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04.10.08 / Minister gegen linke Basis / Afghanistan-Einsatz: Steinmeier kämpft mit wachsendem Widerstand in der SPD

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-08 vom 04. Oktober 2008

Minister gegen linke Basis
Afghanistan-Einsatz: Steinmeier kämpft mit wachsendem Widerstand in der SPD

Kaum zum Kanzlerkandidaten der SPD erhoben, muß Frank-Walter Steinmeier gegen den wachsenden Widerstand seiner eigenen Partei die Verlängerung und Aufstockung des Afghanistan-Mandats durchsetzen.

Gleich zwei wichtige Weichenstellungen über die derzeit größte deutsche Beteiligung an einem Militäreinsatz stehen in den nächsten Wochen an: Mitte Oktober stimmt der Bundestag über die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr im Rahmen des Mandats der Isaf-Truppe ab, und im November wird über die weitere Teilnahme des Kommandos Spezialkräfte (KSK) an der von den USA geführten Anti-Terror-Operation „Enduring Freedom“ (OEF) entschieden.

Hauptstreitpunkt während der Sondersitzung des Bundestages kommenden Dienstag wird die geplante Aufstockung der Obergrenze für das deutsche Kontingent um 1000 auf dann maximal 4500 Soldaten sein. Die Skepsis wachse in der Bundestagsfraktion, und es werde schwer werden, die „pazifistisch eingestellten Abgeordneten“ von der Entsendung weiterer Soldaten nach Afghanistan zu überzeugen, ließ sich der außenpolitische Sprecher der Bundestags-SPD, Gert Weißkirchen, bereits vernehmen. Und Hans-Peter Bartels, ein Verteidigungsexperte der SPD-Fraktion, brachte die „breite Erwartung“ seiner Kollegen zum Ausdruck, „die 100 KSK-Spezialkräfte aus dem OEF-Mandat herauszunehmen“. Das sei auch im Sinne des Hamburger SPD-Parteitags.

Die Gelegenheit für diesen Vorstoß scheint günstig: Die deutschen Spezialkräfte werden seit drei Jahren nicht mehr angefordert und eingesetzt. Bartels hält aus diesem Grunde die Teilnahme an einer „virtuellen“ Operation für sinnlos. Außenminister Steinmeier dagegen fürchtet, eine Nichtverlängerung des OEF-Mandats könnte in Washington als Aufkündigung der Solidarität im weltweiten Krieg gegen den Terror verstanden werden.

Der SPD-Linken, deren Sprecher Ernst-Dieter Rossmann genüßlich „noch viele Fragezeichen“ vor der Afghanistan-Abstimmung im Bundestag sieht, geht es bei dem Thema erkennbar um Symbolpolitik. Grundsätzliche ideologische Dispositionen wie Pazifismus und Antiamerikanismus verbinden sich dabei mit dem Bedürfnis, die Annäherung an die kommunistische „Linke“ voranzutreiben und der neuen Parteispitze den Bewegungsspielraum zur Revision des Linksrucks zu beschneiden.

Diese Taktik wird dadurch begünstigt, daß die Regierungsspitzen der Großen Koalition selbst, ebenso wie ihre rot-grünen Vorgänger, den Afghanistan-Einsatz bislang vornehmlich symbolpolitisch gehandhabt haben und sich dabei mehr von innenpolitischen Erwägungen als von langfristigen staatlichen und nationalen Interessen leiten ließen: Der Einsatz wird offensichtlich vor allem aus Gründen der Bündnissolidarität fortgeschrieben, aber auf so kleiner Flamme, daß man unpopuläre Rückschläge und Verluste weitgehend vermeiden zu können glaubt.

Stünden wirklich erstrangige nationale Interessen auf dem Spiel und wäre man tatsächlich überzeugt, Deutschlands Sicherheit – nach dem Diktum des SPD-Spitzenpolitikers Peter Struck – „am Hindukusch“ zu verteidigen, dann müßte man auch zur Kriegsführung mit allen Konsequenzen bereit sein. Dann dürfte man sich beispielsweise auch das Kaltstellen des eigenen OEF-Kontingents nicht gefallen lassen und müßte in Wa-shington energisch auf gleichberechtigte Beteiligung dringen, bevor man mit dem Abzug droht.

Vor allem aber müßte man doch bereit sein, der Bevölkerung reinen Wein einzuschenken über den Ernst der Lage, statt einen Mahner wie den Chef des Bundeswehrverbands Oberst Gertz, der die Politik auffordert, einen Krieg auch Krieg zu nennen, erschrocken zurückzupfeifen.

Das Bestreben, das Isaf-Mandat dieses Mal nicht um wie üblich zwölf, sondern gleich um 14 Monate zu verlängern, mit der offen erklärten Absicht, die nächste Verlängerungsdebatte aus dem Bundestagswahlkampf herauszuhalten, spricht eher für das Gegenteil. Michael Paulwitz


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