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04.10.08 / Friedrichs des Großen liebste Schwester / Vor 250 Jahren starb die preußische Prinzessin und Markgräfin von Brandenburg-Bayreuth Wilhelmine

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-08 vom 04. Oktober 2008

Friedrichs des Großen liebste Schwester
Vor 250 Jahren starb die preußische Prinzessin und Markgräfin von Brandenburg-Bayreuth Wilhelmine

Friederike Sophie Wilhelmine Prinzessin von Preußen wurde am 3. Juli 1709 als Tochter des Kronprinzen Friedrich Wilhelm, der 1713 König in Preußen wurde, und dessen Ehefrau Prinzessin Sophie Dorothea von Hannover geboren. Sie war nicht nur Friedrichs des Großen Lieblingsschwester, sondern auch die älteste überlebende Tochter ihres Vaters und wurde per Heirat Markgräfin von Brandenburg-Bayreuth.

Die Kindheit der Prinzessin verlief zunächst harmonisch, aber ihr Verhältnis zu ihrem Vater verschlechterte sich in dem Maße, in dem sie sich zu einer eigenständigen, musisch orientierten Persönlichkeit entwickelte. Einen Verbündeten in der Ausbildung des eigenen Urteils und der zunehmenden Abneigung gegen den despotischen Vater fand sie in ihrem 1712 geborenen Bruder, dem späteren Friedrich den Großen. Das unerfreuliche Klima im preußischen Königshaus verdichtete sich zur Krise, als Wilhelmine ungewollt in Intrigen ihrer Mutter verwickelt wurde. Sophie Dorothea wollte nämlich ihre älteste Tochter mit Friedrich Ludwig Prince of Wales, Sohn von Wilhelmines Onkel, dem König Georg II. von England, verheiraten. Außerdem verdächtigte Wilhelmines Vater sie, Mitwisserin des Fluchtversuchs ihres Bruders im August 1730 zu sein. Die von der Stoffwechselkrankheit Porphyrie mit ihren Symptomen Eifersucht, Mißtrauen, Verfolgungswahn und Jähzorn gezeichnete Psyche des „Soldatenkönigs“ machte das Leben nahezu aller ihm persönlich nahestehenden Menschen unerträglich, was Wilhelmine, die aufgrund der familiären Zustände im Herbst 1730 ernstlich erkrankte, in ihren „Memoiren“ plastisch geschildert hat.

Sie wurde dann gegen ihren Willen am 20. November 1731 mit dem Erbprinzen von Bayreuth verheiratet. Friedrich von Brandenburg-Bayreuth (1711–1763) war eine leicht lenkbare, labile Persönlichkeit, aber er teilte die Kunstliebe seiner Frau. Für Wilhelmine, die ihren Gatten zunächst gern hatte und auch über seinen Sprachfehler, er lispelte, hinwegsah, war die Entfernung aus Berlin eine Befreiung. Am 30. August 1732 kam ihre Tochter Elisabeth Friederike Sophie zur Welt, die 1748 den Herzog Karl Eugen von Württemberg heiratete. Wilhelmine und Fried­rich entfremdeten sich aber, als sie 1739 ein Verhältnis von ihm mit ihrer Hofdame Wilhelmine Dorothea von Marwitz entdeckte. Auch nachdem ihr Protest 1744 die Verheiratung der Mätresse nach Österreich bewirkt hatte, hatte der Markgraf gelegentliche Liebschaften. Friedrich der Große versuchte, seine Schwester zu trösten: „Freue Dich, wenn Dein lieber Schmetterling zu Dir kommt, und gewöhne Dich daran, daß er Dich oft verläßt.“

Wilhelmine, die neben ihrer Ausbildung an der Laute seit 1734 auch in Kompositionslehre unterrichtet wurde, konnte jetzt ihre künstlerischen Neigungen entfalten. Dazu gehörte die Schaffung zahlreicher musikalischer Werke. Anläßlich des Geburtstages ihres Gatten ließ Wilhelmine 1740 die von ihr komponierte Oper „Argenore“ aufführen, in der sie auch den Konflikt mit ihrem Vater verarbeitete. 1746 wurde eine weitere Komposition Wilhelmines, das Singspiel „Amarilis“ aufgeführt. Weitere Opern folgten in den nächsten Jahren.

Bedauerlich für Wilhelmine war bei ihrem Umzug nach Bayreuth nur, daß sich der Kontakt zu ihrem Bruder jetzt hauptsächlich auf den intensiven Schriftverkehr reduzierte. In ihren Briefen sprachen sich die Geschwister über alle ihre künstlerischen Aktivitäten aus und teilten sich Vorlieben und Sorgen mit. Zwei umfangreiche Bände der später publizierten Privatkorrespondenz dokumentieren ihre enge Beziehung.

