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11.10.08 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-08 vom 11. Oktober 2008

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

angekündigt hatten wir die Auszeichnung, jetzt hat unser – im wahrsten Sinn des Wortes – verdienstvoller Landsmann Horst Potz aus Hannover sie bekommen: die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Die hohe Auszeichnung, die vom Bundespräsidenten in Anerkennung der um Volk und Staat erworbenen besonderen Verdienste verliehen wird, nahm Herr Potz aus der Hand des Oberbürgermeisters der Stadt Hannover, Stephan Weil, im Rathaus der niedersächsischen Metropole entgegen. Und das, was Horst Potz in Eigeninitiative leistet, wenn er vor allem in höheren Lehranstalten über Flucht und Vertreibung spricht und anhand seines eigenen Schicksals als Zeitzeuge die jungen Zuhörer zum Nachdenken zwingt, kommt auch in der Laudatio zum Ausdruck, die aber vor allem seine so früh begonnenen Verbindungen zu seiner Heimat Ostpreußen betont. Denn der in Popelken, Kreis Labiau geborene Horst Potz, der bereits Anfang der 80er Jahre als einer der ersten Reiseunternehmer Gruppenreisen nach Moskau, Leningrad und Jalta sowie Reisen für Rußlanddeutsche in ihre ehemaligen Wohngebiete organisierte, konnte wenige Jahre später die ersten Verbindungen zum heutigen Labiauer Gebiet herstellen. Nachdem die russische Administration Herrn Potz bereits 1989 eingeladen hatte, folgten weitere Besuche mit dem Ziel, den Tourismus in seinem Heimatkreis aufleben zu lassen. Das ist ihm auch gelungen, und wer das zum Hotel ausgebaute Forsthaus Neu Sternberg oder die von ihm initiierte Hotelanlage Groß Baum besucht, kann es nur bestätigen. Damit hilft er auch den heutigen Bewohnern seines Heimatkreise, denn als Vorsitzender des 1994 gegründeten Freundeskreises Popelken schuf er Arbeitsplätze und half mit, dem heruntergekommenen Ort neues Leben einzuhauchen. Über die vielseitige Hilfe – vor allem die zur Selbsthilfe –, die der Freundeskreis bisher geleistet hat, haben wir schon ausführlich berichtet und werden es weiter tun.

Denn Horst Potz wird uns darüber und vor allem über seine Aufklärungsarbeit in niedersächsischen Schulen berichten als einer der Referenten auf unserm diesjährigen „Seminar Ostpreußische Familie“ im Ostheim in Bad Pyrmont. Dort werde ich ihm auch meine ganz persönlichen Glück­wünsche zu der hohen Auszeichnung übermitteln, hier und heute tue ich es für unseren Familienkreis. Ja, Nägel mit Köpfen hatten wir ja schon gemacht, jetzt haben wir sie eingeschlagen und können nun verkünden: Unser Familienseminar findet vom 27. bis 30. November im Ostheim in Bad Pyrmont statt. Es steht unter dem Tenor „Flucht und Vertreibung“ und will helfen, die große und unterschiedliche Resonanz auf die dieses Thema behandelnden TV-Filme und Dokumentationen aufzuarbeiten. Da sind nicht nur die Referenten gefordert, sondern auch die Teilnehmer. Es wird also lebhafte Diskussionen und Berichte aus eigenem Erleben geben, aber das ist ja der eigentliche Sinn dieses Treffens. Das genaue Programm werden wir bald vorstellen, doch wir wollen jetzt schon sagen, daß es auch einen ganz im Zeichen der Vorweih­nacht stehenden, gemeinschaftlich gestalteten Familien-Abend geben wird, denn der letzte Seminartag ist ja bereits der erste Advent. Dies konnte ich auf dem Geschichtsseminar, das kürzlich im Ostheim stattgefundenen hat, bekanntgeben, und aus dem Teilnehmerkreis erfolgten spontane Zusagen, als Herr Winckler die ersten Anmeldeformulare vorlegte. Diese können ab sofort bezogen werden bei: Ostheim e. V. Parkstraße 14 in 31812 Bad Pyrmont, Telefon (05281) 93610, Fax (05281) 936111.

Auch Frau Ingrid Labuhn aus Chemnitz ist wieder dabei, sie will mit weiteren Mitwirkenden aus ihrem Kreis den Vorweih­nachtsabend musikalisch gestalten. Eine kleine Bitte an unsere Ostpreußische Familie hat sie mir schon vorweg in die Hand gedrückt: Sie sucht das Buch „Die Reichsgottesritter“ von Frida Busch. Es wird wohl schwer zu finden sein, denn dieser historische Roman der ostpreußischen Schriftstellerin, die ich noch sehr gut gekannt habe, dürfte keine hohe Auflage gehabt haben. Na, vielleicht befindet sich das Buch doch noch in einem alten Bücherschrank! (Ingrid Labuhn, Zwickauerstraße 288 in 09116 Chemnitz.)

Und noch ein Wunsch kristallisierte sich in einem Gespräch im Rahmen des Geschichtsseminars heraus, und ich hoffe, daß er sich erfüllen wird. Angesprochen sind die ehemaligen Sensburger, denn in dieser, von vielen Seen umgebenen masurischen Stadt ist Frau Waltraud Wieschal beheimatet. Als Waltraud Tyborzik wurde sie als Tochter eines Kaufmanns und Gastwirtes 1932 dort geboren. Das Geschäft des Vaters lag im nahen Prausken. Bei ihm gab es die besten Bonbons, wie die damaligen kleinen Kunden behaupteten. Leider hat die heute in Münster lebende Sensburgerin keine Verbindung mehr zu ihren Mitschülerinnen der Sensburger Mädchenschule. 27 waren es in der 7. Klasse, die am 25. Januar 1946 ihren letzten Unterricht hatten – dann wurden sie auseinandergerissen. Immer wieder hat Frau Wieschal nach vertrauten Namen gesucht, auch in unserer Zeitung, aber nie tauchte der einer ehemaligen Klassenkameradin auf. Vielleicht liest jetzt eine von ihnen diese Zeilen und meldet sich bei Waltraud, sie wäre sehr glücklich. (Waltraud Wieschal, Sentmaringer Weg 99 in 48151 Münster, Telefon 0251/796399.)

In den Januar 1945 führt auch der Suchwunsch von Frau Eva-Maria Ludwig aus Hamburg – da kam sie als 20jährige mit ihrer Mutter aus Heilsberg in ihre Geburtsstadt Königsberg zurück. Die Familie hatte bis 1934 auf den Hufen gewohnt, und in der vertrauten Gegend fanden sie auch Unterschlupf: im Keller des Hauses Luisenhöh 1 a. Dort traf sie auf eine Freundin aus der Volksschule, Dorothea Pahncke, die ihre Angehörigen suchte, aber diese hatten bereits Königsberg verlassen. Nachdem sie zwei Nächte zusammen verbracht hatten, beschlossen die beiden jungen Mädchen, nicht tatenlos herumzusitzen, und suchten eine Tätigkeit, die sie als Hilfsschwestern auf dem Hauptverbandsplatz Hufengymnasium fanden. In Tag- und Nachtschicht wurde dort bis Ende März gearbeitet. Eva-Maria verließ dann auf Befehl des Generals Lasch Königsberg in Richtung Pillau, als der Ring aufgebrochen und der Weg dorthin frei geworden war. Wenig später folgte auch Dorothea. Die Freundinnen fanden sich nach dem Krieg wieder und blieben in Verbindung bis zu Dorotheas Tod vor einigen Jahren.

Aber zurück zu dem Hauptverbandsplatz an der Hufenschlucht. Auch der Tiergarten wurde mit einbezogen, der Palmensaal des Gesellschaftshauses mit 220 Betten belegt. Dort hatten die beiden Hilfsschwestern ihre Wirkungsstätte, auch im ehemaligen „Casino“ in der Wohnung des Tiergartendirektors Dr. Hans Georg Thienemann, der Königsberg bereits verlassen hatte. Operiert wurde im Keller des Hufengymnasiums. An diese Stätten kehrt Frau Ludwig immer zurück, wenn sie in Königsberg ist, und fragt sich, was wohl aus den Ärzten, dem Sanitätspersonal, den Patienten, die nicht nach Heiligenbeil ausgeflogen werden konnten, und ihren „Mitschwestern“ geworden ist. Kann sich noch jemand von unseren Leserinnen und Lesern an jene schwere Zeit auf dem Hauptverbandsplatz erinnern? Für die ehemalige junge Hilfsschwester blieb sie unvergessen: Seit Einweihung des Soldatenfriedhofs in der Cranzer Allee durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge legt Eva-Maria Ludwig immer am zentralen Kreuz Blumen für die toten Kameraden und Patienten jener Zeit nieder. (Eva-Maria Ludwig, Heegbarg 79 in 22395 Hamburg, Telefon 040/6023518.)

