzende der CSU, Edmund Stoiber, vom „bittersten Moment“ seines Lebens. Das Ergebnis sei „eine Zäsur, eine Niederlage größten Ausmaßes“. Damit traf Stoiber gewiß die Stimmung der CSU-Anhänger, aber er hat auch ein Motiv, die Niederlage noch größer zu reden als sie ist: Je drastischer der Einbruch wahrgenommen und empfunden wird, desto heller erstrahlen im Rückblick die von Stoiber errungenen Siege.

An denen gibt es freilich ohnehin nichts zu deuteln. Schließlich war die absolute Mehrheit der CSU bereits seit Anfang der 70er Jahre von Wahl zu Wahl leicht abgeschmolzen, bis Stoiber im Jahre 1998 diesen Trend stoppte und fünf Jahre später mit knapp 61 Prozent der Stimmen die legendäre Zwei-Drittel-Mehrheit der Mandate im Landtag errang. Ein Ergebnis, das nur in einer außergewöhnlichen Konstellation möglich war und für das Politikwissenschaftler in einer modernen Industriegesellschaft keinerlei Parallele kennen.

Das jetzige Ergebnis setzt also einerseits einen langfristigen Abwärtstrend der großen Volksparteien fort, dem sich auch die CSU letztlich nicht entziehen konnte. Andererseits gab es klare Fehlentscheidungen der Landespolitik, für die die Partei nun die Quittung bekam: Die Milliardenverluste der bayerischen Landesbank, das zu rigide (und dann auch noch ungeschickt eingeführte) Rauchverbot in bayerischen Wirtschaften, das unrühmliche „Aus“ für den Transrapid, schließlich die Kehrtwende beim achtjährigen Gymnasium, die wiederum von handwerklichen Fehlern begleitet war.

Hinzu kam, daß der Wechsel von Stoiber zum Duo Beckstein/Huber im Jahre 2007 auch im Urteil guter Freunde der CSU wenig elegant umgesetzt wurde. Diese kleinen und mittelgroßen Fehler hatten schließlich das bundespolitische Gewicht der CSU bereits soweit beeinträchtigt, daß die Partei zuletzt selbst vernünftige und überaus populäre Anliegen wie die Rückkehr zur vollen Pendlerpauschale unionsintern nicht mehr durchbekam. Letzteres hat vor allem das Ansehen von Erwin Huber angekratzt: Er ist es, der als Mitglied im Koalitionsausschuß für die Durchsetzungsfähigkeit der CSU im Bund verantwortlich zeichnet.

In der Summe haben diese Schwächen den unveränderten Erfolg der bayerischen Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Technologiepolitik schließlich jedenfalls soweit überstrahlt, daß die absolute Mehrheit nicht mehr zu halten war.

Trotz der Höhe der Verluste dürften die Auswirkungen auf die Bundespolitik begrenzt bleiben. Das gilt zunächst für die Bundesversammlung, die im Mai 2009 über eine zweite Amtszeit von Bundespräsident Horst Köhler zu entscheiden hat. Zwar sitzen in diesem Gremien nun einige Dutzend weniger CSU-Mandatare, doch an ihre Stelle treten Vertreter von FDP und freien Wählern, die Köhler erklärtermaßen ebenfalls unterstützen.

Aus genau dem selben Grund dürften auch die weiteren Folgen des weiß-blauen Erdbebens auf die Politik in Berlin sehr überschaubar bleiben. Denn die CSU hat eben nicht an linke Parteien mit roter, blutroter oder grüner Fahne verloren, sondern vor allem an die FDP und die freien Wähler. Die Zugewinne der FDP sind freilich eine logische und fast schon unvermeidliche Konsequenz der Großen Koalition, in der die Union ständige Kompromisse mit der SPD machen muß, die naturgemäß Freiberuflern, Selbständigen und gutbezahlten Angestellten – also potentiellen FDP-Wählern – am meisten wehtun. Hier haben CDU und CSU genau das selbe Problem wie umgekehrt die SPD gegenüber der Linkspartei.

Der Erfolg der freien Wähler wiederum muß der CSU jedenfalls mit Blick auf die Wahlen des Jahres 2009 keine grauen Haare wachsen lassen. Bei den Europa- und Bundestagswahlen wird diese Formation, die überall ein bißchen anders aussieht und noch nicht einmal über ein Programm verfügt, kaum antreten.

Die spannendste Frage mit Blick auf den weiteren Weg der CSU ist gewiß die weitere personelle Entwicklung der Partei. Von Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer heißt es, daß er den Parteivorsitz anstrebt, um über 2009 hinaus Mitglied des Bundeskabinetts bleiben zu können. Offenbar gibt es zwar Kräfte, die ihn zur Übernahme auch des Ministerpräsidentenamtes drängen. Allerdings ist er nach PAZ-Informationen an dieser Aufgabe nicht interessiert. Da Günther Beckstein in Partei und Bevölkerung unverändert hohe Popularitätswerte hat und sich mögliche Nachfolgekandidaten gegenseitig blockieren, spricht vieles dafür, daß er auch der neue Ministerpräsident Bayerns sein wird. Die Vertriebenen würden dies sicherlich mit übergroßer Mehrheit begrüßen.       Konrad Badenheuer

Foto: Bayern in Berlin: Die Auswirkungen der Wahl auf den Bund bleiben begrenzt.


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