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11.10.08 / Einsatz ohne klare Perspektive / Bundeskabinett verlängert Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr – Taliban siegessicher

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-08 vom 11. Oktober 2008

Einsatz ohne klare Perspektive
Bundeskabinett verlängert Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr – Taliban siegessicher

Der Bundestag debattiert über Verlängerung und Aufstockung des deutschen Afghanistan-Einsatzes. Eine klare Strategie oder eine Perspektive sind jedoch nicht erkennbar.

Nun auch noch Querschüsse aus den eigenen Unions-Reihen: CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer fordert eine klare Perspektive für ein Ende des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr. Angesichts der vom Kabinett bereits beschlossenen und nun im Bundestag debattierten, anstehenden Verlängerung des Mandates für die Beteiligung der Bundeswehr an der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (Isaf) kommt dieser Aufruf für Angela Merkel äußerst ungelegen. Peter Ramsauer begründet seinen Vorstoß mit dem nur geringen Rückhalt, den die Afghanistan-Mission in der deutschen Bevölkerung hat. Daß dies weniger an der Mission selber liegt, sondern an der Art und Weise, wie sie von deutschen Politikern dargestellt wird, wird jedoch geflissentlich übersehen.

Fast gleichzeitig mit Ramsauer ging auch SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier an die Presse und verlangte ein Ende der deutschen Beteiligung am Kampf gegen den Terrorismus in Afghanistan. Was auf den ersten Blick alle Pazifisten befriedigte, war jedoch nur viel Getöse um nichts. Denn der Außenminister meinte nicht die Isaf-Mission, die sogar von derzeit 3500 Soldaten auf 4500 Soldaten personell aufgestockt werden soll, sondern nur die Operation Enduring Freedom (OEF). Für die OEF, die als Reaktion auf die Terroranschläge am 11. September von den USA ins Leben gerufen wurde, wurden jedoch seit 2005 keine Soldaten des zugesagten Kommandos Spezialkräfte (KSK) angefordert. Steinmeier versuche, „die SPD-Linke mit einem Placebo zu beruhigen“, lautete dann auch sofort die Kritik von Seiten der FDP. Derartiges vermittelt den Eindruck, daß es hier nicht um den Kampf gegen den Terror, sondern um Parteiinteressen und die Beziehungen zu den USA geht.

Für die meisten Deutschen ist es schwierig, das deutsche Afghanistan-Engagement einzuschätzen. Um zu vermeiden, daß mit dem inzwischen knapp 690 Millionen Euro pro Jahr kostenden Militär-Einsatz 2009 Wahlkampf gemacht wird, soll das Mandat statt nur um zwölf um 14 Monate verlängert werden. Auf diese Weise verschiebt man die nächsten Entscheidungen auf die Zeit nach der Bundestagswahl im September. Daß der Plan aufgeht, ist jedoch unwahrscheinlich. US-amerikanische Militärs weisen schon jetzt darauf hin, daß unabhängig von der Tatsache, ob John McCain oder Barack Obama im November die US-Wahl gewinnt, der neue US-Präsident wesentlich höhere Truppenanforderungen an die Nato-Verbündeten stellen wird. Zudem wird die Sicherheitslage in Afghanistan immer schwieriger, da dort im Herbst 2009 Präsidentschaftswahlen anstehen. Die Bundeswehr wird also eher mehr als weniger in den bewaffneten Kampf hineingezogen werden, was die deutschen Politiker aller Parteien jedoch vermeiden wollen. Selbst die Befürworter der Afghanistan-Mission hatten immer wieder den Eindruck vermittelt, die deutsche Aufgabe im Kampf gegen den Terror bestehe vor allem aus dem Bau von Schulen und Brunnen. Das gab den Deutschen ein gutes Gefühl. Allerdings geriet die Bundesregierung immer wieder in Erklärungsnöte, wenn deutsche Soldaten am Hindukusch fielen und es wurde immer deutlicher, daß der zivile Aufbau dort eng mit einer militärischen Wiederherstellung der Sicherheit verbunden ist.

„Wir werden diesen Krieg nicht gewinnen“, wurde Anfang Oktober Mark Carleton-Smith, Brigadegeneral der britischen Luftwaffe in Afghanistan, zitiert. Er fordert deswegen ein Friedensabkommen mit den Taliban. Aussagen wie diese verstärken den von der Bundesregierung stets vermiedenen Eindruck, daß sich die Isaf und somit auch die deutsche Bundeswehr in einem Krieg befindet, der zudem auch nicht zu gewinnen ist.

Auch für aufmerksame Beobachter ist schwer einzuschätzen, ob man wirklich die Taliban und al-Kaida in Afghanistan bekämpfen muß, damit der Terrorismus nicht eines Tages zu uns herüberschwappt. Selbst wenn dem so wäre, so scheinen sich die westlichen Alliierten in dem Land festgefahren zu haben.

Dieser Überzeugung ist offenbar auch der afghanische Präsident Hamid Karsai. Er tut jetzt das, was Brigadegeneral Carleton-Smith empfahl: Er versucht, mit den Taliban zu verhandeln. „Mein teurer Bruder, komme zurück in deine Heimat, komme und arbeite für den Frieden und höre auf, deine Brüder zu töten“, fleht Karsai Mullah Omar, den Talibanchef, an. Dieses aus einer Position der Schwäche heraus getätigte Angebot erbrachte jedoch nicht die erhoffte Antwort. Es bestätigte vielmehr Omars Vermutung, daß er seinem Sieg nahe ist. Und so bot er den ausländischen Truppen gönnerhaft einen sicheren Abzug an, bevor er wieder die Macht im Lande übernehmen würde.            Rebecca Bellano

Foto: Der schwierige Versuch, Sicherheit zu schaffen: Ein Bundeswehrsoldat patrouilliert durch den Ort Madrassa bei Kundus.


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