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04.10.08 / Frische und Spontaneität / Aquarelle aus sieben Jahrhunderten im Frankfurter Städel Museum zeigen die Vielfalt dieser Technik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-08 vom 04. Oktober 2008

Frische und Spontaneität
Aquarelle aus sieben Jahrhunderten im Frankfurter Städel Museum zeigen die Vielfalt dieser Technik

Einzigartig ist die Faszination des Aquarells, das wie keine andere Technik Leuchtkraft, Reinheit und Transparenz der Farben zum Ausdruck zu bringen vermag. Einen Eindruck von dieser Wirkung gibt eine Ausstellung im Frankfurter Städel mit Aquarellen aus dem Bestand des Museums.

Die soeben eröffnete Ausstellung „Wasser, Farbe, Licht“ präsentiert ausgewählte Aquarelle aus der Graphischen Sammlung und macht es möglich, die Vielfalt dieser anspruchsvollen Technik zu erkunden. An herausragenden Beispielen aus dem Bestand des Städel Museums, der bis in die jüngste Gegenwart reicht, kann man sich von der Frische und Spontaneität überzeugen, welche die malerischen Qualitäten des Aquarells bestimmen. Den meisterhaften Umgang mit dem Pinsel und den wasserlöslichen, lasierenden Farben bezeugen Stadtansichten, nahe und ferne Landschaften, atmosphärische Eindrücke wie Wolkenstudien, Stilleben, aber auch surreal wirkende Bildschöpfungen.

Künstler vom 15. bis ins 21. Jahrhundert sind mit Blättern vertreten, die einen lehrreichen, aber auch unterhaltsamen Blick auf die faszinierende Welt des Aquarells bieten. So nutzte Albrecht Dürer (1471–1528) die transparente Eigenschaft der Aquarellfarben, um Druckgraphiken zu kolorieren, während Tiepolo (1696–1770) zum Beispiel die Farbigkeit schätzte, um Entwürfe seiner Deckengemälde plastischer darzustellen. Doch nicht nur der künstlerischen Phantasie kam die Vielfalt der Aquarellfarben entgegen, sie diente auch der naturalistischen Wiedergabe der Pflanzenwelt, wie in einer botanischen Studie von Maria Sibylla Merian (1647–1717) zu bewundern.

Im ausgehenden 18. Jahrhundert zog es die Künstler aus den Ateliers hinaus in die Natur, wo sie Aquarellfarben nicht nur für eine flüchtige Skizze nutzten, sondern auch großformatige Landschaftsdarstellungen in dieser Technik schufen.

Das helle Licht am Mittelmeer zog die Maler schließlich in Scharen vor allem nach Italien. Max Klinger (1857–1920) fand mit Siena eine Stadt vor, die ihn zu Aquarellstudien für den Hintergrund seines Monumentalgemäldes „Die Kreuzigung Christi“ anregte.

Schon bald findet sich auch in der Aquarelltechnik die Loslösung von der Form, wie Aquarelle von Karl Schmidt-Rottluff (1884–1976) und Emil Nolde (1867–1956) zeigen. Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938) sucht in „Wildboden“ und dem späten „Tanzpaar“ die Synthese der flächig eingesetzten Aquarellfarbe mit dem Kompositionsgerüst seiner Zeichnung.

Erstaunlicherweise ist die Aquarellkunst Kirchners kaum wissenschaftlich untersucht worden. Auch Kirchner selbst hat sich in seinen Tagebuchnotizen nicht darüber ausgelassen. Meist sah er die Aquarelle ohnehin nur als Vorstudien zu Gemälden.

Ganz anders sein Kollege Lovis Corinth (1858–1925), der das Aquarellieren geliebt hat und sich ganz dem Rausch der Farben hingab. Das in Frankfurt ausgestellte Selbstporträt von 1923 ist allerdings in trist anmutenden Brauntönen gehalten. Dennoch läßt es viel von der Spontaneität ahnen, mit der Corinth es zu Papier gebracht hat. „Ich für meinen Teil“, bekannte der Ostpreuße schon 1908, „bin dennoch mehr dafür, dem Temperament nachzugeben und auch im Aquarell zu versuchen, sogleich die Tonwerte in ihrer richtigen Form und ihrer richtigen Stärke hinzusetzen.“       Silke Osman

Die Austellung „Wasser, Farbe, Licht“ ist im Städel Museum, Schaumainkai 63, Frankfurt am Main, dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, mittwochs und donnerstags bis 21 Uhr zu sehen, Eintritt 10/8 Euro, bis 4. Januar 2009.

Foto: Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938): Tanzpaar (Aquarell)


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