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04.10.08 / Japans Staatsschulden – ein Bild des Grauens / Der neue Premier Taro Aso setzt dennoch auf niedrige Steuern und weitere Ausgaben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-08 vom 04. Oktober 2008

Japans Staatsschulden – ein Bild des Grauens
Der neue Premier Taro Aso setzt dennoch auf niedrige Steuern und weitere Ausgaben

Binnen Jahresfrist hat Japan erneut den Premier gewechselt. Am 24. September wählte das Unterhaus den 68jährigen Nationalkonservativen Taro Aso (68) zum Regierungschef. den elften seit 1990, und 29. seit Kriegsende.

Im sehr öffentlich ausgetragenen parteiinternen Wahlkampf hatte sich Aso dank seiner Stärke bei den Regionalorganisationen der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) mit 351 von 527 Wahlmännerstimmen gegen vier Mitbewerber durchsetzen können. Nach der Wahl nahm er drei davon in sein Kabinett auf.

Es wird erwartet, daß der neue Ministerpräsident einen bereits vorbereiteten Nachtragshaushalt von zwölf Milliarden Euro zur Konjunkturbelebung verabschieden läßt und für Ende November Neuwahlen ansetzen wird. Schon jetzt liegen nach dem gelungenen Parteiwahlkampf seine Popularitätsraten bei 40 Prozent. Sein glückloser Vorgänger, der farblose Yasuo Fukuda (72), hatte am Ende, trotz des medienwirksamen G-8-Gipfels vom Juli in Hokkaido, bei 20 Prozent herumgedümpelt. Er war vor zwei Wochen überraschend zurückgetreten.

Die neue Konjunkturspritze soll der traditionellen LDP-Klientel durch Kreditgarantien und neue öffentliche Aufträge wieder auf die Beine helfen. Dies sind vor allem Bauern und Fischer, Groß- und Einzelhandel sowie Bau- und Transportunternehmer, die unter hohen Ölpreisen, knapp  gewordenen Krediten, gekürzten Subventionen und der seit Jahren stagnierenden Wirtschaft der japanischen Provinz leiden.

Wirtschaftsexperten bezweifeln indes, daß mehr herauskommt als ein Strohfeuereffekt. Die Preise für die sämtlich importierten Rohstoffe bleiben ja hoch, während sich die  Nachfrageschwäche in den wichtigen Absatzmärkten USA und EU noch verschärfen dürfte. Dabei war es gerade die Exportnachfrage, die in Japan noch für geringes Wachstum gesorgt hat. Das ist jetzt vorbei.

Und der japanische Binnenmarkt ist von Stagnation geplagt: Das rasch alternde, und mittlerweile schrumpfende Inselvolk sorgt sich hauptsächlich um seine Pensionen.

Die Privathaushalte konzentrieren sich – ebenso wie in Deutschland – vor allem auf den Abbau ihrer Schulden. Damit ist die Binnennachfrage im Keller.

Ebenso wie in Deutschland sorgen sich Millionen Japaner um ihre Altersvorsorge. Ihre Furcht wurde unlängst noch durch einen Skandal angefacht: Vor Jahresfrist flog auf, daß an die 40 Millionen Überweisungen der Rentenzahler fehlgebucht und nach Wohnortwechseln nicht mehr auffindbar waren. Datenträger fehlten oder waren in früheren Jahrzehnten falsch gelocht worden.

Zudem hatte die staatliche Rentenversicherung in den Boomjahren viel Geld in dubiosen Immobilienprojekten verloren. Die meisten Rentner fühlen sich nun um Jahre ihrer Beitragszahlungen betrogen. Die jüngeren Generationen können in dem rapide alternden Land ohnehin nur geringe Pensionen erwarten.

Desweiteren drücken gewaltige Staatsschulden auf dem Land, eine Altlast der Konjunkturprogramme der Stagnationsdekade von 1992 bis 2002.

Die Schulden der Zentralregierung belaufen sich auf 160 Prozent des Bruttoinlandslandprodukts, die aller öffentlichen Haushalte auf 219 Prozent (Deutschland: 63 Prozent), oder sage und schreibe 7000 Milliarden Euro. Allein der Zinsdienst beträgt selbst beim äußerst niedrigen aktuellen Zinssatz von 1,3 Prozent ein Fünftel der Steuereinnahmen. Bei einer – durchaus gerechtfertigten – Verdopplung des Zinsniveaus würde dem Staat jeglicher Spielraum abhanden kommen. Aso scheint jedoch weiter auf höhere Staatsausgaben und niedrige Steuern zu setzen. Das sind die alten Rezepte, die Vorgänger Junichiro Koizumi (Premier 2001–2006) eigentlich ausmerzen wollte.

Während die öffentlichen Finanzen ein Bild des Grauens bieten, sind seit der „Großen Krise“ von 1992 bis 2002 die Finanzen der Privatwirtschaft auf Kosten der Steuerzahler saniert worden. Ähnliches wird übrigens jetzt gerade in den USA versucht. Zwar hat die US-Immobilienkrise auch die japanischen Banken viel Geld gekostet, ebenso wie die deutschen. Doch konnten sie ihre Verluste auffangen und kaufen jetzt die verwertbaren Trümmer der US-Investmentbanken wie Lehman Brothers und Morgan Stanley zum Schleuderpreis auf.  Japans Kredithäuser sind weiter flüssig.

Die Wirtschaftslage ist für Japan somit stark durchwachsen, aber keinesfalls so potentiell katastrophal wie in den USA.

Aso hat also relativ gute Chancen, dank seines Charismas, seiner Eloquenz, und einiger öffentlichkeitswirksamer Ausgabenprogramme die nächsten Parlamentswahlen zu gewinnen.

Der selbstbewußte, meist gut gelaunte und ab und zu auch arrogant wirkende neue Ministerpräsident ist wie die meisten LDP-Führer ein Kind der Elite. Er ist Erbe der Aso-Zementwerke, die er bis zu seinem Eintritt ins Parlament in einem ebenfalls ererbten Wahlkreis 1979 auch selbst führte. Deshalb ist er mit der mächtigen Baulobby bestens verbunden.    Albrecht Rothacher


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