24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
08.11.08 / Ost-Deutsch (90): Ätsch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-08 vom 08. November 2008

Ost-Deutsch (90):
Ätsch
von Wolf Oschlies

Mám svého ridice, hec!“ verkündete unlängst Klara Medkova, tschechisches Manequin mit russischem Wohnsitz: Ich habe meinen eigenen Chauffeur, Ätsch! Im tschechischen Original hat das c im „hec“ ein Häkchen, wird also „hetsch“ ausgesprochen und klingt ganz vertraut, etwa in Joachim Ringelnatz’ „Turngedichten“ von 1920: „Und mit kindlichem Ätsch-Ätsche/ Deutsches Mädchen – grätsche! Grätsche!“ 

Laut dem deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm tauchte das Wort erstmals 1666 in einem Roman über den Sachsenherzog Wittekind auf: „Etsch, wenn du mich ietzt kenntst – wie würd es mir doch gehen.“ Seither hat es im Deutschen Karriere gemacht, nicht gerade hochsprachliche, aber doch als Ausdruck von Schadenfreude, wobei man oft den rechten über den linken Zeigefinger streicht. Bei Tschechen ist es genau so – oder ganz anders: „Hec, jdu do nemocnice“ (Ätsch, ich gehe ins Krankenhaus) war 2002 ein hübsches Kinderbuch von Natasa Transka überschrieben, das Kindern die Angst vor Krankenhäusern nehmen wollte. „Ja jsem dnes slavnej hec“ (Ich bin heute ein berühmtes Ätsch) sagen Tschechen, die zufällig im Fernsehen auftauchen. Sogar in höflicher Verbform gebrauchen sie es: „Hecte!“ Wer das übersetzen will, muß zu mitteldeutschen Mundarten greifen, wo es in Brandenburg und Mecklenburg die Verben „etschen, ätschen“ gibt.

Hinzu kommt die Verstärkung „Ätsch-bätsch“ oder „Äcksbäcks“, letzteres als Ausdruck von Widerwillen. Das klingt auch bei Südslawen ähnlich. Der Belgrader Kinderautor Dusan Radovic riet seinen jungen Lesern, ihre verkatertern Väter mit einem lustigen Vers zu wecken: „Eci-peci-pec/Ja sam mali zec/ti si velka propalica/eci-peci-pec“ (Ätsch-bätsch/ich bin ein kleiner Hase/ du bist ein großer Gauner/ätsch-bätsch). Radovic hatte ein bei serbischen und kroatischen Kindern bekanntes Lied paraphrasiert, in dem eine „ververica“ (Eichhörnchen), keine „propalica“, vorkommt, aber „eci-peci-pec“ ist kindlicher Originalton. Laut etymologischen Wörterbüchern des Serbokroatischen stammt es von dem Verb „ecovat“ ab, das das deutsche „ätzen“ ist. Alles deutsch, ätsch!


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren