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25.10.08 / Eine Lawine von Gebietsansprüchen / Alte und neue Konflikte um Polargebiete und Hoheitsgewässer – Uno muß demnächst entscheiden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-08 vom 25. Oktober 2008

Eine Lawine von Gebietsansprüchen
Alte und neue Konflikte um Polargebiete und Hoheitsgewässer – Uno muß demnächst entscheiden

Die Polkappen schmelzen ab und machen Bodenschätze zugänglich, die immer wertvoller werden. Um so heftiger ist der Streit um die letzten Ressourcen auf dem Globus entbrannt – in den Polargebieten und auf hoher See. Die Vereinten Nationen sehen sich einer Flut von territorialen Ansprüchen gegenüber. Internationale Konflikte stehen ins Haus.

Der legendäre britisch-norwegische Wettlauf zum Südpol im Jahre 1911 diente nicht zuletzt der Sicherung von Gebietsansprüchen.

Auch Deutschland nahm später daran teil. 1939 ließ Adolf Hitler unter dem Namen „Neuschwabenland“ 600000 Quadratkilometer der Antarktis in Besitz nehmen. Kapitän Alfred Ritscher steckte mit einem Dornier-Flugboot rund um die „Schumacherseen“ die Hakenkreuzflagge ins Eis.

Im Jahr 1952 verzichtete die junge Bundesrepublik pauschal auf ihre historischen Gebietsansprüche, die damalige DDR tat dies 1969. Heute würde mancher den Entschluß gerne rückgängig machen, denn die Geologen wittern in der Antarktis Ölfelder und andere Rohstofflager.

Und schon eskaliert der Streit: Großbritannien, Norwegen, Argentinien, Australien, Neuseeland, Chile und auch Frankreich erheben Ansprüche. Zwar ist der neutrale Status dieses eisigen Kontinents seit 1961 bis 2041 zugunsten der wissenschaftlichen Forschung vertraglich festgeschrieben, doch drängen einige Regierungen auf eine vorzeitige Auflösung des entsprechenden Artikels 76 der Uno-Seerechtskonvention.

Chile hat in diesem Jahr vorsorglich seine alte Militärbasis „Senator Roberto Munoz“ wiedereröffnet, und London reklamiert eine Million Quadratkilometer. Noch halten sich Rußland, Südafrika, Japan und Belgien heraus, ebenso wie die USA, die strikt für den Fortbestand der Antarktis als Niemandsland plädiert.

Was sich in der Antarktis abspielt, findet seine Entsprechung auch in der Arktis. Die Moskauer Regierung steckte im Sommer 2007 durch eine symbolische Flagge unter Wasser ihren Claim rund um den Nordpol ab. Sie behauptet, daß der unterseeische Lomonossow-Rücken bis in die Polregion zum Festlandssockel Rußlands gehöre. Demnach stünde dem Land nach allgemeinem Seerecht eine 200-Meilen-Nutzungszone zu. Hier ist der Streit mit den anderen Anliegernationen bereits in vollem Gang. Denn auch Kanada, die USA, Norwegen, Dänemark und Island machen ähnliche, oft konkurrierende Rechte geltend. Und das führt in beiden Polar-Regionen zu Spannungen. Eine ernsthafte Eskalation ist längst nicht mehr auszuschließen.

Selbst um die Tiefen des Atlantischen Ozeans lösten die Engländer ein erbittertes Ringen um Hoheitsrechte aus. London hat vor kurzem bei der Uno den Anspruch auf Seegebiete rund um die zu Britannien gehörenden Inseln Assenscion, St. Helena, Innaccessible Island, Nightingale Island, Gough-Island und Tristan da Cunha eingereicht, im ungelösten Konflikt um die Falklandinseln (Malvinas) liegt es mit Argentinien im Clinch. Es geht um viele tausend Quadratkilometer Meeresboden und deren Ressourcen.

Auch Frankreich beteiligt sich am Wettlauf um Hoheitsrechte im Atlantischen Ozeans. Es beansprucht Territorien rund um die Kerguelen und die Crozetinseln. Norwegen will bei der Bouvet-Insel und der Peter-I.-Insel mitmischen.

Im pazifischen Teil der Welt sind es vor allem die Chinesen, die sich solche Ansprüche zum Teil mit einseitigen Gesetzen und klammheimlichen Besetzungen sichern. Hier sind es die Paracelsus-Insel und die seit 20 Jahren Zug um Zug besetzte Spratlykette, wo riesige Erdgasvorkommen vermutet werden. Ansprüche stellen auch Indonesien, Malaysia, Brunei, Thailand und die Philippinen. Auch Vietnam hat Interessen. Per Edikt hat Peking zudem verfügt, daß fast das gesamte Gebiet des südlichen Gelben Meeres zu China gehöre. In diesem Erlaß behielt sich die rote Regierung ausdrücklich vor, von durchfahrenden Schiffen eine Gebühr zu erheben – ein im Sinn eines reibungslosen Welthandels unerhörter und merkwürdigerweise international bislang kaum beachteter Alleingang. Fast zwei Drittel der weltweiten Erdöltransporte führen durch diesen Claim, der im Falle eines Krieges abgesperrt werden könnte, auch wenn gegenwärtig die „Schiffsmaut“ nicht erhoben wird. Japan etwa profitiert massiv von diesem kürzeren Weg von der Malakka-Straße bis zu seinen Inseln. Ein Umweg durch den Pazifik würde die Fahrtstrecke fast verdoppeln.

Die Uno hat in den kommenden Monaten über diese Besitzansprüche zu entscheiden, und es dürfte zum Teil harte Auseinandersetzungen geben. Denn es handelt sich um die letzten noch unverteilten Schätze der Welt, die naturgemäß viele Länder – mit Ausnahme Deutschlands – am liebsten alleine haben wollen. Joachim Feyerabend

Foto: Unberührte Antarktis: Weil Gletscher und Packeis in den Polargebieten immer schneller schmelzen und Bodenschätze zugänglich werden, erheben zahlreiche Länder Gebietsansprüche.


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