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04.10.08 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-08 vom 04. Oktober 2008

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

der Sommer hat ade gesagt, jetzt sind wohl auch die Nachzagler – das ist kein Schreibfehler, so nennt man bei uns die Nachzügler, hängt mit dem Zagel, dem Schwanz zusammen! – unter den Heimatreisenden zurück, und einige werden auch in Rauschen, dem schönen Seebad an der Samlandküste, gewesen sein – da kommt die Frage von Herrn Rudolf Cilek aus Karlsruhe leider zu spät. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, vielleicht fahren ja auch noch Leserinnen und Leser, die den samländischen Herbst mit seinen klaren Farben lieben, dorthin, oder sie planen einen Rauschen-Aufenthalt für das nächste Jahr. Die Frage, die Herr Cilek für eine Mitbewohnerin seines Wohnstiftes stellt, kann nämlich nur von einem Besucher des Friedhofs von Rauschen in seinem Jetztzustand beantwortet werden. Frau Christel Mössner, geborene Ehlert, kann aus Altersgründen nicht mehr in die Heimat reisen, das hat sie aber vor einigen Jahren getan und dabei auf dem Friedhof von Rauschen den Grabstein ihres Vaters gefunden. Frau Mössner wurde 1921 in Gumbinnen geboren, zog aber vier Jahre später mit Eltern und Schwester an die Samlandküste, die Familie wohnte in Rauschen-Düne. Der Vater, Dr. Otto Paul Ehlert, der dort beruflich tätig war, verstarb bereits 1930 und wurde in Rauschen beerdigt. Die Mutter zog mit ihren beiden Töchtern in den Schwarzwald. Frau Mössner fand bei ihrem Besuch in Rauschen den Grabstein des Vaters noch in einem verhältnismäßig guten Zustand vor, er stand aufrecht und etwas isoliert. Nun möchte Frau Mössner wissen, ob dieser Grabstein ihres Vaters noch existiert und in welchem Zustand. Ihr Mitbewohner, Herr Cilek, hat sich deshalb an unsere Ostpreußische Familie gewandt, weil er hier den besten Weg für eine Klärung der Frage sieht. Landslied, wer von Euch nach Rauschen fährt und den Friedhof aufsucht – das werden vor allem alte Rauschener tun – bitte schaut Euch nach dem Grabstein von Dr. Otto Paul Ehlert um. Falls Ihr ihn findet, wäre es nett, wenn Ihr eine Aufnahme machen würdet – das ist allerdings eine Anregung von mir. Wir möchten gerne einer betagten Landsmännin ihren Wunsch erfüllen (Zuschriften an Herrn Rudolf Cicek, Elernweg 2, Wohnstift 3-8/5 in 76199 Karlsruhe, Telefon 0721/8801-549.)

