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11.10.08 / Eklatante Bevorzugung / Atomabkommen zwischen den USA und Indien höhlt Sperrvertrag aus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-08 vom 11. Oktober 2008

Eklatante Bevorzugung
Atomabkommen zwischen den USA und Indien höhlt Sperrvertrag aus

Der Zeitpunkt war „günstig“: Während die Welt gebannt nach Washington blickte, wo die beiden Kammern des US-Parlaments um ein Rettungspaket für das Finanzwesen feilschten, haben die Abgeordneten und Senatoren nebenbei ein umstrittenes Atom-Abkommen mit Indien gebilligt.

Die Vorgeschichte: Im Juli 1968 unterzeichneten die USA, die Sowjetunion und Großbritannien den Atomwaffen-Sperrvertrag (NPT). Damals verfügten außer den Unterzeichnern auch schon Frankreich und China sowie nach einhelliger Expertenmeinung Israel über Atomwaffen. Mittlerweile sind dem Vertrag alle Staaten außer Israel, Indien und Pakistan beigetreten. Nordkorea hat 2003 wieder gekündigt. Laut Sperrvertrag dürfen Nuklear-Ausrüstungen und Materialien nur an Unterzeichner geliefert werden, die sich ihrerseits zu Inspektionen durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bereiterklären. Die Gruppe der Lieferstaaten hat derzeit 45 Mitglieder.

Auf Betreiben der Regierung Bush haben die USA und Indien 2006 ein Nuklear-Abkommen paraphiert, das zivile Lieferungen vorsieht, obwohl Indien den Sperrvertrag nicht unterzeichnet hat. Dieser Schritt der USA trug wesentlich zur Untergrabung der Autorität ihres Verbündeten, des pakistanischen Präsidenten Muscharraf bei.

Das Vorhaben stieß aber auch auf heftige Ablehnung durch die IAEA und die Lieferstaaten, die es als gefährlichen Präzedenzfall und als Aushöhlung des im Sperrvertrag festgelegten völkerrechtlichen Systems sehen. Erst auf massiven Druck der USA erklärte sich diese Staaten im September 2008 bereit, das Embargo aufzuheben, das nach dem ersten indischen Atomtest 1974 über Indien verhängt worden war. Die Aufhebung ermöglichte nun die Ratifizierung des Abkommens durch das US-Parlament.

Die zivile Atomtechnologie der USA gilt als veraltet – und prompt schloß jetzt auch Frankreich ein Atom-Abkommen mit Indien. Die russische Kritik an der Aufhebung des Embargos ist nur ganz leise, denn man hofft mit einiger Berechtigung, wie zu Sowjetzeiten einen Gutteil des Atomgeschäfts mit Indien machen zu können.

In Indien selbst kommt Widerstand von den traditionell anti-amerikanischen Linksparteien sowie von Nationalisten, welche die vorgesehenen Inspektionen ziviler Atomanlagen durch die IAEA als Verletzung der Souveränität ansehen.

Aber auch der Rest der Welt hat Grund zur Sorge: Erstens macht die zivile Atomhilfe an Indien mehr Kapazität für die indische Nuklearrüstung frei – und die unterliegt keinen Inspektionen. Zweitens trägt die eklatante Bevorzugung Indiens dazu bei, die an sich schon schwache und durch die US-Militäroperationen in Pakistan weiter geschwächte Autorität des neuen pakistanischen Präsidenten und US-Protegés Ali Asif Zardari noch mehr zu untergraben – die Destabilisierung Pakistans aber wirkt sich unmittelbar auf Afghanistan und Kaschmir aus. Drittens rücken die Ausnahmen für Indien das harte Vorgehen der USA gegen den Iran (siehe Seite 6) in ein schiefes Licht.      Richard G. Kerschhofer


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