Viele Schicksale werden nie mehr geklärt werden, vor allem die der Verschleppten, die diese grausamen Transporte nicht überlebt haben und irgendwo verscharrt wurden. Frau Lilli Ekruth aus Bützfleth weiß immerhin, daß ihre Schwester Gerda in russischer Zivilgefangenschaft verstorben ist, aber sie zweifelt an dem Datum, das die Sterbeurkunde der Verschleppten aufweist. Sie erhofft sich nun Klärung durch unsere Ostpreußische Familie. Gerda Justine Gillwald, * 14. März 1929, wurde in ihrem Heimatort Menthen, Kreis Stuhm von den russischen Besatzern gefangengenommen und nach Christburg in ein Sammellager gebracht. Frau Ekruth hat nie ein Lebenszeichen von ihrer Schwester erhalten, doch eine Mitgefangene berichtete nach ihrer Rückkehr, daß Gerda Gillwald den Transport nicht überlebt habe. Die Todesurkunde, die Frau Ekruth später erhielt, besagt aber, daß ihre Schwester am 31. Dezember 1946 in der Sowjetunion verstorben sei. Demgemäß hätte sie dort in einem Lager gelebt. Da sich in dem Sammellager Christburg auch viele Ostpreußen befanden, könnte es möglich sein, daß Schicksalsgefährten, die damals mit Gerda Gillwald zusammen waren, sich noch an die damals 16jährige Westpreußin erinnern. (Lilli Ekruth, Hornstieg 9 in 21683 Bützfleth, Telefon 04146/5859.)

Es ist schon ein sonderbares Gefühl, wenn irgendwo wie aus dem Nichts etwas auftaucht, das an einen Menschen erinnert, mit dem man einmal mehr oder weniger eng zusammen war. Das kann man einen „Gruß aus der Vergangenheit“ nennen, wenn die Zeitspanne aber sehr groß ist, könnte es aber weitaus mehr sein. In diesem Fall ist es ein Feldpostbrief, der Frau Susanne Petereit aus Kanada auf ihrem kürzlichen Heimatbesuch in der Elchniederung in Kreuzingen/Skaisgirren übergeben wurde. „Vielleicht findet sich jemand, dem dieser Brief viel bedeutet!“ hofft Frau Petereit, und deshalb hat sie den Weg über unsere Ostpreußische Familie gewählt. Der Brief ist an Fräulein Elly Ukat, Kreuzingen, Gerichtsstraße 24, adressiert. Er trägt die Unterschrift „Dein Fritz“ und wurde am 3. Dezember 1941 von der Deutschen Feldpostnummer 19923 abgeschickt. Wer interessiert sich für diesen Feldpostbrief? (Bitte melden bei Susanne Petereit, RR1, Lakeside/Ontario, NOM 2GO, Kanada, Telefon 5193492322, E-Mail: petereit@quadro.net.)

Zeitzeugen sucht Frau Johanna Lent geborene Hoffmann aus Berlin – und diesmal werden die Wuttriener angesprochen, denn in das bei Allenstein am schönen Lansker See gelegene Kirchdorf wurde 1943/44 die Familie Hoffmann evakuiert. Johanna war damals sieben Jahre alt und kann sich deshalb noch gut an diese für sie aufregende, aber auch idyllische Zeit erinnern. Ihre Mutter Dorothea Hoffmann hatte außer ihrer Ältesten Johanna noch drei kleinere Kinder, trotzdem übernahm sie die Vertretung des Lehrers, als dieser zum Kriegsdienst eingezogen wurde, und unterrichtete die Wuttriener Kinder ein Jahr lang. Kann sich jemand an Frau Hoffmann und ihre vier Kinder erinnern? Frau Lent würde sich sehr freuen – auch ihr Kollege Dr. Helmut Pieper, der uns ihren Wunsch übermittelt. (Johanna Lent, Frankenhauser Straße 29 in 12249 Berlin, Telefon 030/7752429.)

Eure Ruth Geede

Foto: Bei der Überreichung der Ordensverleihung in Hannover: Oberbürgermeister Stephan Weil und Horst Potz


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