18.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
11.10.08 / Folgenschwerer »Salpeterkrieg«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-08 vom 11. Oktober 2008

Folgenschwerer »Salpeterkrieg«

Wie auf anderen Kontinenten führte die Dekolonisation auch in Südamerika zu nachhaltigen Grenzstreitigkeiten. So erkannte Bolivien seit seiner Unabhängigkeitserklärung von 1825 die von der Kolonialmacht gezogenen Grenzen nicht an und erhob Anspruch auf die im gemeinsamen Grenzraum mit Chile und Peru an der Pazifikküste gelegene Atacama. Die Region war zwar überwiegend von Chilenen besiedelt, doch erkannte Chile das nördlich des 24. Breitengrads gelegene Territorium als bolivianisch an, da Bolivien sich im Gegenzug 1874 verpflichtete, den dort ansässigen chilenischen Firmen, die mit der Ausbeutung der in den sechziger Jahren entdeckten Salpetervorkommen ihr Geld verdienten, 25 Jahre Steuerfreiheit zu gewähren.

Ein schweres Seebeben im Jahre 1877 weckte jedoch die Begehrlichkeiten des bolivianischen Fis­kus. Er benötigte neue Einnahmen für den Wiederaufbau und führte eine Abgabe auf abgebauten Salpeter ein. Als die chilenischen Unternehmen die Zahlung unter Hinweis auf ihr Steuerprivileg verweigerten, wurden sie von Bolivien enteignet. Dieses Vorgehen interpretierte Chile als groben Bruch des Vertrages von 1874 und die Grenz­einigung als damit null und nichtig. Nun besetzte Chile die Hafenstadt Antofagasta. Bolivien, das bereits 1873 mit Peru ein antichilenisches Geheimabkommen geschlossen hatte, antwortete am 5. März 1879 mit der Kriegserklärung. Nachdem Chile hieraufhin erfolglos eine Neutralitätserklärung vom bolivienfreundlichen Peru verlangt hatte, erklärte es seinerseits Peru den Krieg.

Obwohl Chile es nun mit zwei Kriegsgegnern zu tun hatte, war es zu Lande zahlenmäßig überlegen. Während Chile rund 13000 Soldaten aufzubieten hatte, konnten Bolivien und Peru zusammen nur 8300 Mann in die Waagschale werfen. Um diese quantitative Überlegenheit in der umstrittenen Küstenregion zum Tragen zu bringen, bedurfte es jedoch der Herrschaft über die Küstengewässer.

Die Bolivianer waren zwar als Seemacht eine vernachlässigbare Größe, aber die Peruaner verfügten außer über zwei alte Panzerschiffe und einige Kanonenboote über die beiden kampfstarken Panzerschiffe „Independencia“ und „Huáscar“. Die „Independencia“ verloren die Peruaner bei den Seegefechten von Iquique und von Punta Gruesa am 21. Mai 1879. Es folgte eine chilenische Hatz auf das einzige den Peruanern verbliebene kampfstarke Panzerschiff. Am 8. Oktober 1879 gelang es den Chilenen schließlich, die „Huáscar“ im Seegefecht von Angamos nicht nur zu stellen, sondern auch noch zu erbeuten.

Nun waren die chilenischen Mannschaftstransport- und -versorgungswege zur See ungestört. Und Chile konnte seine zahlenmäßige Überlegenheit an Soldaten in den folgenden Landkämpfen mit Peruanern und Bolivianern zur Geltung bringen. Es gewann den Krieg.

Nachdem die bolivianischen Truppen sich zurückgezogen und die Kampfhandlungen eingestellt hatten, willigte Peru vor 125 Jahren, am 20. Oktober 1883, nolens volens in den Frieden von Ancón ein. Während Peru mit Tarapacá „nur“ eine Provinz verlor, kostete Bolivien der verlorene Krieg seinen Zugang zum Pazifik und damit zum Meer – womit es sich bis heute nicht abgefunden hat.           M. R.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren