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15.11.08 / »Gold und Silber lieb ich sehr« / Auch andere edle Materialien auf einer Ausstellung zum »Art déco« im Pforzheimer Schmuckmuseum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-08 vom 15. November 2008

»Gold und Silber lieb ich sehr«
Auch andere edle Materialien auf einer Ausstellung zum »Art déco« im Pforzheimer Schmuckmuseum

Der Zeitgeist der Zwanziger Jahre brachte zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts ein extravagantes Schmuckdesign hervor, das die Identität der emanzipierten Frau unterstrich. In der Ausstellung „Art Déco“ im Schmuckmuseum Pforzheim sind Schmuck und Accessoires dieser Zeit zu sehen.

Es gibt wohl kaum eine Frau, die nicht von Schmuck fasziniert ist. Nur bei der Frage des Stils mag es Geschmacksunterschiede geben. Die eine bevorzugt edles Material wie Gold oder Platin, das von einem Goldschied nur für sie geformt wurde, während die andere sich an Silber oder auch Edelstahl erfreut, wenn das Design nur stimmt. Schließlich ist es auch eine Frage des Geldbeutels, welche Art von Schmuck man trägt. Schön ist letztendlich das, was (der Trägerin) gefällt.

Auch die Kombination von immer neuen Materialien macht  Schmuck für die Trägerin interessant. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Die großen Juweliere in Frankreich wie Boucheron, Cartier und Chaumet kombinierten in den Zwanziger Jahren Saphir, Smaragd und Amethyst mit mattiertem Bergkristall, setzten, an das alte Ägypten erinnernd, farbige Steine wie Karneol oder Lapislazuli in Szene oder kreierten

Schmuckstücke in geometrischen Formen, die mit weißen Diamanten ausgefaßt waren. Japan und China standen Pate, als Dosen und kleine Etuis, sogenannte Minaudièren, mit Lack und Emaille verziert wurden. Als Krönung dienten manches Mal auch Diamanten.

Das Haus Boucheron, 1858 gegründet, war bekannt für seine Materialkombinationen. Die Stücke bestachen vor allem durch das blumige Design und die kraftvollen Farben. „Zu den Stücken, die Louis Boucheron berühmt machten, gehörten Ketten, diamantbesetzte Broschen und Colliers mit wertvollen Steinen“, schreibt Christianne Weber-Stöber in „Art-Déco-Schmuck“. Zur Kollektion gehörten zudem Accessoires wie Zigarettenspitzen oder Puderdosen mit Eierschalendekor.

Der Name Cartier ist in dieser Reihe nicht wegzudenken. Das Haus beschäftigte gerade in den zwanziger und dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ausgezeichnete Designer und erwarb sich internationales Ansehen. Charles Jacqueau etwa ließ sich im Louvre von fremden Kulturen inspirieren. „Der indisch-persischen Miniatur entnahm er stilisierte Pflanzenmotive, dem Persischen Teppich das zentrale Medaillon“, erläutert Weber-Stöber in ihrem Beitrag zum Ausstellungskatalog.

„Namensgebend für den Art-Déco-Stil, der die Zeit von 1918 bis 1940 umfaßte, war die Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels Modernes 1925 in Paris“, erläutern die Ausstellungsmacher. „Eigentlich für das Jahr 1915 geplant, verzögerte sie sich aufgrund des Ersten Weltkrieges. Nach dieser Zäsur wurde damals zum ersten Mal wieder in großem Rahmen und in internationalem Umfeld ausgestellt.

Die Stilmerkmale des Art Déco durchdrangen alle denkbaren Bereiche, von der Architektur bis zur angewandten Kunst. Sie prägten Möbelkreationen, Automobildesign, elektrische Geräte, Parfumflakons, Bucheinbände, Filmplakate und eben Schmuck. Präsident für die Abteilung Schmuck auf der Weltausstellung war Georges Fouquet. Er forderte einfache Linien und den Verzicht auf Effekthascherei und Zierrat. Zuvor beliebte reiche Verzierungen wurden als antiquiert und unmodern verworfen, die Merkmale des Jugendstils stießen auf Ablehnung. Eine neue, vermeintlich bessere Epoche war angebrochen, und als Voraussetzung für den Fortschritt wollte man das Vergangene überwinden.“ Ein Phänomen dieser Zeit war der Modeschmuck, der bald salonfähig wurde, denn auch in schlechten Zeiten gab es den Hang zum Luxus. Schließlich wurde er dadurch gesellschaftsfähig, daß die Pariser Modeschöpferin Coco Chanel den passenden „künstlichen Schmuck“ zu ihren Kollektionen entwarf und in ihren Kreisen einführte. Glas-perlen und Diamantenimitate waren ebenso gefragt wie heute so fremd klingende Materialien wie Bakelit, Markasit, Galalith oder Tombak.

In Deutschland waren es Goldschmiede wie Elisabeth Treskow, Theodor Wende und Herbert Zeitner, die sich in jenen Jahren einen Namen machten. Auch im 1919 gegründeten Bauhaus wurde Schmuck entworfen, etwa von dem aus Kiew stammenden Goldschmied Naum Slutzky, der Chromstahlblech, Silber, Quarz und Perlmutt verwendete.

„Neben individuell künstlerisch tätigen Goldschmieden leisteten auch manche größeren Werkstätten und Schmuckfabriken, die Modeschmuck herstellten, einen wesentlichen Beitrag“, so die Pforzheimer Museumsfachleute. „Dazu zählt die zunächst als Uhrenkettenfabrik gegründete Firma Jakob Bengel aus Idar-Oberstein. Dort entstanden unzählige Varianten mondäner Ketten, vielfach aus Chrom und Kunststoff. In Pforzheim machte die Firma Gustav Braendle, Th. Fahrner Nachfolger Furore. Braendle wandte sich gezielt an einen Kundenkreis, der ein dem Zeitgeist entsprechendes Schmuckstück erwerben wollte, ohne dafür allzu viel Geld ausgeben zu müssen. Seine Firma, die sich immer wieder über die neuen Tendenzen informierte, bewies, daß guter Schmuck auch in Serienproduktion hergestellt werden kann. So traf er genau die Bedürfnisse der Gesellschaft, die mehr und mehr auf serielle Fertigung setzte, ohne Abstriche bei der Gestaltung machen zu wollen.“

Die kostbaren Exponate in der Pforzheimer Ausstellung lassen das Herz eines jeden Schmuckliebhabers höher schlagen – auch wenn man sich die edlen Stücke nicht leisten kann.            Silke Osman

Die Ausstellung im Schmuckmuseum Pforzheim, Jahnstraße 42, ist bis zum 11. Januar dienstags bis sonntags und feiertags von 10 bis 17 Uhr geöffnet, Eintritt 5/2,50 Euro, Katalog 39,80 Euro.

Foto: Edle Tischuhr: Aus Gold, Onyx, Perlmutt, Bergkristall, Türkis und Diamanten fertigten Lacloches Frères in Paris um 1925 diese kostbaren Zeitmesser  (Sammlung Boghossian, Genf).


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