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22.11.08 / Gefährliche Kuschel-Justiz / Gewalt in Berliner Bussen: Fahrer selber schuld an Übergriffen? Freigang für Messerstecher

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-08 vom 22. November 2008

Gefährliche Kuschel-Justiz
Gewalt in Berliner Bussen: Fahrer selber schuld an Übergriffen? Freigang für Messerstecher

Sind die Berliner Busfahrer selbst schuld, wenn sie angegriffen und beleidigt werden? Ein ranghoher SPD-Politiker sieht das so. Statt den Fahrern mehr Schutz vor Übergriffen zu garantieren, sollen sie nun darin geschult werden, mit Pöblern „freundlicher“ umzugehen.

Deutschstämmige Busfahrer sollten ausländischstämmige Fahrgäste gefälligst freundlicher behandeln, wies der migrationspolitische Sprecher der Berliner Sozialdemokraten, Thomas Kleineidam, die geprügelten Bediensteten zurecht.

Unter den 1500 Busfahrern der Hauptstadt geht indes die Angst um. Die Gewaltwelle in den Bussen ebbt nicht ab. Erneut gab es in der vergangenen Woche Übergriffe: In Köpenick wurde ein Straßenbahnfahrer der Linie 68 am Mittwochabend laut Medienbericht „verprügelt und gebissen“.

Der provokante Täter hatte den Fuß in die Tür gestellt, so daß sie nicht zuging. Daraufhin stellte der 44jährige Fahrer den Mann zur Rede. Doch der reagierte sofort mit einem Gewaltübergriff. Das Opfer mußte mit Biß- und Platzwunden ins Krankenhaus gebracht werden.

Zur gleichen Zeit in einem Bus der inzwischen berüchtigten Linie 29 in Schöneberg: Auf dem Oberdeck beleidigte ein Jugendlicher die anderen Fahrgäste. Der Fahrer drückte daher seinen Alarmknopf, darauf verließ der Gast den Bus – nicht ohne den Fahrer zuvor beleidigt und bespuckt zu haben. Der Rowdy entkam unerkannt.

Am folgenden Tag kam eine Messerstecherei in einem Bus der Linie 124 in Tegel dazu, bei der ein Fahrgast lebensgefährlich verletzt wurde. Am Freitag dann fielen Jugendliche einen Busfahrer in Treptow an, sie versuchten ihn zu schlagen und zu würgen. Die Täter wurden festgenommen.

Die Mitarbeiter der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) sind inzwischen ziemlich eingeschüchtert. Immer häufiger wenden sie sich lieber ab, wenn Fahrgäste pöbeln. Sie ahnen, daß sie den Kürzeren ziehen. So oder so. Entweder werden sie von den Gewalttätern, überwiegend arabischer und türkischer Herkunft, beleidigt und beschimpft oder gar mit Messern angegriffen. Oder sie setzen Ruhe und Ordnung resolut durch und müssen sich dafür den Vorwurf gefallen lassen, sie seien unsensibel.

Thomas Kleineidam hat den Busfahrern nun in diesem Sinne die Leviten gelesen. „Bei 30 Prozent entlädt sich die Gewalt spontan, bei 40 Prozent entwickelt sie sich aus Streitigkeiten zwischen Fahrgast und Fahrer. Und bei 30 Prozent provozieren Busfahrer sie selbst.“ Zum Beispiel? Kleineidam: „Wenn ein Ausländer mit Bierdose in der Hand vom Fahrer hört: ‚Draußen bleiben, hier herrscht deutsches Recht!‘“ Dieser Verweis auf die Fahrgastordnung sei eine Provokation, meint der Spandauer SPD-Abgeordnete.

Kein Wort davon, daß „Busfahrerklatschen“ inzwischen bei Migrantenjugendlichen als Mutprobe gilt. Oft filmen sie ihre Überfälle. Besonders spektakulär war der Angriff auf einen 34jährigen Fahrer der Linie 29 am 1. März, dem einer von zwei angreifenden Migranten ein Messer in den Rücken stach. Die beiden Täter waren zu drei und dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden (PAZ 46/08). Doch dann setzte die Berliner Justiz die beiden Verbrecher (25 und 23 Jahre alt) gleich wieder auf freien Fuß. Sie erhielten Freigang bis zum Haftantritt. Nun die erneute Kehrtwende: Das Kammergericht hat den 25jährigen Haupttäter jetzt wieder hinter schwedische Gardinen gebracht – wegen Fluchtgefahr. Zuvor habe es große Diskussionen zwischen Staatsanwaltschaft und Gerichten wegen der sogenannten Kuschel-Justiz gegeben, wird vermeldet.

Die BVG versuchte auf ihre Weise, auf die Gewaltwelle zu reagieren. Das landeseigene Unternehmen ist verunsichert und äußert sich nicht mehr zu Angriffen auf BVG-Busfahrer. Dafür wollten die BVG-Oberen die Kameraüberwachung ausweiten und die Filme künftig zwei Tage statt einen speichern.

Doch daraus wird nichts. Entsprechende Pläne hat Innensenator Erhart Körting (SPD) gleich wieder beerdigt. Er verwies auf das Berliner Datenschutzgesetz, das eine Löschung nach 24 Stunden vorschreibe.

Ganz anders bei der S-Bahn. Die gehört der Deutschen Bahn und fällt damit unter Bundesgesetze. Deswegen können die entsprechenden Aufnahmen 48 Stunden lang gespeichert werden. Die S-Bahn fährt überhaupt einen härteren Kurs gegen ungeliebte Fahrgäste. Sie hat es vor allem mit kleinkriminellen Randalierern zu tun, die die Züge und Bahnhöfe mit Schmierereien überziehen, wobei sie Millionenschäden anrichten. Im Mai etwa wurde der gerade erst eröffneten Bahnhof Julius-Leber-Brücke vollkommen verwüstet. Gegen Täter solchen Kalibers will die S-Bahn ein Fahrverbot aussprechen.

Bei der BVG wird jedoch gezögert. Fahrverbote sind schwer durchzusetzen. Statt dessen läuft jetzt als zusätzliche Maßnahme gegen Gewalt eine Schulungsaktion der Busfahrer. Sie sollen durch ein „Deeskalations-Training“ dazu gebracht werden, mit pöbelnden Fahrgästen freundlicher umzugehen.               Markus Schleusener

Foto: Zumindest bei der S-Bahn wird durchgegriffen: Ein Wachmann der Berliner Stadtbahn auf Streife


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