18.04.2024

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01.11.08 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-08 vom 01. November 2008

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

die Nichte des Kunstmalers Hans Kramer hat wieder einmal geschrieben. Wir hatten in verschiedenen Ausgaben einige seiner Arbeiten abgebildet, denn der geborene Zittauer war in Ostpreußen verliebt und fand seine Motive vor allem in Masuren und auf der Kurischen Nehrung. Frau Alexandra Maria Schubert in Flensburg, die sein Erbe verwaltet, konnte mir nun Erfreuliches mitteilen. So wird anläßlich des 100. Geburtstages von Hans Kramer seine Heimatstadt Zittau des Künstlers gedenken in Beiträgen, in denen die kunsthistorische Bewertung seiner Werke im Vordergrund steht, aber auch in einer Sonderausstellung im Kunstkabinett des Damast- und Frottiermuseums in Großschönau, in der Arbeiten des Malers gezeigt werden. Von den Graphiken, die wir in unserer Familien-Kolumne herausstellten, hat sofort nach der Veröffentlichung das Porträt des Pillkopper Fischers Hermann Gulbis einen Liebhaber gefunden, das bezaubernde Bild des Fischermädchens aus Sarkau ist zwar noch im Besitz von Frau Schubert, aber die Rötelzeichnug dürfte auch bald den Besitzer wechseln. Da der Name der jungen Nehrungerin, die Hans Kramer 1944 porträtierte, bekannt war, suchten wir nach

Erika Kaminski aus Sarkau. Aus unserem Leserkreis kam leider keine Reaktion, aber von anderer Seite wurde Frau Schubert mitgeteilt, daß die unverheiratet gebliebene Erika nach der Flucht bei ihrer Schwester, der Lehrerin Hildegard Kaminski, gelebt habe. Es hat sich leider niemand aus der Sarkauer Familie gemeldet. Frau Schubert übersandte mir wieder Abbildungen von verschiedenen in ihrem Besitz befindlichen Werken, die während der Kriegsjahre, die der Maler in Ostpreußen verbrachte, entstanden sind: Aquarelle mit masurischen Motiven wie „Seepromenade in Sensburg“, und „Borschimmen“, Ölbilder wie „Kurenkahn mit Fischer“ und viele Porträtzeichnungen. Aus diesen habe ich das Bild einer „Masurischen Bäuerin“ ausgewählt, ein vom arbeitsreichen Leben in einem weiten, stillen Land geformtes Antlitz. Wer mehr über die Arbeiten von Hans Kramer erfahren will, wende sich an Frau Alexandra Maria Schubert, Telefon (0461) 44224.

Einen inhaltsschweren Dankesbrief bekam ich von Herrn Klaus Nachtigall aus Frankenberg. Im September letzten Jahres hatte ich über die „Briefe aus Königsberg“ berichtet, die seine Tante Hedwig Ewert im letzten Kriegswinter an ihre nach Sachsen evakuierten Schwestern schrieb. Klaus Nachtigall – damals ein vierjähriger Junge – fand sie im Nachlaß seiner Mutter. In ihnen werden die letzten Lebensmonate einer jungen Frau transparent, die – da berufstätig und kinderlos – das sterbende Königsberg nicht verlassen durfte und in 36 Briefen ihr Schicksal schilderte, das vermutlich in einem russischen Lager endete. So wurde es jedenfalls den suchenden Angehörigen mitgeteilt: „Wie aus den Archivbeständen der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) hervorgeht, ist Hedwig Ewert am 26. März 1945 auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR verstorben.“ Die näheren Umstände konnten nie geklärt werden Zwar hatte Herr Nachtigall gehofft, über unsere Ostpreußische Familie etwas zu erfahren, aber anscheinend hat sich niemand mehr an Hedwig Ewert aus Königsberg und ihren Verbleib von Ende Januar bis zu dem angegebenen Todestag erinnern können. Herr Nachtigall erhielt zwar Zuschriften und Anrufe, aber es handelte sich zumeist um Leser und Leserinnen, die einfach mit ihm sprechen wollten. Auch das tat schon gut, jedenfalls bedankt sich Herr Nachtigall für die Anteilnahme. Und hat jedem, der es wünschte, seine Dokumentation „36 Briefe aus Königsberg“ zugesandt. Wenn ich also von einem „inhaltsschweren Brief“ spreche, so hat das seine Richtigkeit. Per E-Mail bekam ich den 60 Seiten langen Bericht übermittelt mit der Aufforderung: Blättern Sie doch schnell einmal darin! Lieber Königsberger Landsmann, mit „schnell“ und „blättern“ ist es nicht getan, wenn man so vieles, was da geschildert wird, selber erlebt hat. Und wenn plötzlich Vorgänge, über die das Erinnern einen gnädigen Schleier gelegt hat, wieder glasklar hervortreten, denn diese Briefe sind ja unverfälschte Zeitdokumente, nicht verfremdet, weil nur für die Familie und nicht für die Öffentlichkeit gedacht. Sie zeichnen das Bild einer Frau in den letzten Monaten ihres Lebens, dessen nahes Ende sie noch nicht erahnte. Ich möchte das auch weiter vermitteln, lieber Herr Nachtigall, und aus diesen Briefen auf unserm „Seminar der Ostpreußischen Familie“ im Ostheim in Bad Pyrmont vorlesen. Im Wechsel mit Herbert Tennigkeit, denn der beliebte Schauspieler wird wieder dabei sein und mithelfen, das Programm künstlerisch zu gestalten. Ich glaube, das wird ein guter Beitrag, der das Geschehen jener Zeit vor allem für diejenigen Teilnehmer, die es nicht selber erlebten, verständlich macht. (Programm und weitere Informationen über das Seminar auf Seite 18.)

