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18.10.08 / Das »weiße Gold« weckte Begierden / Sehenswürdigkeiten in Sachsen – Von der Festung Königstein bis zur Albrechtsburg – Der Porzellan-Erfinder sollte nicht entkommen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-08 vom 18. Oktober 2008

Das »weiße Gold« weckte Begierden
Sehenswürdigkeiten in Sachsen – Von der Festung Königstein bis zur Albrechtsburg – Der Porzellan-Erfinder sollte nicht entkommen

Auf der Festung Königstein muß ja auch ein Bäcker sein, singen die Kinder. Es folgen der Fleischer, Milchmann und beinah alle Gewerke. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Sogar die Kanone bekommt einen Reim. Aber wahrscheinlich hat das gar nichts mit Phantasie zu tun. Denn Deutschlands größte Festung war eine Militärstadt mit eigenem Marktrecht. Heute ist das Bollwerk hoch über dem Elbtal auf einem riesigen Sandsteinfels Wahrzeichen der Sächsischen Schweiz und ein beliebtes Ausflugsziel.

Die Renaissancekaserne, das barocke Brunnenhaus mit dem 152,50 Meter tiefen Brunnen sowie das Pulver- und Proviantmagazin, wo auch der sächsische Staatsschatz eingelagert wurde, sind sehenswert. Die Ende des 16. Jahrhunderts zur Landesfestung ausgebaute Wehranlage sicherte einst die Salzstraße und galt über 300 Jahre auch als ausbruchsicheres Staatsgefängnis. Hinter den bis zu 40 Meter hohen Mauern, die ein Areal von neuneinhalb Hektar einschließen, wurde 1706 Johann Friedrich Böttger (1682–1719) interniert. Als 19jähriger den Häschern des preußischen Königs entkommen, saß der Alchimist in der sächsischen Bastille, um aus unedlem Metall Gold zu machen. Im Folgejahr setzte er seine Versuche in der Jungfernbastei der Residenzstadt Dresden fort und erfand gemeinsam mit Ehrenfried Walther von Tschirnhaus das „weiße Gold“.

Die Gewölbe der Dresdner Festungsanlage sind für die Öffentlichkeit nur teilweise zugänglich. Sie liegen unterhalb der Brühlschen Terrasse, die 1814 samt Lustgarten des kunstsinnigen Grafen Heinrich von Brühl (1700–1763) den Dresdner Bürgern geöffnet wurde. Bald avancierte sie zur beliebten Flaniermeile mit berühmten Cafés und erhielt den Namen „Balkon Europas“. Eine Porzellanstele mit Böttgers Porträt erinnert an sein Wirken an diesem Ort. Im Januar 1708 war ihm ein erfolgreicher Probebrand gelungen – die Geburtsstunde des europäischen Porzellans.

Um das Geheimnis der Porzellanherstellung zu schützen, quartierte Kurfürst August der Starke (1670–1733) den Erfinder bald schon in der Albrechtsburg im nahegelegenen Meißen ein. Da das Schloß kaum bewohnt war, ließ August 1710 hier die erste Porzellanmanufaktur Europas einrichten.

Das über 1000jährige Meißen gilt als Wiege Sachsens. Ein Spaziergang durch die an beiden Ufern der Elbe gebaute mittelalterliche Stadt mit ihren kopfsteinge­pflasterten Gassen, den rekonstruierten Renaissancebürgerhäusern, romantischen Innenhöfen und Passagen endet oft in einem der urigen Weinlokale. Denn die steilen Weinberge in der Umgebung gehören zum kleinsten deutschen Weinanbaugebiet entlang der sächsischen Weinstraße.

Wenn es grau, naß und kalt ist, haben die Museen Konjunktur. Unweit der Albrechtsburg im Triebischtal befindet sich heute die Meißener Porzellanmanufaktur. Im Porzellanmuseum gelingt dem Besucher ein Blick hinter die Kulissen. Er kann die einzelnen Arbeitsschritte der Porzellanherstellung vom Drehen und Formen über das Bossieren (Zusammensetzen der Figuren) bis zum Bemalen der Stücke miterleben. Ganz nebenbei erfährt er, daß das berühmte Zwiebelmuster eigentlich Granatäpfel darstellt. Die Schwerter, das Zeichen für die Echtheit des Meißener Porzellans, lösten übrigens erst 1722 die Signatur AR für Augustus Rex ab. Das berühmte Schwanenservice etwa wurde 1737 bis 1742 für Brühl angefertigt, der es nach dem Tode Augusts des Starken nicht nur zum Premierminister Augusts III., sondern auch zum Leiter der Porzellanmanufaktur gebracht hatte. Mit über 2000 Einzelteilen ist es das größte und prunkvollste Service, das je eine Porzellanmanufaktur schuf.

Die Porzellansammlung im Dresdner Zwinger ist heute das weltweit größte Museum seiner Art. Porzellanliebhaber sollten sich den Anblick der Raritäten nicht entgehen lassen. Von rund 20000 inventarisierten Porzellankunstwerken werden 2000 ausgestellt. August der Starke verkaufte sogar 600 seiner besten Soldaten an Preußen zur Anschaffung ostasiatischer Porzellane. Deren größte Stücke zieren heute als „Dragonervasen“ die Dresdner Sammlung. Wer selbst von echtem „Meißener“ speisen möchte, hat dazu im Restaurant Meißen Gelegenheit.    Cornelia Höhling


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