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15.11.08 / Nach den Herbststürmen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-08 vom 15. November 2008

Nach den Herbststürmen
von Hinrich E. Bues

Im Herbst 2008 fegen Stürme durch die Politik unseres Landes: Zur Finanzmarktkrise kam das Wahldebakel der CSU, der Sturz des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck und das grandiose Scheitern von Andrea Ypsilanti in Hessen. Welche Auswirkungen haben diese Herbststürme auf die Regierungsarbeit der Großen Koalition in Berlin, auf die Wahlen des kommenden Jahres?

Die Regierungskoalition erweist sich bisher als erstaunlich handlungsfähig. Sie hat im vierten Jahr ihres Bestehens eine Reihe von Reformvorhaben abgeschlossen. Die Koalitionäre aus CDU, CSU und SPD einigten sich auf das 480-Milliarden-Rettungspaket für die Banken, auf die letzten Einzelheiten des Gesundheitsfonds und auf die Erbschaftssteuerreform. Der Bundestagswahlkampf, oft verbunden mit einer taktisch motivierten Blockierung des politischen Gegners, hat offenbar noch nicht begonnen.

Das ist nicht selbstverständlich. Immerhin haben mit CSU und SPD seit September zwei der drei Regierungsparteien in den Ländern empfindliche Niederlagen einstecken müssen. Das hat auch in Berlin die Gewichte verschoben. Die CSU kann nun die Einigung in der Erbschaftssteuer trotz verbliebener Widerstände der FDP als ihren Erfolg verbuchen – Horst Seehofer als neuem starken Mann der CSU gelang damit ein schneller Coup. Der ehemalige „Bananenminister“, wie er sich selbstironisch bezeichnete, beherrscht das Spiel auf der politischen Bühne in Berlin besser als seine beiden auf Bundesebene zuletzt glücklosen Vorgänger.

Der Schaden der SPD aus dem Kurs ihrer fast schon autistisch agierenden hessischen Landesvorsitzenden ist noch schwer zu überblicken. Das neue SPD-Führungsduo Frank-Walter Steinmeier und Franz Müntefering hat seine hessischen Parteifreunde nicht von ihrem Kamikaze-Kurs abhalten wollen oder können. Vielleicht kommt den beiden aber das Ergebnis auch nicht ungelegen, denn so haben die Sozialdemokraten ein Glaubwürdigkeitsproblem weniger. Und die Einigung für den Gesundheitsfonds und für Staatsinterventionen bei notleidenden Banken können sie auf ihre Fahnen schreiben – die verantwortlichen Minister sind Sozialdemokraten. In der SPD haben im stürmischen Herbst 2008 die Pragmatiker vom konservativen Parteiflügel das Sagen übernommen. Damit ist das Problem namens Links Partei allerdings keineswegs gelöst. Der Sozialdemokratie könnte nach der Wahl im Saarland die nächste Zerreißprobe bevorstehen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel geht eher gestärkt aus den Stürmen hervor. Durch die Regierungsbeteiligung der Freien Demokraten in Bayern (und demnächst womöglich in Hessen) gewinnt eine bürgerliche Mehrheit wieder an Perspektive. Schon bei der Präsidentenwahl im Mai 2009 wird sich dies deutlich bei der allgemein erwarteten Wiederwahl Horst Köhlers bestätigen. Wie nachhaltig rot-rote Machtphan­tasien durch die Vorgänge in Hessen erschüttert worden sind, kann man dann aber erst nach der Bundestagswahl im nächsten Herbst sagen.

Foto: Rote Fahne im Herbststurm. Die Idee rot-roter Bündnisse hat in Hessen eine schwere Schlappe erlitten. Doch bereits nach der Wahl im Saarland und dann nach der Bundestagswahl 2009 könnte das linke Projekt reaktiviert werden.


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