Auch noch eine Dokumentation aus erster Hand: Unser Leser Jörg Kamann übersandte mir die Aufzeichnungen seiner Großmutter Käthe Komogowski – geborene Braatz aus Bednarken, Kreis Osterode, zuletzt wohnhaft in Elbing – die diese auf der Flucht aus Ostpreußen auf der damaligen Endstation Wrist in Schleswig-Holstein gemacht hat. Die Blätter sind zwar schon etwas vergilbt, aber die mit Tinte geschriebenen Aufzeichnungen sind gut leserlich. Man muß sich wundern, wie penibel bis in das kleinste Detail die 55jährige Großmutter ihre Eindrücke im März 1945 schildert, die Enttäuschung, hier an der holsteinischen Westküste abgesetzt zu werden, denn „wir hatten uns schon auf die Fleischkammern Dänemarks gefreut“ – nun gab es Kohlsuppe in einer Notunterkunft. Wohlgemerkt: Diese Aufzeichnungen sind zur Zeit der geschilderten Vorgänge gemacht, nie korrigiert oder mit Anmerkungen versehen worden, deshalb konnte die Schreiberin auch nicht ahnen, daß sie und ihre Familie einer jahrelangen Internierung – ohne dänische Fleischtöpfe – entgangen waren. Frau Komogowski blieb übrigens in Schleswig-Holstein, sie verstarb 1990 im Alter von 90 Jahren in Bad Segeberg. Ich will diese mir nun von ihrem Enkel anvertrauten Blätter in Ruhe durchlesen. „Vielleicht können Sie etwas damit anfangen“, schreibt Herr Kamann. Wollen mal sehen, lieber Landsmann. Zuerst einmal vielen Dank für Ihr Vertrauen.

Auch zwei Leserinnen möchte ich Dank sagen, weil sie so prompt auf den Wunsch von Frau Heidgard Taeger eingegangen sind, die das Lied „Wo findet die Seele die Heimat …“ suchte. Ich hatte keine direkte Aufforderung gestellt, denn ich kannte das Lied und fand den Text in einem alten Gesangbuch, wollte ihn schon Frau Taeger übermitteln – zögerte aber noch, da ich doch im stillen auf Zuschriften hoffte, und siehe da: Sie kamen, und zwar mit Melodie, sogar als Klaviersatz! Vielen Dank, liebe Gertrud Brandt aus Walldorf, auch für das liebe Begleitschreiben, und ebenfalls einen herzlichen Dank an Frau Hildegard Schneider aus Friedberg für die Übersendung wie für die guten Wünsche. Inzwischen wird Frau Taeger die Kopien erhalten und sich gefreut haben.