Diese innige seelische Verbindung, die durch gelegentliche persönliche Begegnungen der Geschwister – sei es in Bayreuth oder in Brandenburg – vertieft wurde, überstand auch eine starke Verstimmung des Preußenkönigs, als es im Herbst 1745 zu einem Treffen der Markgräfin mit der Königin von Ungarn und Böhmen, Maria Theresia kam, obwohl der König von Preußen gerade gegen die Habsburgerin den Zweiten Schlesischen Krieg führte. Auf der Fahrt Maria Theresias zur Krönung ihres Gatten zum Kaiser in Frankfurt, dessen Wahl Friedrich erst im Frieden zu Dresden am 25. Dezember 1745 gegen die Bestätigung des Besitzes von Schlesien anerkannte, war es mehr oder weniger aus Höflichkeit zu dieser Begegnung der beiden Damen gekommen. 

Eine endgültige und nachhaltige Versöhnung der Geschwister ergab sich dann bei einem Besuch Wilhelmines im Sommer 1747 in Potsdam. Die Beziehung der beiden wurde bei einem weiteren Besuch Wilhelmines bei ihrem Bruder von August bis September 1750 in Potsdam noch weiter vertieft. Anläßlich ihres Aufenthaltes lernte Wilhelmine nicht nur die dort versammelten Herren von der Tafelrunde des Königs, sondern auch Personen kennen, die zu den ersten Geistesgrößen Europas gehörten, wie Voltaire, Algarotti, Maupertuis und Lamettrie. Friedrich beantwortete den Besuch seiner Schwester im Juni 1754.

Zu diesem Zeitpunkt war Wilhelmine bereits seit knapp zwei Jahrzehnten Landesmutter, denn 1735 hatte ihr Ehemann als Markgraf Friedrich III. die Herrschaft in Bayreuth angetreten. Wilhelmine entfaltete eine beachtliche Auftragstätigkeit und erschuf in der kleinen Markgrafschaft eine Perle des Rokoko. An ihrem 24. Geburtstag hatte sie von ihrem Gatten das Schloß „Eremitage“ geschenkt bekommen. Sogleich beschäftigte sich Wilhelmine mit Umbauplänen. Im Frühjahr 1736 begannen die Bauarbeiten, die im Folgejahr noch durch die Errichtung des „Nymphäums“ im Waldbezirk der Eremitage erweitert wurden. 1743 wurde im Garten der „Eremitage“ noch eine als Ruine gestaltete Freilichtbühne errichtet.

1737 übernahm Wilhelmine die Intendanz der Hofoper, für die in der Folgezeit zahlreiche italienische Sänger und Komponisten engagiert wurden. Als ihr Bruder Friedrich 1742 in Berlin sein Opernhaus baute, ließ sie sich Knobelsdorfs (1699–1753) Pläne schicken. 1743 gab es einen Höhepunkt in den geschwisterlichen Beziehungen, denn Friedrich kam mit Voltaire (1694–1778) nach Bayreuth gereist, wo denn auch sogleich Wilhelmine zusammen mit dem Dichter und Philosoph in dessen Stück „Racine“ gemeinsam auf der Bühne stand.

Damals war die Bühne noch im Schloß „Eremitage“, aber Wilhelmine hatte bereits den Bau eines Opernhauses im Kopf, dessen Kostenvoranschlag ihr 1745 vorgelegt wurde und für dessen Ausgestaltung bereits im nächsten Jahr der international berühmte Bühnenbildner Carlo Galli (da) Bibiena (1728–1787) engagiert wurde. Allerdings scheint der Bau des Opernhauses Schwierigkeiten bereitet zu haben, denn nach dem Richtfest im Herbst 1747 wurde weiter an einem Ausbau des Logenhauses gearbeitet und bei der Einweihung 1748 wurde an der äußeren Gestaltung noch gefeilt. Erst Ende 1750 war der Bau dann endgültig abgeschlossen. Wilhelmine hat dann weitere ihr gefällige Bauten und Umbauten in ihrem Ländchen durchführen lassen, für deren Finanzierung nach einem Brand im alten Schloß 1753 sogar eine Kopfsteuer erhoben werden mußte. Das markgräfliche Ehepaar reiste vom 10. Oktober 1756 bis zum 9. August 1757 nach Frankreich und Italien, wo sich Wilhelmine mit zahlreichen antiken Skulpturen und Objekten der Kleinkunst wie Bronzen, Vasen und einer Urne eindeckte. Nach ihrem Tode am 14. Oktober 1758 kamen alle Objekte ihrer Sammlung in den Besitz ihres Bruders Friedrich.        Jürgen Ziechmann

Foto: Wilhelmine von Preußen: Gemälde von Antoine Pesne (1683–1757)


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