Reisen nach Ostpreußen hat Herr Dieter Wenskat aus Klein Offenseth-Sparrieshoop schon öfters unternommen und will dies auch weiter tun, denn obgleich er nach der Flucht seiner Mutter im Juni 1945 in Schleswig-Holstein geboren wurde, betrachtet er die Elchniederung als seine Heimat. Und ist auch als „Nachgeborener“ für sie tätig, denn Herr Wenskat ist Kirchspielvertreter von Gowarten und Kreuzingen. Die Wurzeln seiner mütterlichen Familie liegen in Liedemeiten, später Gerhardsweide – die seines Vaters hat er noch nicht gefunden, denn dieser ist nicht bekannt. Aber der heute 63jährige sucht noch immer nach ihnen, und vielleicht hält jemand aus unserer ostpreußischen Familie schon den Spaten bereit, um sie auszugraben. Aber das wird schwer sein, denn die Umstände sind sehr verworren, zumal der Sohn erst nach dem Tod seiner Mutter Ella Wenskat vor vier Jahren zu suchen begann und ihm klar wurde, daß er nicht der Sohn des Mannes sein konnte, dessen Namen er trägt. Der Ehemann seiner Mutter war Erich Wenskat, geboren am 7. Mai 1918 in Alt-Schemeiten, Kreis Elchniederung. Er heiratete 1940 Ella Kamann, geboren am 9. Mai 1914 in Liedemeiten. Erich Wenskat hat damals in Osnabrück gewohnt, ihr gemeinsamer Sohn Walter wurde 1940 in Bochum geboren. Mutter Ella muß aber während des Krieges in ihre Heimat zu­rückgekehrt sein, denn sie floh im Herbst 1944 gemeinsam mit ihren Eltern Matilde und Alfred Kamann und dem vierjährigen Sohn Walter aus ihrem inzwischen in Gerhardsweide umbenannten Geburtsort nach Schleswig-Holstein. Etwa im März 1945 kamen sie in Elmshorn an. Frau Wenskat hat ihren Mann, der sich inzwischen einer anderen Frau zugewandt hatte, nach dem Krieg suchen lassen. Die Ehe wurde 1957 aus Verschulden des Mannes geschieden. Ella Wenskat zog ihre beiden Jungen alleine groß, sie war eine vorbildliche Mutter, wie Dieter Wenskat schreibt. Über die Herkunft ihres Jüngsten wurde nie gesprochen, auch nicht in der Verwandtschaft. Ihr Mann hat die Vaterschaft nicht anerkannt. Ella Wenskat hatte ihren eigenen Sohn sogar „an Kindes Statt“ annehmen müssen, wie sich aus den Urkunden ergab – die fand man nach ihrem Tod! Erst da meinten Verwandte zu dem Sohn, daß er dem polnischen Zwangsarbeiter ähneln würde, der auf dem Hof seiner Großeltern tätig gewesen war. Dieter Wenskat ließ diese Vermutung keine Ruhe, er suchte diesen Mann, fand ihn nach mehreren Polenreisen auch in einem Ort nahe Biolystok, aber zwei DNA-Proben verliefen negativ – der Pole konnte nicht sein Vater sein. Aber wer dann? „Unter Umstände finde ich ja mit Ihrer Hilfe meinen Erzeuger“, hofft nun Herr Wenskat, „Vielleicht kann sich jemand aus der großen Ostpreußischen Familie noch erinnern, mit wem und wo meine Mutter auf der Flucht im September/Oktober 1944 nähere Bekanntschaft hatte, denn die Familie wird ja nicht allein geflohen sein. Mir ist nichts erzählt worden, über die Umstände auf der Flucht und die Zeit danach herrschte Schweigen. Deshalb kenne ich auch kaum Menschen, mit denen meine Mutter zusammen war. Wenn Namen aus Gerhardswalde auftauchen, frage ich sofort nach!“ Und das wird Herr Wenskat auch tun, wenn sich jetzt mögliche Zeitzeugen melden sollten, was wir ihm von Herzen wünschen. (Dieter Wenskat, Horstheider Weg 17 in 25365 Klein Offensetz-Sparrieshoop, Telefon 04121/85501.)

Ist diese Frage schon schwierig, wie soll man dann die nächste bezeichnen? Sie kommt nicht aus unserer Leserschaft, die Schreiberin – Frau Maria Schinabeck aus Tegernheim – hat erst jetzt etwas von der PAZ und unserer „Ostpreußischen Familie“ erfahren und glaubt nun, hier einen Hoffnungsstrahl zu finden. Was ich allerdings bezweifle und Ihr sicher auch, wenn Ihr diese Zeilen lest, die ich im Wortlaut bringe:

