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08.11.08 / Ade, Tempelhof

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-08 vom 08. November 2008

Ade, Tempelhof
von Harald Fourier

Am Sonnabendvormittag fuhr ich zu meinem Friseur Andreas. Aus der S-Bahn sah ich den Flughafen Tempelhof. Im Hangar standen die beiden Flugzeuge der Tempelhof-Rebellen, wie sie in der Stadt genannt werden. Sie hatten sich geweigert, am 30. Oktober zu starten. Jetzt dürfen sie nicht mehr. Die Flugzeuge müssen wahrscheinlich mit einem Lkw abtransportiert werden.

An dem Abend, als vor einer Woche die letzten Flugzeuge in Tempelhof abhoben (ein „Rosinenbomber“ und eine Ju52), hat es geregnet. Trotzdem kamen viele Berliner, um zum letzten Mal gegen diese politische Willkürmaßnahme zu demonstrieren. Auf einer extravaganten Party in der Abflughalle wollte Klaus Wowereit seinen bislang wohl größten politischen Triumph, seit er Bürgermeister ist, feiern. Doch viele der Prominenten, die er eingeladen hatte, sind nicht gekommen. Und die, die doch gekommen sind, buhten ihn aus, als er das Wort ergriff. Ein Mann stand mit einem Regenschirm für Wowereit bereit, falls jemand faule Tomaten werfen würde. Es war eher kein guter Tag für den Regierenden Bürgermeister.

Es gab und gibt keine rationalen Gründe, die gegen Tempelhof sprechen. Zwölf Millionen Euro kosten die leeren Gebäude die Stadt jetzt. Vorher mußte die Stadt 15 Millionen dazubuttern. Was für eine Ersparnis! Ob sich das Gelände gewinnbringend verscherbeln läßt, ist fraglich. Mit einem Immobilienboom rechnet zur Zeit niemand in Berlin.

Dazu kommt, daß die Verluste, die der Flughafen gemacht hat, politisch gewollt waren. Hätte der Senat den Ausbau und Weiterbetrieb erlaubt oder den Investoren freie Hand gegeben, dann wäre Tempelhof von ganz alleine ein Füllhorn für die Landeskasse geworden. Aber Wowereit hat sie nicht einmal angehört.

Mit dem Flughafen gehen auch die Geschäfte in der Nähe. Auf dem Tempelhofer Damm ist gerade wieder eine Bankfiliale geschlossen worden. Und in der Drogerie am S-Bahnhof Tempelhof ist jetzt ein Ein-Euro-Shop eingezogen. Mit dem Flughafen ist für die bisherigen Ladenbesitzer wohl auch die Hoffnung auf Besserung gestorben. Das ging mir durch den Kopf, als mein S-Bahn-Zug die Landebahn entlang ratterte. Bald wird nichts mehr an den Flugbetrieb erinnern. Dafür wird der Senat schon sorgen.


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