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04.10.08 / Tilsiter wird Ehrenbürger von Tilsit / Erstmals hat die russische Stadtverwaltung einen engagierten Ostpreußen auf diese Weise geehrt – Städtepartnerschaft mit Kiel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-08 vom 04. Oktober 2008

Tilsiter wird Ehrenbürger von Tilsit
Erstmals hat die russische Stadtverwaltung einen engagierten Ostpreußen auf diese Weise geehrt – Städtepartnerschaft mit Kiel

Als erster vertriebener Ostpreuße hat Horst Mertineit die Ehrenbürgerschaft seiner heute russischen Heimatstadt erhalten. Die Stadt Tilsit (Sowjetsk) ehrt den 89jährigen Vorsitzenden der Stadtgemeinschaft Tilsit damit für seine Verdienste um das Wohl der Stadt und ihrer Bürger.

Horst Mertineit ist der erste, der seinen heutigen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat und trotzdem Ehrenbürger der heute von Russen bewohnten Stadt Tilsit wurde. Und so freuten sich die Kieler Stadtpräsidenten Cathy Kietzer (SPD) und Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz (CDU), dem Bewohner der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt die Ehrenbürgerschaftsurkunde zu überreichen. Sowjetsk ehrte den 1919 in Tilsit geborenen Vorsitzenden der Stadtgemeinschaft Tilsit für „seine langjährige, effektive, karitative Tätigkeit für das Wohl der Bürger der Stadt Sowjetsk, für seinen großen persönlichen Beitrag zur Entwicklung der Partnerschaftsbeziehungen zwischen Sowjetsk und Kiel“.

Nach Jahrzehnten des Kalten Krieges und alter Feindschaft zwischen den Gegnern des Zweiten Weltkrieges hätte wohl niemand zu hoffen gewagt, daß eine heute russische Stadt voller Lob und Bewunderung für einen der ehemaligen, vertriebenen deutschen Bewohner der über Jahrhunderte ostpreußischen Stadt Tilsit sein könnte. Und gäbe es nicht Horst Mertineit, so wäre die Stadt deutlich weniger Menschen ein Begriff und ein Anliegen, denn der 89jährige engagiert sich noch heute für seine Geburtsstadt, die nach Flucht und Vertreibung nicht mehr sein Wohnort sein durfte. Vor 1990 schien Tilsit auf ewig hinter dem Eisernen Vorhang des Ostblocks verborgen zu sein. Horst Mertineit ist jedoch ein Mensch, der so schnell nichts verloren gibt – schon gar nicht seine Geburtsstadt. Als erstes begann er sich 1956, in der 1954 gegründeten Stadtgemeinschaft Tilsit für seine Landsleute und deren Traditionen einzusetzen, und bot den Vertriebenen somit eine heimatverbundene Anlaufstelle. Viele schmunzeln, wenn der Stadtvertreter im Zusammenhang mit seinem Ehrenamt sich mit dem Namen „Horst Mertineit-Tilsit“ vorstellt, doch die vermeintliche Marotte ist Strategie, denn so macht Mertineit Werbung für Tilsit und bringt die Stadt immer wieder ins Gespräch.

1992, Glasnost und Perestroika hatten gerade dafür gesorgt, daß die Geburtsstadt des Tilsiters politisch wieder näher an Europa rückte, da nutzte Horst Mertineit viele seiner über Jahre geknüpften Verbindungen und wirkte maßgeblich bei der Städtepartnerschaft zwischen seinem Wohnort Kiel und seiner Heimatstadt Tilsit mit.

Egal was er tut, der hartnäckige, eigenwillige, gleichzeitig jedoch auch diplomatische Ostpreuße trägt Tilsit und seine alten wie neuen Bewohner stets als Herzensanliegen mit sich. Dieses Engagement hat schon viele Früchte getragen und das Leben der Menschen hier wie dort bereichert, ideell wie materiell. Und auch wenn Horst Mertineit, der sich bei allen Helfern bedankte, aus gesundheitlichen Gründen seine Ehrenbürgerschaftsurkunde nicht selbst in Tilsit entgegennehmen konnte, so sollte es nur eine Frage der Zeit sein, bis er wieder in seine ostpreußische Heimat reisen wird.      Bel

Foto: Einmalige Ehrung: Die Kieler Stadtpräsidentin Cathy Kietzer (rechts) überreicht Horst Mertineit die Medaille der Ehrenbürgerschaft und die Verleihungsurkunde der Partnerstadt Tilsit (Sowjetsk). Links im Bild Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz.


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