Dieser Satz aus dem Schreiben unserer Leserin Hildegard Groß aus Hamburg könnte in vielen Briefen stehen, die ich von älteren Landsleuten bekomme: „Je älter ich werde, desto öfter denke ich an die liebe Heimat und auch an die mir nahestehenden Menschen, von denen ich keine Nachricht bekommen habe und deshalb nicht weiß, was aus ihnen geworden ist.“ Ja, liebe Frau Groß, nicht nur die Lebensjahre haben sich summiert, auch die Zeit ist weiter gelaufen, und deshalb wird es immer schwieriger, Zeugen zu finden. Hoffen wir also mit Frau Groß, daß sich jemand an das Ehepaar Gustav und Ernestine Reich aus der Tamnaustraße 6 in Königsberg erinnert. Die Verbindung zwischen der Familie von Frau Groß und dem Ehepaar war sehr eng, denn Gustav Reich war nicht nur der Großonkel von Hildegard, sondern auch der Hauswirt, man wohnte gemeinsam in dem Haus in der Tamnaustraße. Aber dann kamen die Bombenangriffe auf Königsberg und zerstörten nicht nur das Gebäude, sondern auch die Wohngemeinschaft. Reichs fanden mit ihrem kleinen Rehpinscher Knurri Aufnahme bei der Familie Gerullis in Preußisch Eylau, Windmühlenweg 4. Von da an fehlt jede Spur von den Verwandten. Vielleicht erinnert sich jemand von der Familie Gerullis an die Ausgebombten und kann sagen, wie ihr weiteres Schicksal verlaufen ist. Auch ehemalige Nachbarn, Freunde und Verwandte von Ernstine Reich, eine geborene Szameitat, sind gefragt. Aber Hildegard Groß denkt nicht nur an den Großonkel sondern auch an ihre „kleine Spielfreundin“ Waltraut Adomeit aus dem Nachbarhaus Tamnaustraße 5. Allerdings war diese bei der Zerstörung Königsbergs schon 15 Jahre alt – was ist wohl aus ihr geworden? Frau Groß würde sich über jede Zuschrift freuen. (Hildegard Groß, Bostelreihe 7c in 22083 Hamburg.)

Schon einmal haben wir Herrn Dietmar Jendreyzik aus Köln bei seiner Familienforschung weiterhelfen können, nun möchte er mit unserer Hilfe auch die letzte Lücke in seinem Stammbaum schließen. Ob das gelingt, ist allerdings fraglich, denn der mögliche Informantenkreis erscheint mir sehr eng gezogen. Versuchen wir es mal! Es geht wieder um seinen Großonkel Hermann Jendreyzik, * 1892. Von ihm gibt es eine letzte Meldung vom 20. Februar 1941, in der er als Angehöriger der Einheit Straßenbautrupp zur besonderen Verwendung erfaßt ist. (Erkennungsmarke –59 – Straßenbautrupp Mark Brandenburg.) Herr Jendreyzik möchte nun gerne wissen, ob jemand diese Einheit kennt und wie sie militärisch einzuordnen ist. Hermanns Sohn Heinz, * 1921, hat den Krieg überlebt und ist am 9. November 1971 in Langenhagen-Kaltenweide verstorben. Dietmar Jendreyzik hat den Ort aufgesucht, fand aber keine ehemaligen Nachbarn von Heinz, die sich an ihn erinnern konnten. Er hofft nun, „daß jemand aus unserer Ostpreußischen Familie dort lebt oder gelebt hat und ihn kannte“. Gerne würde er sich mit ihm oder ihr über Heinz unterhalten. So fixiert Dietmar J. jedenfalls seine Erwartung. Vielleicht basiert diese auf recht ungewöhnlichen Erfolgen in seiner Familienforschung. So konnte er aufgrund einer Internetrecherche bei Familienforschern die Grabsteine auf Friedhöfen katalogisieren, das Schick­sal eines verschollen geglaubten Cousins und das seiner Nachkommen aufhellen. Ein junger Pole sandte ihm per E-Mail Fotos der Grabsteine eines nach dem Krieg in Peitschendorf / Kreis Sensburg verstorbenen Großonkels und dessen Tochter. Als Dietmar Jendreyzik 1992 Masuren besuchte, ahnte er noch nichts von diesem Zweig der Familie und hatte daher nicht nach dem Großonkel gesucht. Er hätte dann noch zumindest die Tochter kennengelernt. Leider – muß man da wieder einmal sagen! (Dietmar Jendreyzik, Georg-Kaiser-Straße 3 in 50829 Köln, Telefon 0221/501444, E-Mail: dietmar@jendreyzik.de.)

