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11.10.08 / Linksliberale Irrtümer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-08 vom 11. Oktober 2008

Linksliberale Irrtümer
von Konrad Badenheuer

Schon in den siebziger Jahren trieb George Orwells Roman „1984“ den Deutschen den kalten Schweiß auf die Stirn: Die Angst vor dem Großen Bruder, der alles weiß und sieht, schoß gerade in einem Volk ins Kraut, das den Staat sonst meist positiv, ja als „Vater Staat“ geradezu kindlich-vertrauensvoll betrachtet. Der Verlauf der deutschen Datenschutzdebatte war dabei fast so absurd wie das Meisterwerk des britischen Autors. Statt beispielsweise die schon vor 1989 keineswegs völlig geheimen Praktiken der Stasi zu brandmarken, bekamen Millionen Deutsche plötzlich so viel Angst vor der nächsten Volkszählung, daß diese um Jahre verschoben werden mußte. Die Partei der Grünen machte die Abwehr des angeblichen Überwachungsstaates gar zu einem Eck-pfeiler ihres Programms: Mehrere hundert Deutsche haben diese Überangst inzwischen mit dem Leben bezahlt, weil im Kampf gegen Schwerkriminelle genetische Fingerabdrücke zu selten genommen und zu wenig zwischen den Ermittlungsbehörden ausgetauscht werden durften. Auch die Planung der Anschläge vom 11. September von Hamburg aus wäre kaum möglich gewesen, wenn nicht eine fast neurotische Angst vor Datenmißbrauch Polizei und Verfassungsschutz jahrelang die Hände gebunden hätte.

Wenn es um den Datenschutz ging, dann lieferten sich Parteien und Verfassungsorgane einen teilweise bizarren Überbietungswettbewerb. Besonders tat sich dabei das Bundesverfassungsgericht hervor, das gleich zwei bis dato nicht vorhandene Datenschutz-Grundrechte schuf: Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und, im Frühjahr 2008, das „Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität von informationstechnischen Systemen“. Dieses neueste Grundrecht wurde sogar in der juristischen Literatur teilweise mit Ironie aufgenommen.

Der Telekom-Skandal, der seit Mai scheibchenweise ans Licht kommt, macht deutlich: Datenschutz ist tatsächlich wichtig, aber die Fixierung auf den demokratischen Rechtsstaat in dieser Debatte war naiv, ja ignorant. Datenmißbrauch droht – wie jeder andere Rechtsbruch – dort, und nur dort, wo er einen Nutzen verspricht. Der freiheitliche Rechtsstaat hat kein Motiv, Millionen Bürger beispielsweise am Telefon abzuhören. Er könnte mit den Daten buchstäblich nichts anfangen, und entsprechend unwahrscheinlich ist, daß er sie sammeln möchte.

Ganz anders war die Motivlage bei Mielkes Ministerium für Staatssicherheit und bei dem einen oder anderen kriminellen Datensammler im Bereich der Privatwirtschaft. Daß die Deutsche Telekom in großem Stil Daten, die sie durch ihr reguläres Geschäft gewann, mißbraucht hat, ist unentschuldbar. Neben den direkt Verantwortlichen haben hier aber auch diejenigen linken und liberalen Kräfte versagt, die der Datenschutzdebatte jahrzehntelang die falsche Stoßrichtung gegeben haben.


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