„Bin zirka 1942 geboren. Ich weiß weder meinen Namen noch Geburtsort. 1945 kam ich in Cottbus ins Krankenhaus wegen Scharlach. Nach dem Bombenangriff auf Cottbus im Februar 1945 wurde ich mit einem Lazarettzug nach Regensburg evakuiert. Dort kam ich ins Kinderkrankenhaus und im Mai dann ins Kinderheim. 1947 wurde ich adoptiert und dem DRK-Suchdienst gemeldet. Ich suche meine Eltern, Geschwister, Verwandte und Bekannte. Vielleicht können Sie mir helfen und eine Suchmeldung schalten?“ Das habe ich hiermit gemacht, mehr kann ich nicht tun. Ich weiß nicht, wo man ansetzen sollte, wenn man nicht einmal weiß, ob das Mädchen ein Flüchtlingskind war und aus welcher Gegend: Schlesien? Warthegau? Westpreußen? Ostpreußen wohl kaum! Vielleicht können Leser, die sich zu jener Zeit in Cottbus oder Umgebung aufhielten oder die in Regensburg in den genannten Einrichtungen waren, etwas zu der damaligen Lage sagen? Es könnte sein, daß die Mutter und weitere Verwandte beim Bombenangriff umgekommen sind und niemand mehr nach der damals Dreijährigen gefragt hat. Dieses Schicksal zeigt seine nie geminderte Schwere, die auch nach über einem halben Jahrhundert ein Menschenleben belastet. Ich werde mich jedenfalls mit Frau Schinabeck in Verbindung setzen, manchmal tut schon ein Gespräch gut. (Maria Schinabeck, Ringstraße 54 in 93105, Telefon 09403/8391.)

Wobei ich gleich die Gelegenheit beim Schopf ergreife und darauf hinweise, daß es bei Fragen und Wünschen unbedingt notwendig ist, die Telefonnummer anzugeben, damit ich im Zweifelsfall anrufen kann. Denn nur im direkten Gespräch kann man Dinge klären, die Voraussetzung für die Veröffentlichung sind, und das ist fast bei jedem zweiten Schreiben der Fall, weil die Angaben ungenau oder sogar unleserlich sind und damit zu Irrtümern führen können.

Auch im nächsten ‚Fall sind wir sozusagen „die letzte Rettung“, denn Herr Eckard Bernecker aus Hannover hat wirklich alle ihm verfügbaren Suchdienste, Archive und zweckdienlichen Institutionen bemüht – ohne Ergebnis. Diesen Rat gab ihm die Schriftstellerin Elisabeth Krahn – an die Oberländerin hatte sich Herr Bernecker gewandt, weil eine Frage Mohrungen betrifft. Es geht um das Schicksal seines Vaters, der seit Januar 1945 vermißt wird. Fritz Bernecker, geboren am 5. Dezember 1901 in Königsberg, war seit Juli 1943 als Obergefreiter bei dem Landesschützen Bataillon 224, 6. Kompanie in Mohrungen eingesetzt. Er soll dort als Fourier tätig gewesen sein. Seine Erkennungsmarkte lautete: - 2091-3./L.S.E.B.1. Den letzten Brief, den Eckard Berneckers Mutter erhielt, schrieb er am 29. Dezember 1944 aus Mohrungen. Wie sein Sohn erfuhr, wurden die Landesschützen unter anderem zur Bewachung von russischen Kriegsgefangen im Lager und bei Arbeitseinsätzen in Fabriken und landwirtschaftlichen Betrieben eingesetzt. Eckard Berneckers Frage an unsere Ostpreußische Familie lautet:

„Wer hat den Einmarsch der Roten Armee in Mohrungen miterlebt und weiß, was mit den Soldaten der Wehrmacht und den Kriegsgefangenen in den Kasernen (und Lagern?) in Mohrungen passierte? Wurden die Kasernen vorher geräumt und die Gefangenen – auch von den Gütern und Höfen – abtransportiert und wann und wohin? Wurden die Landesschützen, meist ältere, nicht mehr „frontfähige“ Soldaten zur Verteidigung von Mohrungen eingesetzt? Für jede Nachricht, jeden Hinweis wäre ich dankbar“, soweit Herr Bernecker. Ich glaube, hier können wir optimistisch sein. (Eckard Bernecker, Ostermeierstraße 18 in 30530 Hannover, Telefon 0511/513061)

Eure Ruth Geede


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