Schon lange hegt Frau Erika Schütt geborene Lunau aus Düsseldorf zwei Wünsche, aber sie hat sich nie an uns gewandt, weil sie meinte, die schicksalhaften Anfragen hätten in unserer Kolumne Vorrang. Haben sie auch, aber in irgendeiner Folge ist dann immer noch ein Plätzchen frei für die kleinen Wünsche, und so kommen auch Ihre endlich vorgetragenen Fragen zu ihrem Recht, liebe Frau Schütt. Die erste bezieht sich auf Königsberg und hat auch bei mir Erinnerungen geweckt. Denn es handelt sich um die unvergessenen Konzerte in der Stadthalle unter Leitung von Hugo Hartung. Allerdings stand ich dort mit unserem Schulchor schon Anfang der 30er Jahre auf der Bühne, die Schwestern Erika und Gisela Lunau sehr viel später. Im November mit der „Missa solemnis“ von Beethoven und im Februar 1944 mit der „Matthäus-Passion“ von Bach. Frau Schütt entdeckte Karten für diese beiden Aufführungen in einer Vitrine im Museum „Stadt Königsberg“ in Duisburg. Sie veranlaßten sie nun zu der Frage, ob jemand aus unserem Leserkreis noch Fotos von diesen beiden Aufführungen besitzt. Frau Schütt würde sich über eine Kopie sehr freuen. Auch über eine Erfüllung ihres zweiten Wunsches, bei dem es sich um ein altes Foto von den Häusern in der Stobäusstraße handelt, die zur Wohnstättengesellschaft gehörten. Als die Königsbergerin anläßlich der 750-Jahrfeier mit dreien ihrer Kinder in der Heimatstadt weilte, waren alle entsetzt über den erbarmungswürdigen Zustand der heute noch stehenden Häuserreihen des vierseitigen Blocks. In Nr. 5 hatte die Familie Lunau gewohnt. Frau Schütt würde ihren Kindern gerne zeigen, wie gepflegt die Anlage früher war. (Erika Schütt, Haydnstraße 50 in 40593 Düsseldorf, Telefon 0211/717427.)

Aber nun nehmen wir’s leicht, suchen wir die kleinen Wünsche heraus. Da ist ein Leser, der seinen an Ostpreußen sehr interessierten Schwager mit einer ganz besonderen Ausgabe des Ostpreußenblattes erfreuen will – allerdings handelt es sich um eine schon sehr lang zurückliegende, nämlich um die Folge 44 / Jahrgang 1978. Er möchte sie gerne im Original haben, aber leider haben wir die Folgen nur gebunden, könnten höchstens eine Kopie anfertigen. Da dieses Ostpreußenblatt als Geburtstagsüberraschung geplant ist, wäre es erfreulich, wenn sich eine Originalausgabe finden ließe. Nun weiß ich ja, daß unsere treuesten Leserinnen und Leser viele Jahrgänge besitzen, weil sie sich nicht von ihnen trennen wollen. Aber hat jemand den Jahrgang 1978 mit der Folge 44 und ist bereit, diese abzugeben? Mehr kann ich nicht sagen – wegen der Überraschung! – und bitte deshalb um einen kurzen Anruf bei der Redaktion (040/41400832.)

Aber wir können auch wieder mit einem Angebot aufwarten, das in erster Linie die Insterburger interessieren wird, denn es handelt sich um alle Jahrgänge des „Insterburger Brief“, lückenlos seit 1960. Herr Walter Scheloske muß sich nach dem Tod seiner lieben Frau Ursula geborene Barkow leider von ihnen trennen. Die Insterburgerin hat sie liebevoll gesammelt, und deshalb möchte ihr Mann sie auch Landsleuten übergeben, die dies zu schätzen wissen. Wir vermitteln gerne und hoffnungsvoll. (Walter Scheloske, Stiefmütterchenweg 9 B in 22607 Hamburg.)

Eure Ruth Geede

Foto: „Masurische Bäuerin“: Die Porträtzeichnung von Hans Kramer aus dem Jahre 1943 ist im Original 33 Zentimeter breit und 45 Zentimeter hoch.


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